15.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 20 / Zusatzpunkt 3

Armin-Paulus HampelAfD - Vorgehen der Türkei in Syrien

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Herr Präsident! Sehr verehrte Kollegen! Liebe Gäste im Haus! Exzellenz! Wir sehen mit Sorge, dass die Türkei mit der Fortsetzung ihrer Offensive gegen die Stadt Afrin und deren Umgebung weit über das vertretbare Maß einer legitimen Selbstverteidigung hinausgeht. Wenn denn die Informationen stimmen, dass es Angriffe von kurdischer Seite auf türkisches Staatsgebiet gab, dann handelt es sich zuerst einmal um einen Akt der legitimen Selbstverteidigung. Allerdings geht das, was danach kam, nämlich ein massives militärisches Vorgehen auf syrischem Gebiet, weit über das vertretbare Maß hinaus. Hierdurch werden außerdem die Bemühungen des UN-Sicherheitsrates torpediert, der durch eine Waffenruhe das Leiden der betroffenen Zivilbevölkerung lindern möchte. Die Bundestagsfraktion der Alternative für Deutschland bewertet daher das türkische Vorgehen als völkerrechtswidrig und verurteilt es entschieden.

(Beifall bei der AfD)

Darüber hinaus fordern wir die Bundesregierung auf, sich dieser Bewertung anzuschließen und auf eine entsprechende Stellungnahme der Europäischen Union zu drängen. Da können wir unser politisches Gewicht bei den europäischen Partnern wieder einmal zum Tragen bringen und deren Bewertung einfordern.

(Zuruf des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])

Staatsminister Annen hat vorhin gesagt, dass wir in Zeiten leben, wo Vergehen gegen das Völkerrecht auch nach einem längeren Zeitraum noch geahndet werden kann. Ich bin gespannt, wie das Auswärtige Amt reagiert, wenn es darum geht, den türkischen Staatspräsidenten für solche Aktivitäten in Haftung zu nehmen.

Wir erkennen ausdrücklich das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen an. Es wird auch anerkannt, dass die Türkei vom Boden der durch die syrischen Kurden besetzten Gebiete aus angegriffen worden ist und somit die Bedingungen des Artikel 51 erfüllt sind, jedenfalls formal. Der türkische Beschuss der Stadt Afrin richtet sich allerdings nicht gegen identifizierte militärische Ziele, sondern gegen die Zivilbevölkerung. Es wird wahllos in die Stadt hineingeschossen. Unschuldige Zivilisten sind die Opfer. Das sollte dieses Hohe Haus verurteilen.

(Beifall bei der AfD)

Ein solcher Einsatz ist unverhältnismäßig und untragbar.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Türkei mit der Fortsetzung ihrer Angriffe die UNO-Resolution für eine Waffenruhe ignoriert und somit die Anstrengungen der Vereinten Nationen behindert.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagen Sie zu Ost-Ghuta? – Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Sie kennen sich ja aus in Syrien!)

Auch das sollten wir nicht hinnehmen.

Durch die mittlerweile dokumentierte Beteiligung regulärer syrischer Truppen aufseiten der Kurden steht außerdem zu befürchten, dass durch die Türkei ein bewaffneter Konflikt mit Syrien an sich und den das syrische Regime tragenden Mächten verursacht wird. Wenn Sie mitbekommen haben, dass dort ganz schnell neue Allianzen geschmiedet wurden und dass man sich angesichts der türkischen Bedrohung plötzlich gemeinsam als Syrer verstand, dann wissen Sie, welcher Sprengstoff in einer solchen Allianzverschiebung steckt und wie schnell ein solcher Konflikt eskalieren kann. Es darf doch nicht im deutschen Interesse liegen, solche Aktivitäten der Türken zu ignorieren, hinzunehmen und zu akzeptieren.

(Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Das haben Sie sich sicher vor Ort gut angeschaut!)

Nein, da muss man den türkischen Freunden sehr schnell sagen, dass hier die Marke weit überschritten ist. Sonst gefährdet das den gesamten Raum, über den wir hier reden, und es kann viel größere Auswirkungen haben. Dagegen sollten wir uns verwahren.

(Beifall bei der AfD)

Es besteht also das Risiko einer unabsehbaren militärischen Eskalation weit über die Region Afrin hinaus.

Aufgrund unserer Gespräche mit dem ägyptischen Botschafter, der übrigens unsere Haltung teilt, bemerken wir, dass die Signale in den Nachbarländern viel eher aufgenommen wurden als bei uns. Da erkennt man die Dringlichkeit der Situation. Man sieht Handlungsbedarf und fordert von uns entsprechende Aktivitäten ein.

Es ist interessant, dass wir uns durch Zahlungen an die Türkei für das Zurückhalten von Flüchtlingen in eine Abhängigkeit begeben haben, sodass wir eben nicht so frei agieren können, wie wir agieren wollen. Ich bin der Meinung, dass wir auch da schleunigst für klare Verhältnisse sorgen. Eine Abhängigkeit von der Türkei wäre in diesem Falle und vor dem Hintergrund eines solchen Konfliktes noch viel gefährlicher. Wir sollten uns dem entgegenstellen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Hampel. Auch Sie haben die Redezeit eingehalten. Es ist ja jetzt üblich, zu loben, wenn jemand die Redezeit einhält. – Als Nächstes spricht für die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion der Kollege Thorsten Frei.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7210248
Wahlperiode 19
Sitzung 20
Tagesordnungspunkt Vorgehen der Türkei in Syrien
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