Albrecht GlaserAfD - Finanzen und Haushalt
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das mit dem Erfolg werden wir bitter zu erleben haben.
Zum „neuen Aufbruch für Europa“, dem Leitmotiv der GroKo. Die deutsche Politik der vergangenen 25 Jahre hat sich auf das Abenteuer eingelassen, die eigene Währung nicht auf das Fundament der eigenen Volkswirtschaft zu stellen, sondern auf die sehr unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten der derzeit 19 Volkswirtschaften. Zu diesen gehören Schwellenlandökonomien und Volkswirtschaften der ersten Liga der Weltwirtschaft. Ein solcher Vorgang ist weltweit und weltwirtschaftsgeschichtlich vorbildlos, die gescheiterte Lateinische Münzunion im 19. Jahrhundert einmal außen vor gelassen.
Eine Wirtschafts- und Währungstheorie lag diesem Vorgang nie zugrunde, sondern ausschließlich ein politisches Kalkül. Der französische Präsident Mitterrand, der Macron der 90er-Jahre, hatte die Chance gesehen, sich die Aufhebung seines Einspruchs gegen die deutsche Wiedervereinigung politisch bezahlen zu lassen. Er hatte öffentlich erklärt, er liebe Deutschland; deshalb sei er für zwei deutsche Staaten anstatt nur für ein Deutschland, die D‑Mark sei eine Atombombe der Deutschen. So hat er Helmut Kohl zur Abschaffung der D‑Mark gezwungen – eine reine machtpolitische Auseinandersetzung.
In Wahrheit ging es nicht nur um die Währung, wie man damals wissen konnte und heute weiß; es ging um den Plan, auf lange Sicht Zugriff auf die wirtschaftliche Leistung des Nachbarn zu bekommen. Ein Berater von Mitterrand, Monsieur Attali, formulierte öffentlich: „Le boche payera tout“ – die Deutschen – in pejorativer Ausdrucksweise, die er pflegte – werden alles bezahlen.
(Beifall bei der AfD)
In diesen Hintergrund ist der jüngste Plan von Monsieur Macron einzuordnen, Monsieur le Président, mit welchem er einen EU-Finanzminister will, einen gemeinschaftlichen EU-Haushalt, EU-Steuern, eine EU-Bankenrettung, eine EU-Arbeitsverwaltung, kurzum: eine Neugründung der EU, wie er es formuliert. Sieben nordeuropäische Länder haben schon ihre berechtigte Skepsis öffentlich zum Ausdruck gebracht, während Deutschland diesen Vorgang beschweigt und in Ehrfurcht erstarrt. Politische Naivität versus Interessenspolitik.
(Beifall bei der AfD)
Frankreich hat soeben Deutschland mit der absoluten Höhe seiner Staatsschulden überholt: 2,147 Billionen Euro bei einem BIP, das um 1 Billion kleiner ist als das deutsche. Frankreich hat derzeit eine Staatsschuldenquote von fast exakt 100 Prozent des BIP; nach europäischem Recht sind 60 Prozent erlaubt. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, Italien, übertrifft mit ihren Staatsschulden bereits in absoluter Höhe die größere französische Volkswirtschaft. Es geht dabei um 2,4 Billionen Euro; das bedeutet einen relativen Schuldenstand von 130 Prozent gegenüber dem eigenen BIP. 60 Prozent dürfte es betragen; es ist also ein Verstoß gegen europäisches Recht. Von Griechenland mit einer Verschuldungsquote von 190 Prozent des BIP soll erst gar nicht die Rede sein.
Dies alles sind nicht nur Zahlen in Büchern, sondern Lebensrealität. Sie finden ihren markanten Niederschlag im wirklichen sozialen Leben, etwa bei der Jugendarbeitslosigkeit. Sie beträgt in Frankreich über 20 Prozent, in Italien deutlich über 30 Prozent, in Spanien fast 40 Prozent und in Griechenland deutlich über 40 Prozent. Das ist europäische Realität. Vor zehn Jahren betrug der Anteil der EU am Weltinlandsprodukt 25 Prozent, heute noch 17 Prozent, in fünf Jahren wird er noch 10 Prozent betragen. Das ist das Erfolgsmodell EU.
