Ulrike BahrSPD - Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Soldatinnen und Soldaten üben inzwischen nicht mehr nur für einen rein hypothetischen Ernstfall.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: So ist es!)
Auch das Üben war wegen eventueller Unfälle – das wurde erwähnt – gar nicht so ungefährlich. Mittlerweile werden sie von uns, dem Parlament, aber immer häufiger in Auslandseinsätze geschickt und sind dort sehr realen Gefahren ausgesetzt.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: So ist es!)
Allein im Afghanistan-Einsatz sind bislang 56 Personen umgekommen.
Wir alle wissen und haben es hier auch schon gehört: Die Bundeswehr ist seit 2011 nicht länger eine Armee von Wehrpflichtigen, sondern eine Berufsarmee. Das schafft Rekrutierungsprobleme, denen wir aber nicht mit einer verstärkten Anwerbung von Minderjährigen begegnen dürfen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages hat sich in der letzten Wahlperiode ausführlich mit diesem Thema befasst und empfohlen, das Mindestalter für den Dienstbeginn von 17 auf 18 Jahre anzuheben.
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Mit Stimmen von SPD und CDU/CSU!)
Ich habe großes Verständnis dafür, dass die Kolleginnen und Kollegen von der Linken ihren Antrag aus der letzten Wahlperiode erneut einbringen; denn die Zahl der minderjährigen Rekrutinnen und Rekruten ist wieder gestiegen – 2017 noch über die im Antrag genannte Zahl hinaus auf mehr als 2 100 minderjährige Rekruten. Der Wehrbeauftragte hat in seinem Bericht ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Rekrutierung von Minderjährigen eine Ausnahme bleiben muss. Inzwischen ist die Zahl so hoch, dass von einer Ausnahme nicht mehr gesprochen werden kann.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Besonders bei den jungen Frauen sind die Zuwachsraten gewaltig.
Der Kollege Martin Gerster hat darauf hingewiesen, dass wir uns unter den Unterzeichnern des Fakultativprotokolls zur Kinderrechtskonvention in guter Gesellschaft befinden. Die Bundeswehr entspricht den dort eingegangenen Verpflichtungen, indem Minderjährige von bewaffneten Konflikten ferngehalten werden und auch keine Wachdienste mit der Waffe leisten dürfen. Dennoch werden sie an der Waffe ausgebildet, und das halte ich für nicht akzeptabel und unverantwortlich.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Bundeswehr bietet zweifellos gute Ausbildungen an und ist ein attraktiver Arbeitgeber. Da die Schulabgänger wegen früherer Einschulung und verkürzter Schulzeit für Gymnasiasten jünger werden, muss man sich etwas einfallen lassen. Für Jugendliche sind Warteschleifen eben nicht attraktiv. Darum hat die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem Positionspapier vom Juni 2017 vorgeschlagen, Minderjährige sollten zunächst in ein ziviles Ausbildungsverhältnis bei der Bundeswehr übernommen werden. Dort gibt es zahlreiche Ausbildungsmöglichkeiten: im Handwerk, in der Logistik, im Bereich IT und Elektronik, im Bereich Medizin und Gesundheit und auch im mittleren nichttechnischen oder naturwissenschaftlichen Dienst. 54 Ausbildungsberufe in 400 verschiedenen Ausbildungsstätten listet die Webseite der Bundeswehr. Möglich wäre auch ein spezieller Vorbereitungsdienst mit einem eigenen Ausbildungskonzept. Die Übernahme in ein militärisches Dienstverhältnis folgt dann erst mit der Volljährigkeit.
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss?
Ja, ich komme zum Ende. – Wenn wieder eine Große Koalition zustande kommt, hoffe ich sehr, dass meine Kolleginnen und Kollegen von der Union hierzu doch noch Gesprächsbereitschaft zeigen werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])
Vielen Dank. – Wir kommen nun zum letzten Redner zu diesem Tagesordnungspunkt: der Kollege Florian Hahn von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7206272 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr |