René RöspelSPD - Bildung und Forschung
Herr Präsident, ich wollte nur Zeit sparen und schon mal das Glas nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Antrieb von Forscherinnen und Forschern ist es, Antworten auf Fragen zu finden und Lösungen für Probleme zu entwickeln. Dazu brauchen sie die Freiheit, kritisch zu denken, und finanzielle Mittel. Wer sich mit der Situation in diesem Land einigermaßen auskennt und in den letzten Jahren nicht nur mit Scheuklappen herumgelaufen ist, der weiß, dass Deutschland seit fast 20 Jahren viel gemacht hat und wirklich gut dasteht, übrigens auch dank sozialdemokratischer Initiativen wie der Exzellenzinitiative oder des Paktes für Forschung und Innovation.
(Beifall bei der SPD)
Damit haben wir Forschern das Signal gegeben: Wir geben euch das Geld, forscht frei und zuverlässig. Macht damit, was ihr möchtet. – Allerdings ist ein Pakt auch ein Vertrag; das ist ja kein kompliziertes Wort. Wenn wir Forschern Geld geben, wollen wir auch, dass sie Antworten entwickeln.
Weil es gerade um Wissenschaftsfreiheit geht, kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen: Die Einzigen, die heute die Wissenschaftsfreiheit und die Freiheit von Denken mit Füßen getreten haben, das waren Sie von der AfD.
(Beifall bei der SPD)
Es sind solche Reden wie die von Frau Höchst, die den Menschen im Ausland Sorge bereiten.
(Widerspruch bei der AfD – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ach, du lieber Gott!)
Wenn wir im Ausland sind oder uns mit ausländischen Delegationen unterhalten, dann erleben wir die Bewunderung: Mensch, in Deutschland habt ihr in den letzten Jahren richtig was geschafft. – Wir erleben, anders als vor 20 Jahren, dass Spitzenwissenschaftler aus dem Ausland wieder nach Deutschland kommen wollen, um zu forschen. Angesichts solcher Reden und solcher Äußerungen, wie sie von der AfD und von Pegida im Osten kommen, erleben wir allerdings auch, dass viele Menschen, die gerne in Deutschland arbeiten würden, es sich schwer überlegen, ob sie in ein Land, in dem es Parteien gibt, die solche Äußerungen tätigen, überhaupt kommen wollen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie werden sich daran gewöhnen müssen, Herr Kollege!)
– Nein, ich werde mich nicht daran gewöhnen müssen; denn Freiheit ist ein Bestandteil von Wissenschaft – und Internationalität auch.
(Beifall bei der SPD)
Da kommt es nicht auf Haarfarbe und Augenfarbe an, sondern auf die Freiheit des Geistes, und dafür werden wir weiterhin kämpfen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Die Freiheit vertreten wir!)
Dann dürfen wir übrigens auch von Wissenschaftlern und Forschern Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit erwarten. Eine zentrale Frage ist aus meiner Sicht – und das betrifft die junge Generation, die da oben im Publikum sitzt –: Welche Welt hinterlassen wir den nächsten Generationen, unseren Kindern und Enkeln?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zurufe von der AfD)
Dazu brauchte man gar nicht viel mehr Klimaforschung – denn da ist das meiste an Erkenntnissen schon vorhanden –, sondern mehr Energieforschung, mehr Ressourcenforschung, mehr Materialforschung. Da sind wir auf einem guten Weg, und der Anspruch an uns alle muss sein, das auch tatsächlich umzusetzen. Da können wir alle besser und schneller werden.
(Beifall bei der SPD – Jürgen Braun [AfD]: Sie wollen die Meinungsdiktatur errichten, Herr Röspel!)
– „Meinungsdiktatur“ ist der „qualifizierte“ Zwischenruf der AfD. Ich rede von Freiheit.
Eine der entscheidenden Fragen für die junge Generation ist: Wie wollen wir morgen arbeiten? Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus? Die Stärke Deutschlands ist nicht, dass wir hervorragend ausgebildete Akademiker haben; die haben andere Länder auch. Wir haben die Stärke, eine gut ausgebildete und motivierte Facharbeiterschaft zu haben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege Röspel, gestatten Sie eine Zwischenfrage von der AfD-Fraktion?
Ja, bitte. – Wenn die Zeit gestoppt wird.
Das wird sie natürlich.
Ist es Ihr Begriff von wissenschaftlicher Freiheit, wie Ihr Ex-Kanzler Schröder Herrn Kirchhof behandelt und bezeichnet hat: „Ach, der Professor aus Heidelberg!“?
Sie wagen es also, das Wort von wissenschaftlicher Freiheit in den Mund zu nehmen?
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie waren die Ersten, die entsprechend ausgegrenzt haben. Das zeigt auch sehr stark die Tatsache, wie Sie mit der Expertise, die gerade zum Euro von sogenannten Fachleuten – Professoren und Andersdenkenden – vorgetragen wird, umgehen. Den Begriff „wissenschaftliche Freiheit“ sollten Sie überhaupt nicht in den Mund nehmen.
(Beifall bei der AfD – Zurufe von der SPD)
Wenn hier jemand Wissenschaft diskriminiert hat, dann waren Sie das gerade oder Ihre Kollegin.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Dietlind Tiemann [CDU/CSU])
Und das ist ein wirklich so schwaches Beispiel, da brauche ich gar nicht viel zu antworten. Herr Kirchhof war überhaupt nicht beeinträchtigt, in Heidelberg weiterzuforschen. Und: Ein Kommentar muss in einer pluralistischen Demokratie auch möglich sein. Das ist also gar kein Beweis für Wissenschaftseinschränkungen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die zweite Frage: Wie werden wir morgen arbeiten? Was tun wir heute, damit künftige Generationen von Facharbeitern gut ausgebildet sind, mit dem digitalen Wandel umgehen können? Es ist ganz wichtig, Arbeitsforschung, aber auch Dienstleistungsforschung zu betreiben, weil wir im Bereich der Dienstleistungen viel zu schlecht aufgestellt sind.
Frau Ministerin, ich habe mich gefreut, als ich las, dass Sie eine duale Berufsausbildung gemacht haben. Das schätze ich sehr. Noch anerkennenswerter ist, dass Sie – neben Familie und Beruf – ein Studium draufgesattelt haben. Genau das ist der Weg, sich während der Berufstätigkeit durch ein Studium weiterzubilden.
Sie haben natürlich eine sozialdemokratische Bildungsoption wahrgenommen; denn Sie haben an der Fernuniversität in Hagen studiert. Die hat Sozialdemokrat Johannes Rau gegründet,
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)
damit Menschen, die Familienarbeit leisten und im Beruf stehen, sich weiterqualifizieren und studieren können. Das ist ein Modell für die Zukunft.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7213130 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 23 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |