22.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 23 / Tagesordnungspunkt 3

Achim PostSPD - Finanzen und Haushalt

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an die Debatte der letzten Stunde anknüpfen. Ich finde es hochinteressant, was diese Bundesregierung in den letzten sieben Tagen alles hätte machen oder unterlassen sollen. Vielleicht fangen wir erst einmal damit an, darüber nachzudenken – der Kollege Brinkhaus hat darauf hingewiesen –: Was sind eigentlich die Ziele, die SPD, CDU und CSU im Koalitionsvertrag vereinbart haben? Was sind eigentlich die großen finanz- und haushaltspolitischen Erfordernisse, die wir zügig angehen müssen, gerade jetzt, wo die Steuereinnahmen hoch sind, wo die wirtschaftliche Lage in Deutschland gut ist und wo es darauf ankommt, die richtigen Prioritäten zu setzen?

Der Bundesfinanzminister hat aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion die richtigen Prioritäten gesetzt. Er hat über Zukunft, über Zusammenhalt und über Europa geredet.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden auf der Grundlage eines guten Koalitionspapiers in den nächsten knapp vier Jahren gute Politik machen und dafür das Geld vernünftig einsetzen. Das ist für meine Fraktion und für mich mit einer soliden Haushalts- und Finanzpolitik gemeint. Ich bin dem Bundesminister der Finanzen, Olaf Scholz, dankbar, dass er überzeugend deutlich gemacht hat, wie ein solcher Weg gelingen kann, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich will aus meiner Sicht schildern, was man für eine ordentliche Finanzpolitik braucht. Man braucht erstens einen soliden Kompass. In guten Zeiten wie diesen ist es eben keine Quadratur des Kreises, sondern möglich, sich um beides zu kümmern: um solide Staatsfinanzen und um nötige Zukunftsinvestitionen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn sich hanseatische Solidität mit nachhaltigen Zukunftsinvestitionen verbindet, dann kann und wird etwas Gutes dabei herauskommen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist eine große gemeinsame Leistung, dass in den vergangenen vier Jahren keine neuen Schulden gemacht wurden. Diese Bundesregierung wird darauf aufbauen und auch in den nächsten vier Jahren keine neuen Schulden machen. Wer aber so tut, als sei die schwarze Null das alleinige Allheilmittel und schon für sich genommen eine Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft, der irrt. Schulden vermeiden ist nötig, aber noch kein politischer Zukunftsplan.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Es geht darum, einen realistischen Blick auf die Rahmenbedingungen zu haben. Der Bundesfinanzminister hat diesen realistischen Blick, und zwar global, europäisch und national. Deswegen sollten wir uns freuen und ruhig etwas stolz darauf sein, dass die konjunkturelle Lage, das Wachstum und die Beschäftigung in Deutschland solide und robust sind wie lange nicht.

Aber wir stehen auch vor fundamentalen Herausforderungen; – einige Kollegen hatten darauf hingewiesen. Das ist nicht zu übersehen. Was tun mit einem US-Präsidenten, der dabei ist, einen Handelskrieg mit Europa und der Welt anzuzetteln? Was tun mit der neuen Supermacht China, die immer deutlicher ihren globalen Führungsanspruch formuliert? Und nicht zuletzt: Was tun mit einem engen politischen Freund und großen Handelspartner Deutschlands, der leider entschlossen ist, die Europäische Union zu verlassen?

Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es drittens richtig und wichtig, dass wir unsere Haushaltspolitik von vornherein im europäischen Kontext denken und anlegen. Der Finanzminister hat darauf hingewiesen: In diesen Tagen, Wochen und Monaten werden die Weichen für eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion, für eine Stabilisierung der Euro-Zone und auch für die Aufstellung vernünftiger, solider und zukunftsorientierter Haushalte in der Europäischen Union gestellt.

Jetzt zu uns – vierter Punkt –: Was machen wir in Deutschland? Wir wollen und werden bei uns in Deutschland einen neuen Aufbruch, eine neue Dynamik hinbekommen. Darauf können Sie sich verlassen; jedenfalls wenn es nach den Fraktionen von SPD und CDU/CSU geht. Alles, was wir uns vorgenommen haben, werden wir umsetzen. Ein normales Weiter-so, ein ambitionsloses Vor-sich-hin-Wurschteln wird es, egal was die Opposition sagt, mit uns nicht geben, und ich will Ihnen auch sagen, warum.

(Beifall bei der SPD – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir ja sehen!)

Lassen Sie mich zwei Beispiele nennen. Wir werden in Bildung und Digitalisierung investieren: 2 Milliarden Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen, 3,5 Milliarden Euro für die Kitas, 5 Milliarden Euro für den Digitalpakt für Schulen und über 10 Milliarden Euro für den Breitbandausbau. Das ist kein Pappenstiel, liebe Kolleginnen und Kollegen. Und: Das ist solide finanziert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Genauso wichtig ist, dass Zusammenhalt und gerechte Lebenschancen gestärkt werden: mit 2 Milliarden Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau, mit 4 Milliarden Euro für die bessere Teilhabe am Arbeitsleben und für einen sozialen Arbeitsmarkt, mit der Anhebung des Kindergeldes und schließlich mit der Abschaffung des Soli für 90 Prozent der Steuerzahler. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verlassen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir schon beim Thema Verlässlichkeit sind: Auch unsere Kommunen haben Anspruch auf Verlässlichkeit und Stetigkeit. Deshalb müssen wir die Grundsteuer erhalten und zügig eine bundeseinheitliche Regelung auf den Weg bringen, die das Aufkommen für die Kommunen sichert; denn mit rund 14 Milliarden Euro ist sie eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Fünftens. Ohne mehr Gerechtigkeit wird die Stärkung des Zusammenhalts in unserem Lande nicht gelingen. Ich will deshalb zwei Punkte herausgreifen, die mir besonders wichtig sind und die mich zugegebenermaßen besonders ärgern.

Erstens. Bei der Besteuerung der Unternehmen in Europa muss endlich Schluss sein mit den Schlupflöchern für Steuertricks und Steuerdumping. Es ist deshalb überfällig, dass wir hierzu gemeinsam mit Frankreich mehr tun als bisher, und wir werden mehr tun als bisher. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Ein besonders trauriges Beispiel für Gier und Maßlosigkeit sind die jüngsten Bonizahlungen an das Topmanagement von VW. Sie sind keinem Menschen zu vermitteln, schon gar keinem Käufer eines Autos,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Erst recht nicht im Aufsichtsrat!)

– und auch nicht im Aufsichtsrat, so ist es –, und erst recht nicht einem Kunden, der Leidtragender der Schadstofftricksereien ist.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch der Aufsichtsrat beschlossen!)

– Liebe Britta, ich habe das Wort, danach kommst du. – Deshalb bin nicht nur ich der Meinung: Wir brauchen dringend schärfere Regelungen, wenigstens zur Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Managergehältern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zusammengefasst: Mit dem richtigen Kompass, einem realistischen Blick auf die Rahmenbedingungen, einem handlungsfähigen Europa und einer verlässlichen, gerechten und mutigen Politik in Deutschland werden wir, wird die neue Bundesregierung erfolgreich sein – und sie wird erfolgreicher sein, als es manchem in diesem Haus lieb ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nächster Redner ist der Kollege Albrecht Glaser von der Fraktion der AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7211516
Wahlperiode 19
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Finanzen und Haushalt
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