Ralf KapschackSPD - Absicherung von Solo-Selbständigen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Ich hatte genau wie die Kollegin Sitte in meinen Bürgersprechstunden in den vergangenen Monaten Besuch von Frauen und Männern, die sich selbstständig gemacht haben, aus ganz unterschiedlichen Motiven, in ganz unterschiedlichen Branchen. Aber sie waren alle mit einem ganz konkreten Problem bei mir: Ihre Krankenversicherungsbeiträge sind zu hoch, weil sie sich nicht am tatsächlichen Einkommen orientieren, sondern an einer fiktiven Größe. Das Thema ist gar nicht neu.
(Beifall der Abg. Marianne Schieder [SPD])
Wir haben in der vergangenen Wahlperiode als SPD-Fraktion in einem Positionspapier zu Solo-Selbstständigen gefordert, dass da etwas passiert. Insofern bin ich froh, dass sich im Koalitionsvertrag unsere Idee wiederfindet. Wir haben vereinbart, die Bemessungsgrundlage zu halbieren. Dadurch können die Beiträge deutlich gesenkt werden. Das hilft vielen Menschen ganz konkret.
(Beifall bei der SPD)
Die Zahl der Solo-Selbstständigen ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Deshalb gerät ihre Absicherung bei Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit zu Recht ins Blickfeld. Da müssen wir ran. Deshalb bin ich froh, dass wir heute darüber reden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Rund 3 Millionen Selbstständige haben keine obligatorische Absicherung im Alter. Ehemals Selbstständige sind schon jetzt bei den Beziehern der Grundsicherung deutlich überrepräsentiert, verglichen mit ihrem Anteil an der Bevölkerung. Damit das klar ist: Es geht überhaupt nicht darum, irgendjemanden zu bevormunden. Es geht auch nicht um Planwirtschaft, Frau Schimke. Es geht darum, Frauen und Männer, die sich selbstständig machen wollen, so weit wie möglich dabei zu unterstützen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Gleichzeitig hat die so oft bemühte Eigenverantwortung aber Grenzen, wenn sie erkennbar zulasten der Allgemeinheit geht. Im Koalitionsvertrag – es ist schon angesprochen worden – haben wir deshalb eine Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen vereinbart, die nicht anderweitig obligatorisch abgesichert sind. Sie haben künftig die Wahlmöglichkeit zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und anderen Vorsorgearten. Diese müssen allerdings einige Qualitätskriterien erfüllen. Ich will an dieser Stelle überhaupt keinen Hehl daraus machen: Uns wäre es am liebsten gewesen, wir hätten eine Pflichtmitgliedschaft für Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung hinbekommen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das war leider mit der Union nicht zu machen. Das finde ich schade; denn die Rentenversicherung ist ein Angebot, das auch für Selbstständige jede Menge Vorteile bietet: bei der Erwerbsminderung, bei der Hinterbliebenenversorgung und beim Zugang zu Rehaleistungen. Das als Selbstständiger anderweitig abzusichern, dürfte – erst recht mit kleinem Einkommen – schwierig werden. Ich setze deshalb darauf, dass viele Selbstständige rasch erkennen, wie attraktiv die gesetzliche Rentenversicherung auch für sie ist.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Damit auch das klar ist: Es bleibt für uns dabei, dass wir am Ziel einer Erwerbstätigenversicherung festhalten. Mit ihr wäre ein Wechsel zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit ohne Probleme möglich, ohne dass Schutz und Ansprüche verloren gingen. Der Wechsel zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit wird in Zukunft wahrscheinlich zunehmen. Deshalb sollten wir auch Selbstständigen insgesamt den Zugang zur Arbeitslosenversicherung erleichtern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Ulla Schmidt wird gleich noch etwas zum Bereich der Kulturschaffenden sagen; denn dort ist das Thema von besonderer Brisanz.
Leistungen kosten Geld. Wie bei Kranken- und Rentenversicherung fehlt Selbstständigen der Arbeitgeberbeitrag. Auch hier müssen sie ihre Beiträge selbst erwirtschaften. In welcher Größenordnung das realistisch ist, was in welchem Umfang über welchen Zeitraum der Staat zuschießen sollte, ist eine der Fragen, die längst noch nicht beantwortet sind. Dazu gibt es auch in dem vorliegenden Antrag viele Ideen, aber, ich finde, noch ein bisschen wenig Substanz, was die Finanzierung angeht.
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Deshalb freue ich mich über die Debatte im Ausschuss.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Kapschack. – Als Nächstem erteile ich das Wort dem Abgeordneten Jörg Schneider von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7210288 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 20 |
Tagesordnungspunkt | Absicherung von Solo-Selbständigen |