15.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 20 / Tagesordnungspunkt 17

Roman Müller-BöhmFDP - Europäische Patentrechtsreform

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte diesen Antrag mit dem geplanten Vorgehen für höchst fragwürdig und bedenklich. Der Deutsche Bundestag soll nach Willen der AfD-Fraktion etwas feststellen, was ein Sammelsurium aus falschen und nicht geklärten Aussagen ist. Sie schreiben, dass mit dem Einheitlichen Patentgericht erstmals ein internationales Gericht geschaffen werde, welches Zuständigkeiten im Privatrecht habe. Meine sehr geehrten Damen und Herren der AfD, ich muss doch den Juristen Ihrer Fraktion bestimmt nicht sagen, was Gegenstand von Vorlageverfahren zum Europäischen Gerichtshof sein kann. Sie werden doch über privatrechtliche Verfahren an internationalen Gerichten Bescheid wissen.

Interessant ist vor allem das, was Sie nicht sagen, was Sie verschweigen. Sie sagen, dass die Richterbesetzung nicht korrekt ablaufen werde. Die Stellen werden tatsächlich öffentlich ausgeschrieben, und der Beratende Ausschuss gibt eine Stellungnahme zur Bewerberlage ab. Er hat jedoch nicht die Befugnis, Einfluss auf die Bewerber zu nehmen oder gar jemanden auszuschließen. Sie zeichnen also in diesem Punkt ein gänzlich falsches Bild.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dass die Richterernennung nicht exakt nach deutschem Vorbild verläuft, ist, glaube ich, in einem Europa der verschiedenen Rechtstraditionen nur allzu verständlich. Wir leben hier die europäische Idee, ob es Ihnen gefällt oder nicht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn Ihnen das noch nicht ausreicht: Artikel 17 des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht befasst sich mit der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Da wird ausdrücklich vorgesehen, dass ein Richter im Fall der Befangenheit sich entschuldigen muss und nicht an dem Verfahren teilnehmen kann. Darüber hinaus ist es in höchstem Maße anmaßend, dass Sie sich als Teil der Legislative einen verfassungsrechtlichen Urteilspruch erlauben. Sie greifen damit der judikativen Bewertung vollkommen vorweg. Dabei stellen Sie sich sonst als Hüter der Verfassung dar. Sie offenbaren aber hier in Perfektion, dass Sie selber ein sehr bedenkliches Verfassungsverständnis besitzen. Die Gewaltenteilung lässt grüßen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Europäische Patentübereinkommen wurde von allen Mitgliedstaaten ratifiziert. Man hat sich auf das Verfahren – bis hin zur Patenterteilung – verständigt. Die gemeinsame Durchsetzung und Rechtsprechung nach der Patenterteilung ist damit eigentlich nur folgerichtig. Dem fragmentierten Patentmarkt und den beträchtlichen Unterschieden zwischen den nationalen Gerichtssystemen wirken wir damit entgegen. Genau das schafft Rechtssicherheit und schützt damit kleine und mittlere Unternehmen vor ungerechtfertigten und zahlreichen Klagen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist auch für den Mittelstand ein wichtiger Standortvorteil in der Europäischen Union, und genau das lobt die Patentanwaltschaft, die ja dieses System seit Jahren im Sinne der Anwenderschaft positiv begleitet hat.

Es ist eben nicht so, wie von Ihnen behauptet, dass die gesamte und ausschließliche Zuständigkeit für Patentfragen einem einheitlichen Patentgericht unterliegen soll. Nur wenn es sich um europäische Patentanmeldungen handelt, ist ein Einheitliches Patentgericht ausschließliche Gerichtsbarkeit. Europäische Patentanmeldung, europäische Gerichtsbarkeit – klingt vernünftig, ist es nämlich auch.

Es bleibt aber nach wie vor für deutsche Patente der deutsche Rechtsweg offen. Wir schaffen damit ein rechtsstaatlich vernünftiges System. Gerade an den Schnittstellen nationaler und europäischer Patentrechte werden damit klare Regeln geschaffen. Doppelpatentierung – ja, Doppeldurchsetzung – nein.

Ich frage mich dann aber schon, warum Ihre Fraktion die Benennung eines Prozessbevollmächtigten für die Verfassungsbeschwerde unterstützt hat, gleichzeitig jetzt aber das laufende Verfahren und die Entscheidung unseres höchsten deutschen Gerichtes nicht beachten möchte. Das ist aus meiner Sicht an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren der AfD, jetzt einmal Butter bei die Fische: Sie fordern, das Gesetz abzuschaffen, sagen aber nichts darüber, wie Sie eigentlich den Inhalt des Gesetzes sehen. Wollen Sie das Einheitliche Patentgericht – ja oder nein? Wenn ja, wie wollen Sie es ausgestalten? Sie wissen doch ganz genau, dass alle Ausschüsse den Gesetzentwurf damals einstimmig befürwortet haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt bei einer erneuten Abstimmung genauso wäre.

Wenn auch Sie das Einheitliche Patentgericht sinnvollerweise befürworten, dann war diese Diskussion doch wieder nur eins: Effekthascherei.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Ingmar Jung [CDU/CSU])

Für die Fraktion Die Linke hat Friedrich Straetmanns das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7210301
Wahlperiode 19
Sitzung 20
Tagesordnungspunkt Europäische Patentrechtsreform
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta