16.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 21 / Tagesordnungspunkt 22

Amira Mohamed AliDIE LINKE - Gesetz zur Einführung von Gruppenverfahren

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Durch die im vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagene Gruppenklage soll es Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtert werden, ihre Rechte durchzusetzen. Die Linke teilt dieses Ziel und auch die Analyse, dass es hier aktuell Lücken gibt, ja ganze Instrumente zur Rechtsdurchsetzung fehlen.

Wie dringlich das Thema ist, hat sich spätestens mit dem Dieselabgasskandal gezeigt.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Bis heute ist nicht klar, wie die Bundesregierung mit dem millionenfachen Betrug umgehen will. Ich muss Ihnen sagen: Die Untätigkeit der Bundesregierung ist ein Skandal auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Linke akzeptiert das nicht. Wir fordern Sie auf: Handeln Sie endlich!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nun schlagen die Grünen vor, ein Gesetz zu schaffen, das die Bündelung von individuellen Ansprüchen ermöglicht. Im Entwurf heißt es konkret, dass sich mindestens zehn Personen zusammentun, um einen gemeinsamen Gerichtsprozess, ein Gruppenverfahren, anzustrengen. Das Urteil, das später gefällt wird, gilt dann für alle, die an diesem Verfahren beteiligt waren. Das setzt allerdings voraus, dass die Betroffenen sich einen Anwalt genommen haben.

Für den Einzelnen ist das erst einmal ein Kostenrisiko. Dieses Risiko steigt, wenn die Klägerzahl im Laufe des Verfahrens unter neun sinkt; denn dann ist das Gruppenverfahren nicht mehr möglich, und das halten wir für kritisch.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Was durch diesen Vorschlag auch nicht gelöst wird, ist das Problem der sogenannten Streuschäden. Davon spricht man, wenn es eine große Anzahl von Schäden gibt, die für sich genommen so klein sind, dass der Einzelne die Sache gar nicht weiterverfolgen würde: zum Beispiel die Berechnung zu hoher Versandkosten im Onlinewarenhandel; das einige Cent zu teure Telefongespräch ist ein weiteres Beispiel. Es geht also um kleine Beträge, die zu Unrecht von Tausenden, Hunderttausenden oder gar Millionen Kunden eingefordert werden. Die Linke will nicht, dass große Unternehmen Reibach machen können, indem sie massenhaft ein paar Cent oder Euro zu viel berechnen, weil sie davon ausgehen, dass der einzelne Betroffene deswegen schon nicht klagen wird. Hier braucht es ein einfaches, kostengünstiges Instrument, das die Menschen schützt, und zwar vor jeder Art der Abzocke.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert deshalb einfache und niedrigschwellige Möglichkeiten für die Menschen, zu ihrem Recht zu kommen, und zwar ohne großes Kostenrisiko. Nur das schafft Rechtssicherheit und Gerechtigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn die Bundesregierung Verbraucherrechte tatsächlich schützen und stärken möchte, dann muss sie endlich eine deutliche Ausweitung des kollektiven, des gemeinsamen, Klagerechts veranlassen. Nur so können Verbraucherzentralen und -verbände oder auch Anwaltskanzleien Rechtssicherheit für die Betroffenen herbeiführen.

Dieser Bedarf zeigt sich deutlich an dem bereits erwähnten Abgasskandal. Derzeit existiert ein Flickenteppich von Entscheidungen zu der Frage, ob Dieselfahrzeughalterinnen und -halter aufgrund illegal verbauter Abschalteinrichtungen Anspruch auf Rückgabe oder Schadenersatz haben. Millionen Menschen können ihr Risiko, bei einem Gerichtsprozess zu verlieren und dann auf hohen Kosten sitzen zu bleiben, nicht einschätzen. Sie zögern, zu klagen, und laufen dabei Gefahr, ihre Ansprüche durch Verjährung zu verlieren. Das ist schlicht inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein Weg zur Lösung dieses Problems wäre eine effektive Musterfeststellungsklage, die so ausgestaltet ist, dass alle, die von derselben Sachlage betroffen sind, davon auch profitieren. Konkret: Fällt ein Gericht in einer Sache ein Urteil zugunsten der Verbraucher, können alle von der gleichen Situation betroffenen Personen sich auf genau dieses Urteil berufen und sich bei Gericht einen Titel holen, um damit ihre Rechte durchzusetzen, ohne – ich betone: ohne – selber klagen zu müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre der effektivste Weg, um den Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen.

Die Bundesregierung hat nun angekündigt, dass im November ein Gesetz über die Musterfeststellungsklage verabschiedet werden soll. Wir, Die Linke, setzen uns dafür ein, dass es nicht nur bei der Ankündigung bleibt, sondern dass endlich Taten folgen und die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher auch wirklich gestärkt werden. Beim Abgasskandal droht bereits die Verjährung der Ansprüche der Betroffenen.

Unsere Bundesregierung hat im Verbraucherschutz die letzten Jahre leider im Schlafwagen verbracht; aber keine Angst: Die Linke wird sie wecken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sarah Ryglewski [SPD])

Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Volker Ullrich von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7210580
Wahlperiode 19
Sitzung 21
Tagesordnungspunkt Gesetz zur Einführung von Gruppenverfahren
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