22.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 23 / Tagesordnungspunkt 7

Siemtje MöllerSPD - Bundeswehreinsatz zur Stabilisierung Iraks

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Immer wenn ich abends zurück ins Camp komme, habe ich das Gefühl, etwas Sinnvolles gemacht zu haben. – Das sagte ein Soldat ganz offen bei einer Begegnung, die sich im Rahmen einer Reise von Mitgliedern des Verteidigungsausschusses unter der Leitung des damaligen Staatssekretärs Grübel ergab.

Die Soldatinnen und Soldaten, die wir dort trafen, empfinden ihre Tätigkeit unisono als sinnvoll und sehr erfüllend. Es wurde betont, wie wertschätzend die Kurden dem deutschen Engagement gegenüberstehen. – Zitat: Der beste Einsatz, in dem ich je war. – Auch seitens der zentralirakischen Streitkräfte wurde die Wertschätzung für das deutsche Engagement hervorgehoben, ebenso wie der Bedarf einer entsprechenden Weiterführung des Einsatzes mit einer Fokussierung auf den Zentralirak.

Mir ist sehr wohl bewusst, wie umstritten dieser Einsatz ist – auch hier in diesem Hohen Hause. Deshalb ist es mir ein Anliegen, Sie zu überzeugen – gerade vor dem Hintergrund der Eindrücke, die ich vor Ort gewinnen konnte.

Ich bin davon überzeugt: Der Irak kann trotz seiner unruhigen Geschichte ein Hoffnungsträger für die Region sein. Vor Ort wurde deutlich: Die Bereitschaft zur gesellschaftlichen Veränderung ist zurzeit im Irak gegeben. Der Wunsch nach nationaler Einheit und wirtschaftlichem Aufschwung überwiegt die innerirakischen Spannungen.

Wir können den Irak dabei begleiten über das Zurückschlagen eines gemeinsamen Feindes und das Erkennen, dass wirtschaftlicher Aufschwung und gesellschaftliches Zusammenwachsen besser als kriegerische Auseinandersetzungen sind und der Pfad zur nationalen Einheit beschritten werden kann. Ich kann das nicht versprechen. Aber die Möglichkeit, ein Land bei der Stabilisierung in dieser Region, die so sehr in Flammen steht, zu begleiten, sollten wir nicht ungenutzt lassen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU])

Der militärische Sieg über den IS gilt als möglicher Wendepunkt für die Herstellung einer verlorengegangenen, vielleicht nie existenten Einheit des Landes. Aber: Noch ist der IS nicht vollständig besiegt, lediglich zurückgedrängt.

Auf der Reise wurde uns gezeigt, wie es dem IS gelungen ist, aus einem einfachen Lkw einen Panzer zu bauen, indem sie Stahlplatten darauf verschweißten und an das Fahrzeug anbrachten. Dieses Kriegsgerät kann nur noch wie ein Panzer bekämpft werden. Es wurde auch wie einer eingesetzt, manchmal sogar über eine handelsübliche Drohne gesteuert, die man bei Toys “R“ Us für 30 Euro erstehen kann.

Dass der IS mit solch simplen Mitteln effektive Kriegsgeräte herstellen und nutzen kann, konnte ich mir vorher nicht vorstellen. Jetzt habe ich die Absolutheit des Zerstörungswillens des „Islamischen Staates“ gesehen. Das hat mich wirklich nachhaltig beeindruckt. Umso wichtiger war und ist eine effektive militärische Ausbildung kurdischer und irakischer Streitkräfte und eine Unterstützung derselben im Kampf gegen den IS, damit sich der Irak in Zukunft selber gegen solche Bedrohungen schützen kann.

Die Bundeswehr hat diese Aufgaben erfolgreich gemeistert. Und ich bin mir sicher, dass sie auch die Aufgaben des veränderten Mandates erfolgreich ausführen wird. Es geht um Aufklärung, See- und Luftraumüberwachung sowie den Austausch und Abgleich von Lage­informationen. Doch die wichtigste Aufgabe wird die Durchführung von spezialisierten militärischen Ausbildungslehrgängen sein. Die Bundeswehr wird konkret die Ausbilder auf irakischer Seite ausbilden. Außerdem sollen die Fähigkeiten der regulären irakischen Streit- und Sicherheitskräfte, besonders der zentralirakischen Streitkräfte, ausgebaut werden: im Bereich von ABC-Schutz, Sanität, Logistik und Minenräumung.

Wie erfolgreich die Bundeswehr dies bereits in Irakisch-Kurdistan getan hat, davon konnten wir uns auf der Reise überzeugen. Diese Arbeit nun in den Zentralirak auszudehnen, ist folgerichtig. Wir haben gezeigt, dass wir die Aufgabe meistern können. Der Irak wünscht sich ein solches Engagement. Wir können den Irak auf seinem Weg beraten und begleiten.

Die Stabilität des Iraks hat nicht nur für die Iraker selbst, sondern auch für Deutschland eine hohe Bedeutung; denn es geht um die Stabilisierung der Region und damit um die Bekämpfung des internationalen Terrors. Auch das Engagement in Erbil muss beibehalten werden. Die deutsche Präsenz auf beiden Seiten, auf kurdischer wie zentralirakischer Seite, wirkt als stützender Faktor und hat erheblich dazu beigetragen, dass die Spannungen, die nach dem Referendum der Kurden entstanden, nicht noch weiter eskalierten.

Ich fasse zusammen: Das deutsche Engagement kann im Irak dazu beitragen, den IS gänzlich zu besiegen. Es kann dazu beitragen, die irakischen Streitkräfte wieder auf eigene Beine zu stellen, und es kann dazu beitragen, das Land zu stabilisieren – ein unschätzbarer Wert in einer Region, die so sehr in Unruhe geraten ist.

Der Einsatz ist bis Ende Oktober 2018 begrenzt. Das ist absolut sinnvoll. Dann können wir prüfen, ob mit dem Mandat die Aufgaben erfüllt werden, und es gegebenenfalls anpassen, sofern das Hohe Haus das möchte. Wir können auch überprüfen, ob dieses Engagement vonseiten des Iraks im Nachgang der Wahlen im Mai 2018 noch gewünscht ist.

Frau Kollegin, denken Sie an Ihre Redezeit.

Ich bin beim letzten und besten Satz.

Beim letzten Satz? Mal gucken, was der letzte Satz ist.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns etwas Sinnvolles tun und dem Mandat zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der war gut. – Dann erteile ich das Wort dem Kollegen Rüdiger Lucassen, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7213141
Wahlperiode 19
Sitzung 23
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz zur Stabilisierung Iraks
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