02.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 18 / Tagesordnungspunkt 17

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Perspektiven für langzeitarbeitslose Menschen

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollegin Tack, Sie haben eben mit voller Leidenschaft aus dem Koalitionspapier zitiert. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Beim Kollegen Whittaker habe ich diese Leidenschaft überhaupt nicht gespürt. Ich finde, da werden sie noch ganz schön dicke Bretter zu bohren haben;

(Beifall bei der LINKEN – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Können Sie im Ausschuss alles noch haben!)

denn diese Leidenschaft ist bei der CDU/CSU überhaupt nicht vorhanden.

Frau Merkel sagt: Deutschland geht es gut. Der Arbeitsmarkt boomt. Es gibt so wenig Erwerbslose wie seit 25 Jahren nicht mehr. – Das – dieses sonnige Bild vom Arbeitsmarkt – wollen gerade Sie von der CDU/CSU uns jeden Monat weismachen. Aber Sie vergessen die Schattenseite, Sie weigern sich sogar, diese Schattenseite zu sehen: 3,5 Millionen Menschen in Deutschland sind erwerbslos. 900 000 Menschen sind langzeiterwerbslos. Das heißt, sie sind seit mindestens zwölf Monaten ohne Job. Wenn Sie einmal richtig zählen würden – Sie zählen nämlich gar nicht richtig –,

(Beifall bei der LINKEN)

dann würden Sie bemerken, dass 945 000 Menschen von Ihnen einfach unter den Tisch gekehrt werden. Das sind diejenigen Menschen, die sich in Maßnahmen befinden, oder auch über 58-Jährige, die sozusagen kein Jobangebot bekommen.

Von Ihnen werden Menschen einfach in das Hartz-IV-System mit einem Regelsatz, von dem man nicht leben kann, abgeschoben. Sie unterliegen Sanktionssystemen, die menschenunwürdig sind. Das ist aus meiner Sicht unchristlich und auch unsozial. Das kann so nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben in den letzten zehn Jahren – ich beziehe mich nur auf diesen Zeitraum – Milliarden Euro in der Arbeitsmarktpolitik eingespart. Immer mehr Maßnahmen wurden gestrichen. Haushaltssanierungen fanden auf dem Rücken von Erwerbslosen statt. Das war Ihre Politik der letzten Jahre. Die Senkung der Arbeitslosigkeit beruht doch zum großen Teil auf dem Übergang in die Rente. Schauen Sie sich die Zahlen doch einmal an: Nur wenige Langzeiterwerbslose bekommen einen Job auf dem regulären Arbeitsmarkt. Deswegen haben wir als Linke schon im Jahre 2006 die Einrichtung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors gefordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu kann man auch „sozialer Arbeitsmarkt“ sagen. Was man genau sagt, ist, glaube ich, erst einmal unwichtig. Gerade die Einrichtung eines öffentlich geförderten Beschäftigungssektors ist ein wichtiges Instrument, um Langzeiterwerbslosen endlich eine wirkliche Chance zu geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur, meine Damen und Herren der geschäftsführenden Bundesregierung, Sie haben das ja immer abgelehnt. Aber nun sind Sie, wie sich in Ihrem Koalitionspapier zeigt, schlauer geworden – das muss man erst einmal festhalten –: Sie möchten gern einen sozialen Arbeitsmarkt einrichten. Aber wie der genau funktionieren soll, das schreiben Sie eben nicht in diesem Koalitionspapier. Da kann ich Ihnen versichern: Die Linke wird ganz genau hinschauen, wie Sie diesen Arbeitsmarkt einrichten wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit 200 000 Arbeitsplätzen, voll versicherungspflichtig und nicht unter dem Mindestlohn. Damit meine ich nicht Ihren Mindestlohn von 8,84 Euro die Stunde, von dem man nicht leben kann, sondern einen ordentlichen Mindestlohn von 12 Euro die Stunde.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist doch gerade der Sinn von öffentlich geförderter Beschäftigung, dass Menschen nicht länger auf Transferleistungen angewiesen sind; das ist doch das Wichtigste. Von Arbeit muss man leben können und natürlich auch von geförderter Arbeit; das ist doch selbstverständlich. Wir wollen Angebote finanzieren, für die sonst das Geld fehlt: Stadtteilzentren, kulturelle Projekte, soziale Unterstützungsdienste – alles Angebote, die in dieser Gesellschaft dringend notwendig sind.

Schauen Sie nach Thüringen! Dort machen wir es Ihnen vor. Aber wir brauchen natürlich entsprechende Bedingungen – den Passiv-Aktiv-Transfer will ich an dieser Stelle nur nennen –; dann wird das auch so funktionieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Denken Sie an Ihre Redezeit?

Ich komme jetzt zum Schluss, liebe Frau Präsidentin.

Wir werden genau darauf gucken, was die Große Koalition in ihrem Vertrag versprochen hat. Wir werden das genau prüfen. Ein sozialer Arbeitsmarkt muss endlich her, damit die Erwerbslosen eine Chance bekommen.

Danke schön. Schönes Wochenende!

(Beifall bei der LINKEN)

Noch nicht, Frau Kollegin; denn es kommen noch einige wichtige Rednerinnen und Redner. – Vielen Dank, Sabine Zimmermann.

Von mir aus erst einmal einen schönen sonnigen Tag!

Der nächste Redner in der Debatte: Peter Aumer für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7206287
Wahlperiode 19
Sitzung 18
Tagesordnungspunkt Perspektiven für langzeitarbeitslose Menschen
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