Alexander Graf LambsdorffFDP - Bundeswehreinsatz zur Stabilisierung des Iraks
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als es im Dezember darum ging, die Mandate für die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu verlängern, haben die Freien Demokraten dieser technischen Verlängerung aller Einsätze zugestimmt. Dabei haben wir aber klargemacht, dass diese Zustimmung keine Vorwegnahme künftigen Abstimmungsverhaltens hier sein würde, sondern dass wir die Mandate verantwortlich bewerten werden, die uns von der Bundesregierung vorgelegt werden.
Das haben wir bei dem vorliegenden Mandat getan und kommen zu dem Schluss: Dieses Mandat ist mangelhaft. Es ist in mehrfacher Hinsicht mangelhaft. Es vermischt zwei Einsätze, die ihrem Charakter nach völlig unterschiedlich sind: Der Kampf gegen den IS ist etwas, das dieses ganze Parlament vorbehaltlos unterstützt, auch die Freien Demokraten. Wir unterstützen die Mission der Tornados und die Luftbetankung. Wir halten den Kampf gegen diese Geißel der Menschheit für eine der großen Aufgaben der zivilisierten Welt. Natürlich unterstützen wir das.
(Beifall bei der FDP)
Die Stabilisierung des Gesamtirak ist aber ihrem Charakter nach eine völlig andere Aufgabe. Die Stabilisierung des Gesamtirak ist eine Aufgabe, die getrennt vom Kampf gegen den IS zu beraten ist. Ich glaube, dass das Problem dieses Mandats, so wie es hier vorgelegt worden ist, die Vermischung dieser beiden Ebenen ist, zumal es in Bezug auf den Irak von Unklarheiten wimmelt:
Erstens gibt es eine Unklarheit in Bezug auf den nationalen Beitrag, den Deutschland leisten soll. Wo, an welchen Orten soll eigentlich ausgebildet werden? In welcher Größenordnung soll ausgebildet werden? Woher kommen die Stabsoffiziere, die beispielsweise die Ausbildung beim Verteidigungsministerium vornehmen sollen? Das ist etwas völlig anderes als die Ausbildung an Kleinwaffen oder Panzerabwehrwaffen. Dafür haben Sie die militärischen Ressourcen nicht mehr. Eine weitere Frage: Wer wird konkret ausgebildet? Auch dazu gibt es widersprüchliche Angaben aus der Bundesregierung.
Zum Zweiten gibt es eine völlige Unklarheit in Bezug auf die NATO-Ausbildungsmission. Im Februar hat in der NATO ein Prozess begonnen, mit dem eine eigene Ausbildungsmission begründet werden soll, die exakt identisch zu den Zielen ist, die in diesem Mandat formuliert worden sind: Aufbau von Strukturen im Verteidigungsministerium, Ausbildung militärischer Führer, Training bestimmter fachlicher Fähigkeiten. Es ist unklar, ob diese Mission kommen wird, und es ist völlig unklar, in welchem Verhältnis diese Mission zu unserem nationalen Beitrag steht.
Drittens ist dem Mandatstext zufolge unklar, wie wir uns in Zukunft eigentlich gegenüber den Peschmerga verhalten werden. Wie wird der Einsatz im Gesamtirak strukturiert? Wie ist das Verhältnis der nationalen und der regionalen Dimension? Wenn wir die Peschmerga jetzt fallen ließen, wäre das ein fataler Fehler. Die Peschmerga haben im Kampf gegen den IS Großes geleistet. Die Präsenz Deutschlands in der Region Kurdistan/Irak hat eine stabilisierende Bedeutung; das wissen wir alle.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, es gibt zum Vierten eine Unklarheit – Herr Maas, dazu konnten Sie noch nichts sagen; das verstehe ich – in Bezug auf die innenpolitische Entwicklung im Irak. Diese ist völlig offen. Das irakische Parlament hat im Februar eine Resolution verabschiedet, in der es einen Zeitplan für den Abzug aller ausländischen Streitkräfte verlangt. Im Mai sind im Irak Wahlen. Es war uns nicht möglich, in den letzten Wochen von der Bundesregierung eine verbindliche Auskunft über die Sicherheitslage in Zentralirak zu bekommen. Also mit anderen Worten: Die innere Situation im Irak ist genauso unklar wie das Mandat.
Wir fordern Sie daher auf:
Legen Sie zwei Mandate vor! Es handelt sich eben nicht mehr um ein reines Anti-IS-Mandat, das man gemeinsam mit den Peschmerga durchführt. Es handelt sich um zwei getrennte Aufgaben.
Schaffen Sie Klarheit über die regionale und nationale Schwerpunktsetzung!
Erklären Sie, wie Sie sich das Verhältnis von NATO-Beitrag und nationalem Beitrag vorstellen!
Und ja, erklären Sie, wie die Bundeswehr das noch schaffen soll. Denn woher die Stabsoffiziere kommen sollen, die diese Form der Ausbildung durchführen können, diese Frage wurde uns nicht beantwortet.
Meine Damen und Herren, die Freien Demokraten stimmen der Überweisung in den Ausschuss zu, aber eine Zustimmung meiner Fraktion zu diesem mangelhaften Mandatstext kann ich nicht in Aussicht stellen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Sevim Dağdelen, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7210083 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 20 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz zur Stabilisierung des Iraks |