Bernd WestphalSPD - Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal kann man der FDP dankbar sein, dass sie diesen Gesetzentwurf einbringt, weil es uns die Möglichkeit gibt, hier über Handelsfragen zu diskutieren.
(Beifall bei der FDP)
Deshalb glaube ich nicht, dass Sie einen Keil treiben.
Helmut Schmidt hat einmal gesagt: „Märkte sind wie Fallschirme: Sie funktionieren nur, wenn sie offen sind.“ Deshalb unterstützt die SPD-Fraktion diese Anliegen. Wir haben uns beim Thema Freihandelsabkommen auf internationaler Ebene zusammen mit dem damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und einer anspruchsvollen diplomatischen Politik enorm für Verbesserungen im CETA eingesetzt, die erst dafür gesorgt haben, dass das Abkommen Zustimmung gefunden hat.
Wir haben mit CETA sicherlich eine kontroverse Debatte hier im Haus, im Wirtschaftsausschuss und gesellschaftspolitisch geführt, aber die Vorteile dieses Abkommens überwiegen, gerade mit einem Land wie Kanada, mit dem wir eine gemeinsame Wertebasis teilen und mit dem uns viele identische Wertemaßstäbe, Ansichten und politische Übereinkommen verbinden. CETA wird dazu beitragen, diese Verbindungen zu vertiefen.
Es geht uns darum, mit den nahen Partnern Deutschlands und der EU Außenhandel durch Handelsverträge zu vereinbaren, die genau das bewirken, was Nationalisten wie Trump, Le Pen und anderen zuwiderläuft: Wir wollen eine enge Kooperation über nationale Grenzen hinweg und keinen Protektionismus.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das, was wir seit gestern Nachmittag erleben müssen, dass der amerikanische Präsident die Produzenten von Aluminium und Stahl mit hohen Zöllen belasten will, erfüllt uns als SPD-Fraktion mit großer Sorge, was Arbeitsplätze in Europa angeht. Das, was Mister Trump auf den Weg bringen will, fördert keinen freien Handel. Er trifft damit andere Länder und Nicht-NATO-Partner und die EU. Er hat mit diesen Instrumenten im Grunde genommen einen Brand gelegt, den er sicherlich noch einmal überdenken muss. Eine solche Politik darf nicht zu einem Handelskrieg zwischen der EU und den USA führen. Diese Entscheidung muss noch einmal überdacht werden.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Kollege Westphal, ich bitte um Entschuldigung. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Trittin?
Sehr gerne.
Herr Kollege Westphal, danke für das Zulassen der Zwischenfrage. – Ich habe im Entwurf des Koalitionsvertrags mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie CETA umfassend in Kraft setzen wollen. Wir haben gerade alle gelernt, dass das – mit Ausnahme der Ausgestaltung der Streitbeilegung und zwei weiterer kleiner Punkte – schon der Fall ist. Nun heben Sie darauf ab, dass der Präsident der Vereinigten Staaten – nicht zum ersten Mal – umfassende Strafzölle gegen Waschmaschinen aus Korea, gegen Flugzeuge aus Kanada und jetzt gegen Stahl und Aluminium aus Europa und China verhängt hat. Sie sagen, darüber muss man noch einmal reden.
Was ist eigentlich Ihre Erwartungshaltung in dieser Frage? Halten Sie es wirklich für hinreichend, nachdem Europa durch die unilaterale Politik von Herrn Trump im Bereich der Steuerpolitik massiv unter Druck gesetzt worden ist, nun, wo der kernindustrielle Bereich der Stahl- und Aluminiumindustrie mit Handelshemmnissen konfrontiert ist, zu sagen: Na ja, dann schauen wir einmal, ob wir vielleicht Harley Davidson verbieten oder besteuern. Halten Sie das wirklich für eine hinreichende, kluge Antwort auf diese Herausforderung? Oder müsste die Antwort Europas auf eine solche Herausforderung nicht sein, zu wirksamen Maßnahmen zu greifen, die tatsächlich den Kernbestand amerikanischer Interessen berühren?
Sehr geehrter Kollege Trittin, vielen Dank für Ihre Frage. Was mich verwundert, ist, dass wir als EU- und NATO-Partner hinnehmen müssen, dass der Präsident die Maßnahmen mit nationalen Sicherheitsinteressen gemäß Sektion 232 begründet. Das kann ich nicht verstehen.
Wir machen uns Sorgen um die Arbeitsplätze in der Aluminium- und Stahlindustrie. Unsere europäische Antwort auf die Vorhaben des amerikanischen Präsidenten – darauf kann er sich verlassen – werden wirksame Abwehrmechanismen sein. Es kann doch nicht sein, dass diese Politik weiter verfolgt wird.
Wir appellieren an den amerikanischen Präsidenten, seine Entscheidung zu überdenken, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens, seine Begründung ist fragwürdig, und zum Zweiten wird es den Amerikanern nicht helfen, weil sie genau die treffen, die sie nicht meinen. Wir sind in diesen beiden Branchen nicht mit Antidumpingzöllen und anderen Maßnahmen auf dem amerikanischen Markt unterwegs.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zurück zu CETA, wenn Sie erlauben. Ich hatte darauf hingewiesen, dass gerade die Bemühungen Deutschlands dazu geführt haben, dass hohe Standards in CETA erreicht werden konnten. Das setzt Benchmarks für andere Handelsabkommen. Deshalb werden wir mit CETA eine weitere Intensivierung der Handelsbeziehungen mit Kanada im deutschen und europäischen Interesse verfolgen, was gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen hilft.
Wir lehnen es allerdings ab, den Gesetzentwurf zu diesem Zeitpunkt zu beschließen. Die vorläufige Anwendung gilt für jene Bereiche, die unstrittig in der Zuständigkeit der EU liegen. Zu den anderen Bereichen des Abkommens, die erst nach Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten in Kraft treten, gehören unter anderen Regelungen zur Beilegung der Investor-Staat-Streitigkeiten mit öffentlich legitimierten Investitionsgerichten.
Nach zwei für die Bundesregierung vorteilhaft ausgegangenen Eilverfahren steht jetzt das Hauptverfahren an. Man sollte der Entscheidungshoheit des Bundesverfassungsgerichtes mit gebührendem Respekt begegnen und den Gesetzentwurf nicht im Vorfeld der Entscheidung beschließen. Ich appelliere an die FDP, den Respekt gegenüber dem Bundesverfassungsgericht aufrechtzuerhalten.
Da keine Eilbedürftigkeit bei der Verabschiedung des Gesetzes besteht, lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Eine entsprechende Beratung kann zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt werden. Bei Handelsfragen haben wir eine ganze Reihe übereinstimmender Positionen, aber diesen Gesetzentwurf zu dieser Zeit lehnen wir ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner in der Debatte ist der Kollege Hansjörg Müller, AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7206240 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada |