02.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 18 / Tagesordnungspunkt 17

Dagmar SchmidtSPD - Perspektiven für langzeitarbeitslose Menschen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Grünen haben ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt, das uns – es ist schon erwähnt worden –, sollten wir am Sonntag die Mehrheit der Mitglieder für eine Große Koalition gewonnen haben, ganz sicher in der nächsten Legislatur sehr intensiv beschäftigen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist auch gut so; denn wir sind sehr stolz auf das, was wir dort erreicht haben.

(Beifall bei der SPD)

Während wir in der letzten Legislatur über Modellvorhaben nicht hinauskamen, schaffen wir jetzt ein Regelinstrument im SGB II. Wir erhöhen den Eingliederungstitel, wir erhöhen die Restmittelübertragung, und wir schaffen den sogenannten Passiv-Aktiv-Transfer – in Hessen hieß das früher „Arbeit statt Sozialhilfe“.

(Beifall bei der SPD)

In der letzten Legislatur sind wir noch an den ideologischen Schranken, vor allem im Finanzministerium, gescheitert. Jetzt ist anerkannt worden, dass eben nicht alle Menschen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt gehen, aber trotzdem sinnvolle und produktive Arbeit leisten können.

Wie sieht es aus in weiten Teilen des ersten Arbeitsmarktes? Früher war es doch so: Der Sohn, der den Eltern viele Sorgen gemacht hat, und auch die Mitarbeiterin, die gesundheitliche Probleme hatte, hatten trotzdem ihren Platz im Betrieb. Heute müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft 150 Prozent geben. Viele davon schaffen das nicht. Psychische und körperliche Erkrankungen resultieren aus Arbeitsverdichtung, zunehmendem Termin- und Zeitdruck, Entgrenzung der Arbeit. Das alles sind Phänomene, die wir kennen und die wir hier auch schon diskutiert haben.

Ich bin froh, dass wir das Thema heute mit dem Antrag der Grünen, aber zukünftig sicher im Rahmen eines umfassenden Gesetzesvorhabens diskutieren werden; denn über den Koalitionsvertrag und über den Antrag der Grünen hinaus werden uns viele Frage im Zusammenhang mit dem sozialen Arbeitsmarkt im Detail noch beschäftigen.

Welchen Personenkreis wollen wir wie lange im sozialen Arbeitsmarkt fördern und mit welchem Ziel? Immer gleich in den ersten Arbeitsmarkt, oder müssen wir nicht viel stärker als bisher auch das Ziel der sozialen Integration und der gesellschaftlichen Teilhabe in den Blick nehmen? Das gilt für das gesamte SGB II. Welche gesellschaftliche Bedeutung kann ein sozialer Arbeitsmarkt noch haben? Es gibt immer mehr Arbeit, die aber oftmals nicht bezahlt wird: sei es bei mir vor Ort die Essensversorgung in den Schulen, die kein privater Caterer mehr übernimmt, weil es sich für ihn nicht rentiert, oder seien es haushaltsnahe Dienstleistungen in einer immer älter werdenden Gesellschaft, seien es Aufgaben im Umweltbereich oder an vielen anderen Stellen. Da fallen Ihnen sicher selbst gute Beispiele von Arbeiten ein, die gesellschaftlich sinnvoll und notwendig sind. Aber der Markt regelt diesen Bedarf nicht.

Deshalb ist der Hinweis der Grünen auf das „Budget für Arbeit“ für Menschen mit Behinderungen ganz richtig; denn es geht auch um einen inklusiven Arbeitsmarkt. Ich würde noch weitergehen: Warum muss man erst den Rechtskreis wechseln, um die vielleicht passende Unterstützung zu bekommen?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben so viele Akteure mit viel Erfahrung und viel Kompetenz. Aber in unseren Betrieben geht die Fähigkeit, Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, zu integrieren, immer mehr verloren. Wer sich in den privaten Betrieben im Rahmen unserer Programme auf den Weg macht, der muss besser und einfacher unterstützt werden, als das bisher der Fall ist.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben aber auch Integrationsbetriebe. Wir haben Werkstätten, soziale Beschäftigungsträger und Ausbildungsträger. Wir haben viele, die vieles können und dem Leben vieler Menschen einen Sinn und Halt geben. Wie können wir das System öffnen und durchlässig machen, und wie können wir es schaffen, unsere Ressourcen effizienter zu nutzen und keinen mehr im Gewirr der Zuständigkeiten und der Maßnahmen zurückzulassen? Wie finden wir für jeden und jede einen guten Platz, um teilzuhaben? Das wird die große Aufgabe sein. Mit dem Koalitionsvertrag werden wir erste Schritte gehen können. In diesem Sinne: Los geht’s!

Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Dagmar Schmidt. Sie haben sich auf die Sekunde an die Redezeit gehalten; damit legen Sie natürlich eine große Hürde für den letzten Redner in dieser Debatte, dem ich das Wort zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag gebe: Thomas Heilmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7206290
Wahlperiode 19
Sitzung 18
Tagesordnungspunkt Perspektiven für langzeitarbeitslose Menschen
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