22.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 23 / Tagesordnungspunkt 3

Otto FrickeFDP - Finanzen und Haushalt

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Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Michelbach, wie schlimm es schon jetzt um die Koalition in Finanz- und Haushaltssachen steht, können Sie erkennen, wenn Sie sich einfach einmal anschauen, wie die Reaktion der SPD auf Ihre Rede waren: kein einziger Applaus, noch nicht einmal, als die Rede zu Ende war.

(Ulli Nissen [SPD]: Stimmt doch gar nicht! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das ist schon mal falsch! Ich habe applaudiert, nur um das Missverständnis auszuräumen! Schlechte Beobachtung!)

Das zeigt, worauf wir uns in den nächsten Jahren bei dieser Koalition einstellen können.

Herr Minister, Sie werden von mir eher etwas zu Haushaltsaspekten hören. In der FDP werden Sie in den nächsten Jahren eine kritische, aber offene Begleitung finden, und bei jedem guten, konkreten Sparvorschlag, den Sie machen, werden Sie unsere Unterstützung bekommen.

Aber wir lassen Sie nicht durchkommen mit Ihren Aussagen zur schwarzen Null. Eine schwarze Null ist ja per se gut; da sind wir uns wahrscheinlich alle einig. Das hört sich schon einmal ganz gut an. Aber das ist noch nicht einmal Pflicht. Ich habe nachgerechnet – der Kollege Rehberg tut das inzwischen auch und stellt langsam fest, dass es stimmt –:

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Fake News!)

Die Ausgaben der letzten Koalition betrugen ausweislich der Zahlen ihres Hauses 1,25 Billionen Euro. Die bisher geplanten Ausgaben für die kommenden vier Jahre – Ihre Finanzjahre – belaufen sich auf 1,4 Billionen Euro, und Sie sagen, dass noch einmal 45 Milliarden Euro dazukommen. Das heißt: Sie werden in den nächsten vier Jahren etwa 200 Milliarden Euro mehr ausgeben. Wenn Sie mit 200 Milliarden Euro mehr in vier Jahren keine schwarze Null erreichen, ja wann denn dann? Das ist keine Leistung. Das ist nur eine Darstellung dessen, was das absolute Minimum in diesem Land ist.

(Beifall bei der FDP)

Wir sollten ehrlich sein. Sie haben beim Thema Europa sehr geschickt gesagt: Wir nennen keine konkreten Zahlen. – Aber Sie wissen, dass es etwas kostet. Sie haben gesagt: In der Finanzplanung ist das nicht drin. – Das kann man auch noch sagen. Wie viel es sein wird, was an zusätzlichen Belastungen kommen wird, wie viel dieses Land wo auch immer zusätzlich bezahlen wird, werden wir erst im Laufe der Verhandlungen hören, wahrscheinlich an irgendeinem Morgen nach einer Nachtsitzung.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel würden Sie denn geben?)

Wenn Sie sagen, Sie würden den Europäischen Währungsfonds, wie es in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht, weiterhin nach europäischem Recht haben wollen – übrigens nach meiner Meinung nur, um die Letztabsicherung der Banken einzubeziehen –, dann müssen Sie doch diesem Haus und der Bevölkerung ehrlich sagen: Steht zwar drin, geht aber gar nicht. – Denn für eine Vertragsänderung – nur so bekommen Sie sie hin – brauchen Sie ausweislich der Aussagen Ihres Hauses im Haushaltsausschuss alle Mitgliedsländer. Spätestens nach den Aussagen von Herrn Rutte, spätestens nach dem, was die acht Länder gesagt haben, wissen Sie doch, dass das nicht funktionieren wird.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Christian Lindner [FDP]: Genau so ist es!)

Das Parlament und die Öffentlichkeit hinter diese Fichte zu führen, ist zwar nett, gehört sich aber eigentlich nicht.

Was ich von Ihnen erwartet hätte, wäre, dass Sie nicht nur präzise sind bei der Frage, wo Sie beim Sozialstaat die Quote weiter erhöhen wollen, sondern dass Sie auch einmal sagen, wo Sie bei den Subventionen oder der Privatisierung herangehen. Können Sie mir erklären, warum die Bundesrepublik Deutschland ein Telekommunikationsunternehmen haben muss, warum sie ein Post- bzw. Transportunternehmen haben muss? Können Sie mir sagen, warum die Bundesrepublik Deutschland Eigentümer von Flughäfen sein muss, oder können Sie mir sagen, warum die Bundesrepublik Deutschland noch Eigentümer der Commerzbank sein muss? Dazu habe ich nichts gehört. Es wird im Zweifel auch nichts kommen, weil Sie an der Stelle lieber Staatsvermögen haben wollen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, das Problem, das wir in Bezug auf den Haushalt haben, ist, dass es ein atypischer Bereich der Politik ist. Ich bitte Sie: Schauen Sie einmal auf die Regierungsbank zu Ihren vermeintlichen Freunden; ich denke jetzt nicht ans Abendmahl. Das sind diejenigen, die in den nächsten Jahren regelmäßig an Ihren Beinkleidern zupfen werden und mehr Geld haben wollen. Es wird Ihre Aufgabe sein – atypisch für einen Politiker –, nicht immer zu sagen: „Ja, das bekommst du“, sondern zu sagen: Nein, das können wir uns nicht leisten. Nein, das wäre unverantwortlich gegenüber der Zukunft. Nein, das wäre unverantwortlich gegenüber den Enkeln von Herrn Rehberg. Nein, das machen wir nicht, weil wir Verantwortung für die Zukunft zeigen.

(Yasmin Fahimi [SPD]: Das funktioniert nicht!)

Wenn Sie das tun, dann werden Sie ein erfolgreicher Minister, nicht aber mit dem, was Sie heute gesagt haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Vielen Dank, Otto Fricke. – Nächster Redner in der Debatte: Fritz Güntzler für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7211538
Wahlperiode 19
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Finanzen und Haushalt
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