18.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 25 / Zusatzpunkt 1

Alexander GaulandAfD - Vereinbarte Debatte zur aktuellen Lage in Syrien

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von dem französischen Außenminister de Talleyrand stammt der Rat an seine Mitarbeiter: Pas de zèle. – Bloß kein Eifer; denn falscher Eifer schadet nur. Doch falscher Eifer ist es, was Amerikaner, Briten und Franzosen in Syrien antreibt. Sie haben kein UN-Mandat und keine politische Strategie für das Land. Deshalb, meine Damen und Herren, sind die Angriffe auf vermeintliche Produktionsstätten chemischer Waffen ebenso völkerrechtswidrig wie politisch verfehlt.

(Beifall bei der AfD)

Nun sage bitte niemand, wie es die Premierministerin Theresa May vor dem Unterhaus tat, dass es sich um eine gerechtfertigte humanitäre Intervention zum Schutz der syrischen Bevölkerung gehandelt habe – erstaunlicherweise hat der Außenminister das heute nicht benutzt –, da die Untersuchungen über den vorgeblichen Einsatz chemischer Waffen ja noch andauern. Was für ein Irrsinn, eine Bestrafung vorzunehmen, ohne den Schuldspruch abzuwarten!

(Beifall bei der AfD – Zuruf des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP])

Sehr geehrter Herr Außenminister, Sie haben geschickt auf die Vergangenheit rekurriert. Sie haben nicht gesagt, dass diesmal chemische Waffen eingesetzt worden sind. Nur: Es ging um den Einsatz chemischer Waffen jetzt und nicht um die Vergangenheit.

Meine Damen und Herren, zu gut erinnern wir uns noch an den armen Colin Powell, der mit großem propagandistischem Aufwand die fahrenden Giftgaslabors von Saddam Hussein im UN-Sicherheitsrat vorstellen musste, um sich viel später für seinen Missgriff zu entschuldigen.

(Beifall bei der AfD)

Es war das gleiche Muster: Behaupten, nicht beweisen können und trotzdem schießen.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Assad hat die Waffen eingesetzt!)

Man muss der Bundesregierung ja geradezu dankbar sein, Herr Außenminister, dass sie das Schießen nicht mitgemacht hat. Aber vielleicht war es ja auch nicht der eigenen Einsicht, sondern nur dem Umstand einer kaum noch einsatzfähigen Bundeswehr zu verdanken; denn mit einem, meine Damen und Herren, hat der Kollege Graf Lambsdorff recht: Wenn die Bundesregierung das Schießen so toll findet, dann ist ihr Zögern nur mit der alten Volksweisheit zu erklären: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. – Politik, lieber Herr Außenminister, ist das nicht.

(Beifall bei der AfD)

Dass hinter all dem keine Strategie und kein System stecken, ist offensichtlich. Das beginnt schon mit den hysterischen Reaktionen auf alle, die sich auch nur in Syrien umschauen, wie einige von uns

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)

– es ging um das Umschauen, in der Tat –, oder gar der Meinung sind – da gibt es auch welche –, dass Assad zwar Teil des Problems ist – da gebe ich dem Herrn Außenminister recht –, aber eben auch Teil der Lösung sein muss. Ohne Assad geht es leider nicht.

(Beifall bei der AfD)

Auch hier, meine Damen und Herren, sollten wir eigentlich aus Libyen gelernt haben, dass das Ende einer Diktatur nicht den Anfang einer Westminster-Demokratie bedeutet und dass man immer mit den aktuell Herrschenden reden muss, wo auch immer sie auftreten. Das ist völlig klar.

Außenpolitik ist leider kein Wunschkonzert. Oder, um es in Anlehnung an Otto von Bismarck zu sagen: Wir haben nicht Dogmatik, sondern Politik zu treiben.

Ich behaupte nicht, dass wir wüssten, wie Syrien im Ganzen wieder zu einem halbwegs menschenwürdigen Land werden kann, aber ich bin mir sicher, dass es nur im Gespräch mit Russland und, ja, auch mit Assad gelingen kann. Und ja, meine Damen und Herren, ich bin mir auch sicher, dass Raketen genau wie Sanktionen der falsche Weg sind.

(Beifall bei der AfD)

Denn dass sich in Syrien neben dem Einflusskonflikt der beiden Weltmächte auch noch die regionalen Großmächte Iran, Türkei und Saudi-Arabien bekriegen, macht die Lage so verworren und legt Vergleiche mit dem Dreißigjährigen Krieg in Deutschland nahe, wie sie neulich der Historiker Herfried Münkler, immerhin ein Berater der Bundeskanzlerin, angestellt hat.

(Zuruf der Abg. Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, Deutschland kann nicht viel tun – ich weiß das –, aber es kann Mittler sein, ein ehrlicher Makler zwischen den Konfliktparteien. Dazu braucht es keine Äquidistanz zu den beiden Weltmächten, aber eben doch ein gewisses Verständnis für ein Russland, das wieder oder immer noch in Einflusssphären denkt und den Verlust eines großen Reiches zu Beginn der 1990er-Jahre nicht oder vielleicht noch nicht verwunden hat. Russland bleibt deshalb – und da stimmen einige Worte des Herrn Bundesaußenministers hoffnungsvoll – der Schlüssel zu einem besseren Syrien. Nutzen wir ihn; einen anderen Schlüssel haben wir nicht.

Danke.

(Beifall bei der AfD)

Nächster Redner ist Dr. Johann Wadephul für CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7218676
Wahlperiode 19
Sitzung 25
Tagesordnungspunkt Vereinbarte Debatte zur aktuellen Lage in Syrien
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