Michael GerdesSPD - Erleichterung von Betriebsratswahlen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe FDP! Liebe Linke! Niemand stellt die Arbeitgeber unter Generalverdacht. Viele Arbeitgeber – das muss man auch einmal feststellen – machen einen guten Job. Der Debattenverlauf zeigt, dass niemand von uns den Sinn und Zweck der Mitbestimmung infrage stellt.
Wir tun gut an dieser demokratischen Grundhaltung. Hier geht es um die Wahrnehmung von Rechten, die unseren Betrieben im Kleinen und somit unserer Gesellschaft im Großen guttun. So kämpfen Betriebsräte zum Beispiel für die Gleichstellung von Frauen und Männern im Betrieb, für Beschäftigungsförderung und Beschäftigungssicherung sowie für Arbeitsschutzmaßnahmen, für die Eingliederung schutzbedürftiger Personen, aber auch für Initiativen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Betrieben und noch viel mehr.
Um all diese Rechte geht es, wenn deutschlandweit in den Unternehmen zwischen März und Mai neue Betriebsräte gewählt werden. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Glückwunsch an alle bereits gewählten Betriebsräte und „Viel Erfolg!“ an alle weiteren Bewerber.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Danke auch an alle Beschäftigten, die sich derzeit zur Wahl stellen und Interessen vertreten wollen. Lasst euch nicht beirren! Mitbestimmung ist kein Bremsklotz für unternehmerische Tätigkeit. Ihr seid auch keine Problememacher. Im Gegenteil: Dort, wo Mitbestimmung gelebt wird, kann die Produktivität gesteigert werden und können Probleme im Betriebsablauf gelöst werden. Daher, liebe Arbeitgeber: Keine Angst vor Betriebsräten!
Laut DGB-Schätzung wird aktuell in 28 000 Betrieben über circa 180 000 Mandate abgestimmt. Das klingt viel, könnte aber besser sein. Nicht einmal jeder zweite Beschäftigte wird von einem Betriebsrat vertreten.
Wir müssen dringend Wege zur Stärkung der Mitbestimmung finden. Das beinhaltet auch die Überprüfung des Betriebsverfassungsgesetzes – eines Gesetzes, das im letzten November 65 Jahre alt geworden ist. Alles Gute nachträglich!
Als ehemaliger Betriebsrat kann ich voller Überzeugung sagen: Das Betriebsverfassungsgesetz hat sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewährt.
Gleichzeitig müssen wir uns aber auch vor Augen führen, dass die Arbeitswelt heute eine andere ist als zur Geburtsstunde dieses Gesetzes. Auch seit der letzten Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahr 2001 gibt es teilweise extrem veränderte Rahmenbedingungen für Erwerbstätige; Stichworte: Digitalisierung, Arbeit 4.0.
Darauf muss der Gesetzgeber gemeinsam mit den Sozialpartnern Antworten geben. Wie organisieren sich Erwerbstätige, wenn Tätigkeiten, Arbeitsorte und Arbeitszeiten flexibler werden und sich damit die Bezugsgrößen der Betriebsratsarbeit verschieben?
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, Ihr Antrag ist uns aus der vergangenen Wahlperiode bekannt. Keine Frage: Es gibt viel Handlungsbedarf. Die Lücken haben uns die Experten bei der Anhörung in der vergangenen Wahlperiode aufgezeigt. Sie liegen etwa bei der Freistellung, beim Wahlverfahren, beim Kündigungsschutz oder beim Thema „Einschüchterung von Arbeitnehmervertretern“. In diesem Sinne enthält der vorliegende Antrag viele Sätze und Forderungen, die ich unterstützen kann.
Was ich nicht teile, ist die Forderung zur Verpflichtung von Arbeitgebern, Mitarbeiterversammlungen zu organisieren, bei denen auf die Möglichkeit von Betriebsratswahlen hingewiesen wird – getreu dem Motto: Zum Jagen müssen wir sie tragen.
Nein, die Initiative muss von der Belegschaft ausgehen. Das macht Betriebsratswahlen glaubwürdiger und schützt auch vor Beeinflussung.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehe ich auch so!)
Mitbestimmen heißt auch Mitverantworten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Selbstverständlich wünsche ich mir, dass wir eine echte, wahrnehmbare Stärkung der Mitbestimmung erreichen. Die SPD-Fraktion ist dazu bereit.
Lieber Uwe Schummer, auch in einer aktuellen Broschüre der CDA heißt es: „Kündigungsschutz für Betriebsratsgründer schon vor der Einladung zur Wahlversammlung“. Mit dieser Forderung kann ich mitgehen.
Es gibt viel zu tun. Packen wir’s an!
Herzlichen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Herr Kollege Gerdes, auch Sie sind punktgenau zum Ende gekommen. – Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege Whittaker das Wort für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7210180 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 20 |
Tagesordnungspunkt | Erleichterung von Betriebsratswahlen |