Michael ThewsSPD - Multiresistente Keime im Wasser
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Der Fund von multiresistenten Keimen in Flüssen und Seen ist besorgniserregend. Wir wissen, dass der übermäßige und unsachgemäße Gebrauch von Antibiotika die Entstehung von multiresistenten Keimen fördert. In Deutschland werden Antibiotika hauptsächlich in der Human- und Tiermedizin eingesetzt. Über die Ausscheidungen von Mensch und Tier gelangen Medikamentenrückstände, Antibiotika und natürlich auch resistente Keime in die Gewässer.
Im Sommer baden wir in diesen Gewässern, und aus einigen dieser Gewässer gewinnen wir auch unser Trinkwasser. Verständlicherweise sind die Menschen besorgt.
Drei Fragen stehen für mich im Vordergrund: Erstens. Wo treten diese Probleme überhaupt auf? Die Länder sind dafür verantwortlich, die Untersuchungen der Oberflächengewässer verstärkt vorzunehmen. Sie müssen ihre Untersuchungsprogramme erweitern und diese Keime in ihren Untersuchungsumfang aufnehmen.
Zweitens. Wie gelangen die multiresistenten Keime überhaupt in die Gewässer? Wir vermuten momentan, dass Keime über Kläranlagen, Abschläge von Regenüberlaufbecken oder auch diffuse Ausschwemmungen in der Landwirtschaft in die Böden und Flüsse gelangen. Bisher ist allerdings mithilfe von wissenschaftlichen Untersuchungen herausgefunden worden, dass Kontaminationen insbesondere im Umfeld von Krankenhäusern, aber zum Beispiel auch im Abwasser von Flugzeugen zu finden sind. Ich glaube, wir haben hier noch deutlichen Informationsbedarf.
Drittens – und das ist vielleicht der wichtigste Punkt –: Wie gefährlich sind diese Kontaminationen überhaupt? Die Tatsache, dass man in der Umwelt etwas findet, sagt noch nichts darüber aus, ob es wirklich gefährlich ist. Die Analyseverfahren haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Aber wir brauchen jetzt die Beurteilung. Da haben wir momentan einen großen Nachholbedarf, auch in der wissenschaftlichen Forschung.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Klar ist: Wir brauchen mehr Informationen. Ich bin zuversichtlich, dass Forschungsprojekte wie das vom BMBF geförderte Verbundprojekt HyReKA schon in näherer Zeit neue Informationen bringen. Einiges liegt schon vor. Derzeit finden die Abwassertage in Essen statt; dort wird darüber berichtet.
Wir müssen die Wirkung der für uns alle lebenswichtigen Antibiotika erhalten und die Entstehung der multiresistenten Keime so weit wie möglich verhindern; das ist in erster Linie ein medizinisches Thema. Ihre Verbreitung in der Umwelt zu stoppen, ist ein Thema des Umweltschutzes. Deshalb müssen wir mit unseren Anstrengungen schon sehr früh an allen Stufen des Lebenszyklus eines Medikaments ansetzen, angefangen bei der Herstellung. Es gibt bereits Forschungen zu Wirkstoffen, die sich im Körper abbauen und gar nicht erst in die Umwelt gelangen. Ansetzen müssen wir aber auch bei der Nutzung. Wir müssen den Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin, soweit vertretbar, reduzieren. Auch das müssen wir immer wieder hinterfragen.
(Beifall bei der SPD)
Schließlich – ich komme zu einem meiner Lieblingsthemen – müssen wir auch bei der Entsorgung von Antibiotika ansetzen. Wir müssen bundesweit immer wieder darauf hinweisen, dass Medikamentenreste richtig entsorgt werden müssen, und dies möglichst mit einer bundeseinheitlichen Regelung verbinden. Ich sage es noch einmal ganz deutlich – die Kollegin hat es gerade gesagt –: Medikamente gehören auf keinen Fall in die Toilette! Das ist absolut richtig.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Aber auch technische Lösungen werden in Zukunft notwendig sein. Das gilt nicht nur für multiresistente Keime; auch andere Spurenstoffe sind in den Kläranlagen vorhanden. Es werden weitere Reinigungsstufen in den Kläranlagen erforderlich sein; aber wir müssen auch darüber reden, wie diese dann finanziert werden. Meiner Ansicht nach müssen diese von den Verursachern finanziert werden, und hier sehe ich vor allen Dingen die Hersteller und Inverkehrbringer von Arzneimitteln in der Verpflichtung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wichtig ist bei all unseren Bemühungen, dass wir unser Wissen über die Entstehung und Verbreitung multiresistenter Keime verbessern und damit den Kampf dagegen effektiver führen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Problem in Zukunft mit den Forschungsergebnissen in den Griff bekommen, glaube aber auch, dass wir noch weitere Informationen brauchen. Deswegen freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Kollege Thews, herzlichen Dank. – Ich erteile als Nächstes dem Kollegen Dr. Heiko Wildberg von der AfD-Fraktion das Wort und weise darauf hin, dass es seine erste Parlamentsrede ist.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7210189 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 20 |
Tagesordnungspunkt | Multiresistente Keime im Wasser |