15.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 20 / Tagesordnungspunkt 7

Markus HerbrandFDP - Abschaffung des Solidaritätszuschlags

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die AfD beantragt heute die sofortige Abschaffung des Solidaritätszuschlags wegen Verfassungswidrigkeit.

(Karsten Hilse [AfD]: Unter anderem!)

Abgesehen davon, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen in Deutschland noch immer dem Bundesverfassungsgericht obliegt, zeigt die AfD mit diesem Antrag, wie unverantwortlich ihre Finanzpolitik ist; denn sie schießt absolut über das Ziel hinaus.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU])

Der Antrag entlarvt Mehreres, nämlich erstens, dass die AfD immer nur so tut, als sei es ihr wichtig, dass man Regeln einhält. Auf der Suche nach populistischen Knall­effekten mit vermeintlich einfachen Lösungen wirft sie auch rechtskräftige und politisch relevante Vereinbarungen einfach über Bord. Vorliegend ignoriert sie vollständig den Solidarpakt II, der ja erst Ende 2019 ausläuft und eine der Grundlagen der Finanzierung unseres Gemeinwesens ist.

Herr Kollege Herbrand, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Glaser gestatten?

Bitte schön.

Herr Kollege, da Sie wie auch Vorredner davon sprechen, dass die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags eine Erfindung der AfD ist, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass das Niedersächsische Finanzgericht die Verfassungswidrigkeit sehr breit und sehr gründlich begründet hat.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und sind auf die Schnauze gefallen! Das habt ihr nur abgeschrieben!)

Das sind keine AfD-Richter, sondern das ist die Justiz, und die hat einen Vorlagebeschluss nach Artikel 100 des Grundgesetzes gefasst und beim Bundesverfassungsgericht vorlegt. Bedauerlicherweise hat das Bundesverfassungsgericht bis heute – also mehrere Jahre lang – nicht entschieden.

Sie werden doch wohl zugeben wollen, dass das seriöse Leute in Gestalt eines der Obergerichte der Finanzgerichtsbarkeit waren, die diesen Beschluss gefasst haben, weshalb es nicht ganz falsch sein kann, wenn man die gleiche Auffassung vertritt wie dieses Richterkollektiv. Würden Sie dem zustimmen oder nicht?

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege Glaser, bleiben Sie bitte stehen; das ist so üblich.

Herr Kollege Glaser, ich habe nicht gesagt, dass das eine Erfindung der AfD-Fraktion ist.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Die haben nur abgeschrieben!)

Darüber hinaus ist vom Kollegen der SPD eigentlich schon alles dazu gesagt worden.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Sie haben die Frage überhaupt nicht beantwortet! – Weiterer Zuruf der AfD: Das war aber dünn!)

Zurück zu meiner Rede. Der Wegfall dieser Mittel – circa 18 bis 20 Milliarden Euro – würde zu nicht verantwortbaren Deckungslücken im Haushalt führen. Das hat mit seriöser Finanz- und Haushaltspolitik wirklich nichts mehr zu tun.

Zweitens. Wir sehen leider nicht das erste Mal, dass sich die AfD bei parlamentarischen Initiativen hemmungslos bei anderen Parteien bedient.

(Christian Dürr [FDP]: Plagiatspartei!)

Hier ist sie tatsächlich Wiederholungstäter; denn bereits vor Wochen hatten wir die Situation, dass ein Antrag der FDP zur Subsidiaritätsrüge nahezu wörtlich abgeschrieben wurde.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das würde mir jetzt aber auch zu denken geben! – Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Ich bin mir aber sicher, dauerhaft werden sich die Originale gegen die Plagiate durchsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Die AfD ist nun wirklich keine Alternative zu einer vernünftigen und liberalen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die kommt nun wirklich von uns hier.

(Lachen bei der AfD)

Das zu erkennen, da reicht ein Blick in Ihr Parteiprogramm. Das haben die Kollegen auch schon gemacht. Es zeigt sich dann ganz schnell, welch finanzpolitische Hasardeure Sie eigentlich sind. Sie möchten die Umsatzsteuer um 7 Prozent reduzieren, Sie planen die Rückkehr zur D-Mark, Sie lehnen den Freihandel ab. Das ist nun wirklich kein Konjunkturprogramm für Deutschland.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Stimmt überhaupt nicht!)

Gleichzeitig sollen keine Schulden gemacht werden. Nur eines verraten Sie uns nicht: wie Sie den ganzen Zirkus finanzieren wollen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von der AfD: Sparen!)

Ihre Politik ist meilenweit von dem entfernt, was Sie den Menschen immer vorgaukeln. Eine kompetente und verlässliche Alternative sind Sie diesbezüglich ganz bestimmt nicht.

(Beifall bei der FDP – Lachen des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Zurück zum Soli: Mit dem Ziel, nämlich der Abschaffung des Solidaritätszuschlags, sympathisieren wir ja. Auch die Freien Demokraten sehen die Notwendigkeit, angesichts der in der Vergangenheit gegebenen Versprechungen und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – wir eilen ja von Rekordsteuereinnahmen zu Rekordsteuereinnahmen – die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes so früh wie möglich von dieser Zusatzbelastung zu befreien, also, wie vereinbart, in 2020, und zwar alle, nicht nur einen Teil.

(Beifall bei der FDP)

Die Große Koalition plant vor allem die Entlastung derer, die im Augenblick nur wenig oder gar keinen Solidaritätszuschlag zahlen. Nein, hier muss das endgültige Ende her, und zwar für alle ab 2020. Ab diesem Jahr gibt es für diese Zusatzsteuer keine Rechtfertigung mehr. Wenn die Große Koalition den Soli über diesen versprochenen Zeitpunkt hinaus beibehalten will, ist das nichts anderes als eine Steuererhöhung; denn wenn eine versprochene Entlastung wegfällt, ist das eine zusätzliche Belastung.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Dann ist erkennbar, dass diese Mehreinnahmen benötigt werden, um Wahlversprechen zu finanzieren. Das wollen und werden wir verhindern, und zwar mit unserem Gesetzentwurf, dem Original, der hier morgen debattiert wird und in dem die vollständige, rechtskonforme und mit dem Solidarpakt vereinbare Abschaffung des Solidaritätszuschlags zum 1. Januar 2020 vorgesehen ist. Diesen Gesetzentwurf darf ich Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit empfehlen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, von hier oben!

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Grüß Gott!)

– Grüß Gott, Herr Kauder!

Danke schön, Markus Herbrand. – Der nächste Redner in der Debatte ist Michael Leutert für Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7210119
Wahlperiode 19
Sitzung 20
Tagesordnungspunkt Abschaffung des Solidaritätszuschlags
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