22.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 23 / Tagesordnungspunkt 3

Peter BoehringerAfD - Finanzen und Haushalt

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Geehrter Minister Scholz, zunächst gratuliere ich Ihnen zu Ihrem neuen Amt und wünsche Ihnen eine gute Hand für Deutschland.

(Beifall bei der AfD)

Inhaltlich warten wir vor einer Lagebeurteilung natürlich den ersten Haushaltsentwurf aus Ihrem Ministerium ab. Bereits heute aber ist klar: Die Einnahmeseite des Bundeshaushalts 2018 wird wegen superhoher Steuereinkünfte des Staats erneut beeindruckend hoch sein. Hier zeigen sich wie schon in den Vorjahren die Effekte des Gelddruckens der EZB; der kreditgetriebene Keynesianismus lebt. Alan Greenspan hat einmal gesagt: Gebt mir eine Billion, und ich werfe euch eine Riesenparty. – 2017 hat die EZB die Geldmenge erhöht und so ein gewaltiges konjunkturelles Strohfeuer gezündet. So etwas kann niemals nachhaltig sein; aber es ist 2018 im Haushalt spürbar.

Auch auf der Ausgabenseite besteht weiterhin ein absoluter Ausnahmezustand: fast keine Zinsbelastung auf die Bundesschuld – auch das dank der permanenten Eingriffe der EZB. Das Ergebnis ist die Beste aller Scheinwelten. In diesem Umfeld müsste der kommende Bundeshaushalt eigentlich einen riesigen Überschuss ausweisen. Denn die Ausgabenseite enthält die eigentlich wichtigste Position überhaupt nicht: Die Mittel im Zusammenhang mit den Euro-Rettungs-Risiken – ich glaube, das kann ich im Hinblick auf den Entwurf des Haushalts 2018 vorwegnehmen – fehlen hier noch gänzlich. Damit ist das ganze Haushaltswerk aber unvollständig. Bürgschaften und Garantien müssen in einem seriösen Haushalt über angemessene Rückstellungen eingestellt werden.

(Beifall bei der AfD)

Sie werden eines Tages gezogen, und sie werden dann steuerwirksam.

Sie selbst, Herr Minister Scholz, müssten doch wissen, was es bedeutet, Garantien auszusprechen. Die Bürgschaften der Stadt Hamburg allein für die Rettung der HSH Nordbank lagen bei mehr als 7 Milliarden Euro, also bei der Höhe eines halben Hamburger Jahreshaushalts. Sie wurden zum Teil noch vor Ihrer Amtszeit in Hamburg ausgesprochen, zum Teil, ab 2012, auch in Ihrer Amtszeit. Jahrelang wurde in Hamburg behauptet: Das wird nie fällig. – Ja, nun sind sie doch fällig geworden. Erst vor zehn Tagen wurde bekannt, dass jetzt doch die gesamte HSH-Bürgschaft steuerwirksam wird. Diese Altlasten durch Bürgschaften und Garantien sind also kein rein theoretisches Problem. Das ist heute schon bittere Realität für die Menschen in Hamburg.

(Beifall bei der AfD)

Passen Sie also darauf auf, dass Sie im neuen Amt nicht „Hamburg mal 100“ erben. Der Bund übernimmt für die permanente Euro-Rettung, indirekt und ohne die deutschen Bürger bzw. die Bürgen zu befragen, jedes Jahr Bürgschaften über Hunderte Milliarden Euro, über TARGET2, über EZB-Anleihekäufe, über ESM-Garantien usw.

In einem Interview haben Sie kürzlich gesagt, Deutschland dürfe sich „auf einen seriösen Haushalt freuen“. Ja gut, das wäre dann der Haushalt, der, wie bei den ehrbaren Hamburger Kaufleuten üblich, die Risiken der Euro-Vergemeinschaftung endlich einmal abbildet.

(Beifall bei der AfD)

Ihre Vorgänger, Finanzminister Steinbrück und, bei allem Respekt, auch Finanzminister Schäuble, haben diese vollständige Einbuchung der Euro-Risiken im deutschen Haushalt seit 2005 niemals geliefert. Sie haben nun die nächste Chance dazu, die traditionelle Hamburger Seriosität der Buchführung wiederherzustellen. Herr Minister, glauben Sie der bisherigen BMF-Propaganda von der schwarzen Null nicht! In Wahrheit hat es seit 1969 in diesem Land niemals eine schwarze Null gegeben. Sie treten ein sehr schweres Erbe an. Ob Sie es schon wissen, weiß ich nicht.

(Beifall bei der AfD)

Dieser Bundeshaushalt ist Ihre einmalige Chance, bei der Euro-Rettung Tabula rasa zu machen oder, wie Sie vielleicht sagen würden, klar Schiff. Machen Sie also den Bundeshaushalt ehrlich, und steuern Sie beim Euro auch um. Nach Medienberichten und auch nach Ihrer Rede eben planen Sie leider genau das Gegenteil. Noch mehr EU-ropa, das ist unverantwortlich.

(Beifall bei der AfD)

Zwar ist Ihre Rhetorik irgendwie stabilitätsorientiert: „Wir werden keine Vergemeinschaftung der Schulden haben.“ Das aber ist Sophistik; denn wir haben bereits die Vergemeinschaftung der Schulden und bald auch die des deutschen Sparvermögens. Bereits heute ist die EZB netto die einzige Käuferin italienischer Staatsanleihen. Auch die privaten Banken der Euro-Südländer schieben 800 Milliarden Euro fauler Kredite vor sich her. Sie und die Kanzlerin waren trotzdem vorige Woche in Paris bereit, bei der absurden europäischen Einlagensicherung mitzumachen – Sie haben das bereits zugesagt; Sie haben das eben noch einmal angedeutet –, also deutsche Spar­einlagen in die Gemeinschaftshaftung für diese Zombie­banken zu nehmen. Das war Ihre erste Amtshandlung, nur zwei Tage nach der Vereidigung.

(Zuruf von der AfD: Pfui!)

Ihre Stabilitätsrede ist vor diesem Hintergrund reine Ablenkungsrhetorik. Sie sagten in einem Interview am 18. März 2018, der Begriff der Transferunion sei ein politischer, inhaltsfreier Kampfbegriff. Nein, das ist die täglich milliardenschwere Realität in EU-ropa.

(Beifall bei der AfD)

Wir brauchen auch keinen modernen Haushalt, wie es die Kanzlerin vor vier Wochen hier beschworen hat; wir brauchen einen ehrlichen Haushalt.

(Beifall bei der AfD)

Und: Wir brauchen ganz sicher auch keine Derivat­instrumente aus der Gruselkiste der Finanzalchemie. Zur Beherrschung der faulen Euro-Kredite und zur totalen Sozialisierung der Spareinlagen werden in Brüssel und jetzt auch hier in Berlin tatsächlich wieder Finanzderivate geplant. Das ist die Bündelung guter deutscher Staatsanleihen mit italienischen und spanischen Junk Bonds –

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Och!)

als hätte man aus der Finanzkrise 2008 nichts gelernt. – Herr Schneider, Sie sollten sich an dieses Thema erinnern. Sie waren damals auch schon hier. Sie sind ja einer der hier länger Regierenden.

(Beifall bei der AfD)

Genau diese Derivate waren damals, vor gerade mal zehn Jahren, der Auslöser der Weltfinanzkrise.

Sie selbst, Herr Minister Scholz, haben nach Presseberichten und auch eben noch einmal der sogenannten EU-Bankenunion und damit der Vergemeinschaftung der Spareinlagen bereits zugestimmt.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sind die sechs Minuten nicht langsam um?)

Wir fordern Sie auf, diesen wahnwitzigen Transfersozialismus mit deutschen Sparbillionen, wie heute schon, zu unterlassen.

(Beifall bei der AfD)

Sogar deutsche Bankvorstände und Sparkassenpräsidenten sind zutiefst empört, heute schon, und rufen zu Großdemos vor der EZB auf. Kein deutscher Sparer will diesen Wahnsinn. Unsere nationalen Einlagensicherungssysteme haben sich seit Jahrzehnten bewährt, und nun sollen sie EU-ropäisiert werden. Wollen Sie die deutschen Spareinlagen auf dem Altar von EU-ropa opfern?

Herr Minister, Ihr superschnell erfolgter Besuch in Paris macht uns große Sorgen. Wir werden Sie daran messen, ob Sie die Traumtänzereien vom totalen Europa aus Ihrem gescheiterten Wahlkampf, die letztlich in Paris formuliert wurden, fortsetzen. Vergessen Sie nicht, dass Sie die Koalition der Wahlverlierer sind, dass also ebendieser totale EU-ropawahn 2017 abgewählt wurde!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Da war viel Unsinn dabei!)

Nächster Redner ist der Kollege Ralph Brinkhaus, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Electoral Period 19
Session 23
Agenda Item Finanzen und Haushalt
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