Niels Annen - Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID)
Vielen Dank, liebe Frau Präsidentin. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen den Einsatz in Darfur fortsetzen. Angesichts der Lage in der Region ist eines ziemlich bemerkenswert: Deutschland ist tatsächlich das einzige europäische Land, das sich militärisch an der Hybridmission UNAMID beteiligt. Unsere Beteiligung ist auch deshalb von ganz besonderer Bedeutung, weil diese Beteiligung ein Zeichen der Solidarität ist. Deutschland übernimmt hier Verantwortung. Ich glaube, dass wir damit auch ein Signal an die Vereinten Nationen aussenden, dass wir ein verlässlicher und kompetenter Partner sind. Außerdem senden wir ein Signal an die Afrikanische Union. Denn das macht diese Mission so besonders: Es ist die einzige gemeinsame Mission der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen.
Eine solche Debatte ist immer auch eine Gelegenheit, ein bisschen zurückzublicken. Dieser Konflikt – das darf man, glaube ich, sagen – ist ein wenig aus dem Fokus der Weltöffentlichkeit geraten, auch aus dem Fokus der deutschen Öffentlichkeit. Was ist in den letzten elf Jahren passiert? Welche Ziele wurden erreicht? Welche Entwicklungen hat es gegeben?
Ich glaube, dass man bei aller Vorsicht sagen kann: Es gibt einige optimistisch stimmende positive Nachrichten. Die Regierung des Sudans hat den einseitigen Waffenstillstand im vergangenen Jahr schrittweise verlängert. Zudem blieb erstmals seit Jahren eine Trockenzeitoffensive aus. 2017 war damit das erste Jahr, in dem nicht mehr großflächig in Darfur gekämpft wurde. Ich sage nicht, dass nicht gekämpft wurde; aber es gab keine großangelegte Offensive.
Sowohl die Regierung als auch die bewaffneten Oppositionsgruppen haben Kriegsgefangene freigelassen. Auch das muss man – bei aller Vorsicht – positiv bewerten.
Es findet in der Region Darfur – ich halte es für wichtig, auch das zu erwähnen – eine Entwaffnungskampagne statt. Sie wird von UNAMID unterstützt und zum Teil von UNAMID durchgeführt. Nicht zuletzt hat UNAMID den Zugang zu dem umkämpften Gebiet, dem Jebel Marra, offen gehalten.
Ich habe es eben erwähnt: Der Konflikt ist tatsächlich etwas aus dem Fokus der Öffentlichkeit geraten. Deswegen sind diese Entwicklungen, diese positiven Schritte keine Nachrichten, die es bei uns groß auf die Tagesordnung schaffen. Das ist der Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren, weshalb ich das hier erwähne. Ich will auch sagen: Beharrlichkeit und – nach elf Jahren Konflikt – ein langer Atem zahlen sich aus.
Der UN-Sicherheitsrat hat die positiven Entwicklungen in Darfur anerkannt, und er hat auch darauf reagiert. Wir haben in diesem Hause häufig über den Einsatz gesprochen. Da gab es den Vorwurf, ein einmal beschlossener Einsatz werde quasi unendlich fortgesetzt und nicht angepasst. Nein, 4 000 Soldatinnen und Soldaten konnten aus der Region abgezogen werden. Die Mission ist Stück für Stück, schrittweise verkleinert worden.
Der Fokus liegt auf den heute umkämpften Gebieten, er liegt auf dem Schutz der Zivilbevölkerung. Das ist, wenn ich das hier einmal sagen darf, der richtige Schwerpunkt. Es geht um die Sicherung des Zugangs für humanitäre Hilfe. Das müssen wir gemeinsam gewährleisten.
(Beifall bei der SPD)
Es geht auch darum, dass es keine temporäre Entwicklung bleibt, sondern wir diesen Zugang dauerhaft erhalten. Deswegen helfen wir beim Aufbau von Sicherheitskräften und der Ausbildung der sudanesischen Polizei mit. Aber es ist nicht einfach nur Ausbildung – der Fokus liegt auf Rechtsstaatlichkeit, auf Transparenz, auf Accountability, wie man so schön sagt. Gerade dieses Engagement, meine Damen und Herren, ist es, was letztlich so etwas wie eine Abzugsperspektive für die internationalen Truppen bieten soll. Denn wir hinterlassen etwas, was hoffentlich die Möglichkeit bietet, eine langfristige Lösung zu erreichen.
