Florian HahnCDU/CSU - Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man die Beiträge von den Linken und den Grünen in der heutigen Debatte verfolgt, könnte man meinen, die Bundeswehr schicke Kindersoldaten in Kampfeinsätze. Das ist natürlich größter Unsinn.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das hat keiner behauptet! – Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Hat eigentlich irgendjemand zugehört?)
Das zeigt wieder einmal, wie unsachlich die Debatten über die Bundeswehr von linker und grüner Seite geführt werden. Ich würde Ihnen eine „grüne“ Grundausbildung bei der Bundeswehr anraten. Die würde Ihnen ganz gut tun.
(Beate Walter-Rosenheimer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Arroganz ist unmöglich! Hören Sie doch zu!)
Es ist unerträglich, dass die Bundeswehr durch die vorliegenden Anträge in die Nähe von Warlords und Diktatoren gestellt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Niema Movassat [DIE LINKE]: Was? Lesen Sie doch mal die Anträge! So schwer ist das doch nicht!)
Kindersoldaten werden weltweit zum Töten gezwungen; die Bundeswehr jedoch verbietet explizit Situationen, in denen Rekruten unter 18 ihre Waffe gegen Menschen richten müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])
Jugendliche dürfen zwar ab 17 zur Bundeswehr, aber sie dürfen weder Dienst an der Waffe leisten noch an Bundeswehrauslandseinsätzen teilnehmen. Minderjährige in der Bundeswehr mit Kindersoldaten gleichzusetzen, ist deshalb unangemessen, unsachlich und unanständig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich habe in der heutigen Debatte kein einziges sachliches Argument gehört, das gegen 17-Jährige in der Bundeswehr spricht. Da hilft auch der Hinweis auf die Hirnforschung nicht. Wenn Sie das wirklich ernst meinen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, dann können Sie nicht wirklich für Wahlen ab 16 sein, es sei denn, Sie machen sich Hoffnung, besonders viele Stimmen zu bekommen.
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Das ist doch Quatsch! Sie haben überhaupt keine Ahnung!)
Herr Kollege Hahn, erlauben Sie eine Zwischenfrage von der Fraktion der Linken?
Ja, selbstverständlich.
Bitte schön.
Vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich verfolge die Debatte von Beginn an, und ich beschäftige mich mit diesem Thema seit vielen Jahren auch auf kommunaler Ebene.
Sie sagen, wir führen die Debatte verantwortungslos. Im Jugendoffiziersbericht gab es vor einigen Jahren einen Passus, in dem explizit darüber berichtet wurde, dass den jungen Menschen, die in den Schulen aufgesucht und rekrutiert werden, der komplexe Zusammenhang der Kriegshandlungen im Weltgeschehen überhaupt nicht bewusst ist. Oberleutnant Kling aus Darmstadt sagte zum Beispiel:
Vielen Freiwilligen ist in diesem jungen Alter nicht bewusst, worauf sie sich einlassen. Aus eigener Erfahrung kennen wir die Probleme sehr junger Soldaten. Oft fehlt für den Dienst die notwendige Reife.
Ich möchte Sie daher fragen: Werden Sie künftig auch das Wahlalter absenken, damit Jugendliche wählen können, oder das Alter für den Führerschein? Sie sagen, die jungen Menschen sind für den Wehrdienst reif genug, aber fürs Wählen oder fürs Autofahren nicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Frau Kollegin, erst einmal vielen Dank für diese Zwischenfrage. Sie gibt mir Gelegenheit, etwas klarzustellen: Erstens. Die Jugendoffiziere rekrutieren nicht in Schulen, sondern sie machen dort politische Bildung.
(Beifall der Abg. Kerstin Vieregge [CDU/CSU] – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Das wissen wir alle! – Niema Movassat [DIE LINKE]: Das kann man nicht so strikt trennen! Das ist Rabulismus, was Sie tun!)
– Hören Sie zu! – Die Defizite, die der Oberleutnant beschreibt, sind genau der Grund, warum er dort ist: um politische Bildung zu leisten.
Zweitens. Ich bin sehr dafür, zu sagen: Es gibt eine Bandbreite zwischen 17 und 18 Jahren. Der eine ist reifer und der andere weniger reif. Darüber entscheidet aber eben nicht der 17-Jährige selber, sondern er wird, bevor er zur Bundeswehr zugelassen wird, entsprechend untersucht.
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Es gibt keine altersspezifischen Tests!)
Es finden entsprechende Gespräche statt. Dann wird die Eignung festgestellt oder eben nicht.
Genauso ist das bei dem Thema Wählen. Ich bin gegen das Wählen ab 16. Ich glaube, dass das zu früh ist.
Beim Thema Führerschein bin ich für die Regelung, die wir haben, nämlich dass man mit 17 den Führerschein machen kann, aber zunächst einmal nur in Begleitung eines Erwachsenen fahren darf und die volle Verantwortung erst ab 18 übernimmt. Da gibt es keine Diskrepanz zu den Aussagen, die ich getroffen habe.