(Beifall bei der AfD)
Man muss sich der Wirklichkeit schon mit großer Leidenschaft verweigern, wenn man das alles nicht sieht. Die EZB ist zur Bad Bank mutiert. Sie hält Staatsanleihen von ebendiesen Ländern im Wert von über 2 Billionen Euro, die auf dem Weltmarkt nicht verkäuflich sind. Deutschland sitzt auf 1 Billion Euro TARGET-Forderungen, deren Beitreibung ungeklärt ist. Die Nullzinspolitik ist eine Enteignung, die die EZB betreibt. Sie kostet die deutschen Sparer pro Jahr 25 Milliarden Euro. Alle, die ein nachhaltiges Leben führen wollen, werden durch die EZB in die Irre geführt.
(Beifall bei der AfD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Euro-Zone hat die Schuldenkrise hervorgebracht – vorhersehbar –, und sie wird die nächste ebenfalls hervorbringen. Wenn man eine wissenschaftliche Bewertung des Euro-Projekts durch ein hochkarätiges wissenschaftliches Institut durchführen ließe, käme ein vernichtendes Urteil heraus. Der Euro war eine politische, keine ökonomische Idee, wenngleich das unablässig mit Emphase von Euromanen und Eurokraten beschworen wird. Der ehemalige Bundesfinanzminister erklärte am 21. August 2011 auf die Frage, warum man bei der Euro-Einführung eine vergemeinschaftete Finanzpolitik vergessen habe – Zitat –:
Schon damals war Deutschland für eine politische Union, fand dafür aber keine Mehrheit. Wir haben uns deshalb entschieden, über die Wirtschafts- und Währungsunion hin zur politischen Einheit zu kommen. Wir hatten
– und haben –
die Hoffnung, … dass der Euro schrittweise die politische Union herbeiführen wird.
Zitat Ende.
Die Hauptursache für das skizzierte Scheitern des Euro kann man in einem Bild zusammenfassen: Wenn man mehrere Kranke und einige Gesunde in ein Bett legt, dann ist es wahrscheinlicher, dass alle krank werden als umgekehrt.
(Beifall bei der AfD)
Ein Erfahrungssatz, der besagen würde, dass die Gesunden die Kranken anstecken, ist infektiologisch eher unbekannt.
(Beifall bei der AfD)
Insbesondere dass ein gesunder Riese dem Bett entsteigt – eine Suggestion, die derzeit mit täglich neuen Zentralisierungsideen vermittelt werden soll –, ist eine völlig abwegige Vorstellung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine Wahnidee.
(Beifall bei der AfD)
Europa hat die Migration versemmelt, Europa hat die Finanzen versemmelt, Europa versemmelt die innere Sicherheit – das alles kommt in diesem Hause nicht vor. Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Kunst des Umgangs mit der Wirklichkeit.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Wer den neuen Menschen will – ich bin sofort am Ende meiner Rede, Herr Präsident –, wer den Kontinentalstaat oder den Weltstaat will, hat vielleicht Thomas Morus, vielleicht auch Immanuel Kant und Karl Marx gelesen, nicht jedoch George Orwell. Leute, die das ins Werk setzen, sind gefährlich. Sie beseitigen die Freiheit, die Demokratie und die Menschenrechte.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das haben Sie schön vorgelesen!)
Und zu den Menschenrechten gehört die Souveränität der Völker. Das sollten Sie alle bedenken.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Jetzt hat das Wort der Kollege Eckhardt Rehberg, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7211519 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 23 |
Tagesordnungspunkt | Finanzen und Haushalt |