Der deutsche Beitrag zu UNAMID, dem – ich habe es erwähnt – bislang einzigen gemeinsamen Einsatz der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen, ist aber letztlich nur ein Teil unseres Engagements. Insofern will ich Ihre Aufmerksamkeit auch noch auf andere Bereiche unseres Engagements richten, um deutlich zu machen, dass es sich hier um einen umfassenden Ansatz handelt.
Wir fördern Projekte zur Mediation zwischen der Regierung in Khartum und den Oppositionsgruppen in Darfur. Wir stellen Beratung im Hinblick auf die Förderung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratisierung bereit. Ich habe das bei der Frage der Ausbildung der Sicherheitskräfte erwähnt; aber es geht auch insgesamt um einen Verfassungsprozess.
Wir unterstützen durch humanitäre Hilfe die vielen Flüchtlinge in der Region, die sich in einer schlechten und zum Teil immer noch katastrophalen Situation befinden. Wir sind auch hier ein verlässlicher Partner. Ich glaube, in einer Zeit, in der wir etwa die Entscheidung der amerikanischen Regierung erlebt haben, mehr oder weniger ohne Ankündigung das Budget für das palästinensische Flüchtlingshilfswerk um die Hälfte zu kürzen – mit fatalen Auswirkungen –, darf ich sagen: Wir sind auch hier ein verlässlicher Partner in der humanitären Hilfe und bleiben es auch, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir setzen uns darüber hinaus für den Aufbau eines Berufsbildungssystems und für die Verbesserung der Lebensumstände in der Bevölkerung ein.
Ja, es ist unterm Strich, wenn man sich die Probleme anschaut, sicherlich ein bescheidener, aber ein wichtiger Beitrag, der ein bisschen den Geist des Optimismus in sich trägt. Das sollten wir weiter unterstützen, gerade weil die Menschenrechtslage weiterhin durchaus volatil ist. Die humanitäre Situation bleibt angespannt. Auch 2018 werden nach den Informationen, die uns über die Vereinten Nationen zur Verfügung gestellt worden sind, voraussichtlich über 3 Millionen Menschen in Darfur auf humanitäre Hilfe angewiesen sein. Wir alle wissen, dass eine entsprechende Versorgung dieser Personen finanzielle und logistische Konsequenzen hat.
Dringend angegangen werden müssen auch grenzübergreifende Herausforderungen, über die wir auch in anderen Bereichen diskutiert haben, wie Terrorismus und organisierte Kriminalität. Das konzentriert sich alles in einer Region, die durch Spannungen und Konflikte geprägt ist. Als Beispiele nenne ich Libyen und den Südsudan; über den Südsudan haben wir heute bereits miteinander diskutiert. Außerdem gibt es – das muss man leider sagen – im Konflikt um die umstrittenen Grenzgebiete zwischen dem Sudan und dem Südsudan weiterhin keine abschließende Lösung. Das trägt zur Instabilität bei.
Ich will die schwierige wirtschaftliche Lage des Landes erwähnen. Die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt. Das destabilisiert natürlich auch die Konfliktregion und trifft diejenigen, die besonders verletzlich sind. Deswegen bleibt es eine zentrale Herausforderung, gemeinsam mit unseren Partnern eine politische Lösung zu finden. Mit dem Sondergesandten für die Afrikanische Union werden wir uns weiterhin für eine dauerhafte Lösung einsetzen; denn UNAMID alleine kann den Konflikt nicht lösen. UNAMID bleibt auf die Unterstützung der Staatengemeinschaft angewiesen.
Man kann schon sagen: Friedenskonsolidierung ist mühsam, langwierig, und sie verläuft nicht immer linear. Deswegen ist es wichtig, dass dieses Parlament, dass der Deutsche Bundestag die Unterstützung weiterhin gewährt. Wir, die Bundesregierung, bitten Sie um die Zustimmung und um die konstruktive Begleitung des Engagements unserer Soldatinnen und Soldaten, die dort eingesetzt sind.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Niels Annen. – Nächster Redner, ebenfalls für die Bundesregierung: der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn. Sie haben das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7210231 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 20 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Darfur (UNAMID) |