Herr Kollege, erlauben Sie eine weitere Zwischenfrage?
Selbstverständlich, gerne.
Ich bitte die Fragesteller, bis zum Ende der Antwort des Redners stehen zu bleiben.
Herr Kollege, Sie kennen ebenso wie ich die Grundrechtseinschränkungen, die für Soldatinnen und Soldaten gelten. Es ist interessant, dass Sie hier immer wieder argumentieren: Die werden ja quasi nur rekrutiert, und erst wenn sie 18 sind, geht es richtig los. – Meine zentrale Frage ist: Warum gelten dann eigentlich diese Grundrechtseinschränkungen auch für diejenigen, die sich schon vor 18 von der Bundeswehr haben rekrutieren lassen? Da ist keine Logik drin. Diese Grundrechtseinschränkungen zeigen nämlich, dass sie in den ganz normalen Ablauf der Bundeswehr eingebunden werden, außer ganz konkret hinsichtlich der Ausbildung an der Waffe. Beantworten Sie mir die Frage: Warum gelten diese Grundrechtseinschränkungen auch bei unter 18-Jährigen?
(Beifall bei der LINKEN)
Wissen Sie, was ich beantworte oder nicht, das können Sie erstens mir überlassen.
Zweitens zeigt Ihre Argumentation einmal mehr, dass es Ihnen gar nicht um die Sache geht, sondern um etwas anderes. Sie wollen die Institution der Bundeswehr insgesamt erschüttern. Deswegen scheuen Sie sich auch nicht davor, einen Kontext zwischen Kindersoldaten und Bundeswehr herzustellen. Das haben Sie hier einmal mehr bewiesen.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das war überhaupt nicht die Frage! Haben Sie Kopfhörer drin und hören was anderes?)
Ich sage Ihnen: Diese Scheinheiligkeit ist genau das, was ich Ihnen vorhalte.
Herr Pflüger, Sie sind ja stellvertretender Parteivorsitzender und verteidigungspolitischer Sprecher der Linken. Sie haben schon vor einigen Jahren zusammen mit Frau Buchholz in einem Artikel in der „Jungen Welt“ die Abschaffung der Bundeswehr an sich gefordert.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Das zeigt, worum es Ihnen eigentlich geht: Sie wollen diese Institution erschüttern, weil Sie die Institution an sich abschaffen wollen.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Wir diskutieren hier nicht die Abschaffung der Bundeswehr! Wir diskutieren einen konkreten Antrag!)
Genauso ist das bei Ihrem Kollegen, dem Herrn Gehrcke, der auch hier im Plenum die Abschaffung der Bundeswehr gefordert hat.
(Zuruf von der LINKEN: Ja, und? – Niema Movassat [DIE LINKE]: Das ist keine Antwort auf die Frage! Sonst kann er sich auch hinsetzen! – Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Meine Frage war sehr konkret!)
– Wie ich Ihre Frage beantworte, können Sie mir überlassen. Ich sage Ihnen: Ihre Argumentation ist scheinheilig, weil Sie ein anderes Ziel verfolgen, als über diesen Sachverhalt mit mir zu diskutieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP)
Herr Kollege Hahn, Sie haben zutreffend festgestellt: Sie beantworten die Fragen immer so, wie Sie das wollen, auch wenn das dem Fragesteller nicht gefällt. Das ist dann einfach so.
So ist es. – Dieser Antrag ist ein weiterer Versuch, die Bundeswehr in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht zu rücken, immer mit dem Ziel vor Augen, diese eines Tages abzuschaffen. Das werden wir nicht zulassen. Wir stehen zur Bundeswehr und zu unseren Soldatinnen und Soldaten.
Wissen Sie, auch den außerparlamentarischen Kritikern geht es nicht um die Sache. Die verfolgen dieselbe Agenda wie Sie. Lassen Sie sich einmal zwei Beispiele auf der Zunge zergehen:
Das erste Beispiel ist das Deutsche Bündnis Kindersoldaten, zu dem auch die Deutsche Friedensgesellschaft gehört.
(Norbert Müller [Potsdam] [DIE LINKE]: Und die Kindernothilfe! Und Terre des Hommes! Und UNICEF!)
Die sind natürlich gegen die Beschäftigung von 17-Jährigen bei der Bundeswehr. In ihren Leitlinien steht aber auch ganz klar das Ziel der Abschaffung der Bundeswehr.
Das zweite Beispiel ist der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt, der sich auf Antrag der Sozialistischen Jugend in einer Grundposition gegen die Rekrutierung von Minderjährigen ausgesprochen hat.
(Beifall der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE] – Niema Movassat [DIE LINKE]: Der Koalitionspartner!)
Auch die Sozialistische Jugend Deutschlands – Sie werden es erraten – will die Abschaffung der Bundeswehr.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7206276 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 18 |
Tagesordnungspunkt | Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr |