22.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 23 / Tagesordnungspunkt 3

Fabio Valeriano Lanfranco De MasiDIE LINKE - Finanzen und Haushalt

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Finanzminister, ich wünsche Ihnen von Hanseat zu Hanseat eine glückliche Hand in Ihrem neuen Amt. Aber jetzt genug der Zärtlichkeiten.

(Ulli Nissen [SPD]: Ich habe mich schon gewundert!)

Man kann nicht die Integration und den Zusammenhalt in der Gesellschaft dadurch gefährden, dass einem die schwarze Null wichtiger ist als zum Beispiel die Einstellung von Lehrern, die Sanierung von Schulgebäuden …

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir das nicht machen, werden die sozialen Spannungen in Deutschland steigen.

Ein kleines Ratespiel für die SPD-Fraktion: Wer hat das gesagt? – Sigmar Gabriel, SPD-Vizekanzler außer Dienst, falls Sie vergessen haben, wer das ist.

Sie, Herr Scholz, haben gleich einmal klargestellt: Die schwarze Null bleibt. Wer rechnen kann, weiß: Ob schwarze Null oder rote Null – es kommt immer Null dabei heraus.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Der Volksmund sagt: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“ Aber eine alte finanzpolitische Regel lautet: Man soll bei niedrigen Zinsen investieren, weil dies Vermögen für die Zukunft schafft.

Die Investitionslücke bei Krankenhäusern, Schulen oder Wohnraum beträgt 100 Milliarden Euro jährlich. Bei der Rüstung bekommen Sie es ja hin. Aber auch ohne Kredite lassen sich mehr Investitionen finanzieren.

(Beifall bei der LINKEN)

In Deutschland besitzen die 45 reichsten Haushalte so viel wie 40 Millionen Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung. BMW trickst bei Abgasen, aber die Quandts und Klattens kassieren über 1 Milliarde Euro an Dividenden von BMW. Die haben das nicht erarbeitet, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deutschland ist laut der Credit Suisse eines der Länder in Europa mit der größten Ungleichheit der Vermögen und liegt damit sogar auf dem Niveau von Togo und Marokko. Eine seriöse Finanzpolitik erfordert daher eine Vermögensteuer für Millionäre und Milliardäre.

(Beifall bei der LINKEN)

Übrigens: Es war ein CDU-Finanzminister – er sitzt hinter mir –, der Hamburg unter Ihrer Führung zwingen musste – es wäre nett, wenn Sie ein wenig zuhören würden, Herr Scholz –, bei der Warburg-Bank Steuern einzutreiben, weil der Anspruch sonst verjährt wäre. Es ging um über 150 Millionen Euro durch Cum/Ex-Abzocke. Ehrbarer Kaufmann geht anders.

(Beifall bei der LINKEN)

Konzerne wie Apple, Google oder Facebook zahlen in der EU oft weniger als 1 Prozent Steuern auf ihre Gewinne. Erklären Sie das mal einem Mittelständler! Hören Sie auf, sich hinter Luxemburg oder Malta zu verstecken! Wo bleibt die Kavallerie? Deutschland könnte gemeinsam mit Frankreich Quellen- bzw. Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen erheben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wahr ist auch: Weil Deutschland zu wenig investiert und die Löhne wegen der Lohnbremsen der Agenda 2010 nicht hinreichend vom Fleck kommen, droht nun ein Handelskrieg mit Donald Trump; denn wir verkaufen immer mehr und billiger ans Ausland, als wir von dort einkaufen. Dies war eine zentrale Ursache der Euro-Krise. Aber die USA sind nicht Griechenland. Es macht einen Unterschied, ob ein Schäferhund einen Hamster oder einen Pitbull beißt. Stellen Sie sich vor, Herr Scholz, Sie würden Fischbrötchen an der Elbe verkaufen – für einen anständigen Lohn – und ich würde zum Mindestlohn von 8,84 Euro auf der Reeperbahn Astra zapfen. Mein Bier wäre spottbillig. Deswegen würden Sie immer bei mir tanken. Aber ich könnte mir Olafs Fischbrötchen nicht leisten – kein Umsatz für Sie. Irgendwann wären Sie pleite und müssten bei mir anschreiben. Hätte ich einen anständigen Lohn, könnte ich bei Ihnen Fischbrötchen kaufen, und Sie könnten bei mir trinken bis zum Umfallen. Davon hätten wir beide etwas.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Scholz, Sie ernennen den Deutschlandchef von Goldman Sachs zum Staatssekretär. Er soll auch die Regulierung der Finanzmärkte verantworten.

Da kommt jemand von der Heuschrecke … Da stellt sich die Frage, ob er wirklich dem Interesse der Bundesregierung oder denen seines früheren Geschäftsbereiches dient.

(Beifall bei der LINKEN)

Das, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sagte nicht Sahra Wagenknecht, sondern Ihr Koalitionspartner und CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg. Recht hat er.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Draghi, der US-Finanzminister, Frau Weidel von der AfD: Goldmänner und -frauen in der Politik haben wir genug. Wo die sitzen, halten die Steuerzahler ihr Portemonnaie fest, und die Sparkassen haften, weil Zombiebanken wie die Deutsche Bank immer noch zu groß und zu vernetzt zum Scheitern sind.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Einen Vorteil hat es ja: Sie müssen Lobbyisten nicht mehr Ihre Gesetzentwürfe schicken. Die schreiben die jetzt selbst. Aber was kommt als Nächstes? Al Capone im Justizministerium? Jens Spahn, der, seit er 22 ist, von Bundestagsdiäten lebt, als Armutsbeauftragter der Bundesregierung? Daher ein Vorschlag zur Güte: Netflix stellt ja die Serie „House of Cards“ ein. Wie wäre es mit einer neuen Serie „House of Banks“ aus dem Bundesfinanzministerium mit Staatssekretär Jörg Kukies in der Hauptrolle? Es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Das ist unter Niveau!)

Jetzt hat die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7211512
Wahlperiode 19
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Finanzen und Haushalt
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta