Alexander MüllerFDP - Jahresabrüstungsbericht 2017
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um zu Abkommen zur Abrüstung zu kommen, ist ein zäher und oft Jahrzehnte dauernder Prozess nötig. Trotzdem muss immer wieder neu versucht werden, durch internationale Verhandlungen Fortschritte zu erreichen. Der Abrüstungsbericht der Bundesregierung macht deutlich, wie mühselig die internationalen Bemühungen um Abrüstung sind. Wir begrüßen dabei die vielfältigen Aktivitäten, die im vorliegenden Abrüstungsbericht dokumentiert sind.
Es gibt immer wieder Rückschläge bei der Verlängerung und der Kontrolle der Verträge. Trotzdem ist es seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges international gelungen, durch hartnäckige Abrüstungsverhandlungen die Anzahl der nuklearen Sprengköpfe von 64 000 auf heute 15 000 zu reduzieren. So wurden in 30 Jahren immerhin schon drei Viertel des Weges zu Global Zero zurückgelegt, also zu dem Ziel einer Welt ohne Nuklearwaffen. Wir Freien Demokraten verlieren dieses Ziel nicht aus den Augen. Dieser Weg zur atomwaffenfreien Welt muss weiter beschritten werden.
(Beifall bei der FDP)
Trotzdem mussten wir durch Erfahrung lernen, dass dieser Weg nicht über den einseitigen Totalverzicht auf nukleare Abschreckung führt, so wie ihn Grüne und Linke hier beantragt haben. Auch hier in Europa gibt es immer noch Kräfte, die das Völkerrecht mit Füßen treten, die das Budapester Memorandum und die Schlussakte von Helsinki erst unterzeichnen, um dann beides zu brechen. Solange es Mächte gibt, die in militärisch aggressiver Weise ihre friedlichen Nachbarn unterwerfen wollen, müssen wir uns durch Abschreckung selbst verteidigen können. Das ist unsere feste Überzeugung.
(Beifall bei der FDP)
In drei Wochen entscheidet sich die Zukunft des Iran-Abkommens, mit dem es gelungen ist, Iran zu verpflichten, Nukleartechnologie ausschließlich friedlich zu nutzen und die Einhaltung wirksam überprüfen zu lassen. Iran hat sich an alle Regeln gehalten und hat heute kein hochangereichertes Nuklearmaterial mehr. Trotzdem denkt der amerikanische Präsident laut über eine Kündigung dieses Abkommens nach. Es wäre das Ende der Früchte jahrzehntelanger Bemühungen um die Eingrenzung der Verbreitung von Atomwaffen. Wir appellieren an die Bundesregierung und an den französischen Präsidenten, der heute hier in Berlin zu Gast ist, bei ihren Gesprächen kommende Woche in Washington alle diplomatischen Kanäle zu nutzen und auf Präsident Trump einzuwirken, damit dieses Abrüstungsabkommen eingehalten und nicht zerstört wird.
Dasselbe gilt natürlich für den Friedensprozess in Korea. Hier öffnet sich gerade ein Fenster für einen Dialog mit dem nordkoreanischen Präsidenten, der zu einem Friedensprozess der koreanischen Staaten und zu einer Wiedereinbindung Nordkoreas in internationale Nuklearabkommen führen kann. Auch hier müssen wir Europäer alle Gesprächsmöglichkeiten nutzen, insbesondere bei der Gelegenheit in der amerikanischen Hauptstadt nächste Woche, wenn die Kanzlerin auf den amerikanischen Präsidenten trifft.
(Beifall bei der FDP)
Die Ereignisse der letzten Wochen haben uns gezeigt, wie wichtig das Thema Rüstungskontrolle nach wie vor ist. Die Vergiftung der Familie Skripal und der Einsatz von Chemiewaffen in Syrien zeigen: Es ist unfassbar, dass 100 Jahre nach der Ächtung von biologischen und chemischen Waffen durch das Genfer Protokoll und viele weitere Abkommen danach heute noch immer solche Waffen eingesetzt werden.
Die UNO will aktiv untersuchen, wer im syrischen Duma Giftgas eingesetzt hat, doch das Untersuchungsteam der OPCW wird ständig hingehalten, wird beschossen, und die Aufklärung wird systematisch behindert. Im UNO-Sicherheitsrat blockiert Russland Resolutionen zur Sanktionierung der Giftgaseinsätze. Es ist für uns unerträglich, ohnmächtig zuschauen zu müssen, wie in Syrien seit Jahren immer und immer wieder Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt wird.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Umso unverständlicher ist für uns, wenn die Fraktion Die Linke dann bei den Beratungen in den Gremien dieses Hauses spekuliert, die Giftgaseinsätze könnten ja von interessierten westlichen Kreisen inszeniert worden sein.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Unglaublich!)
Angesichts der erdrückenden Faktenlage ist das schlicht zynisch gegenüber den ermordeten Giftgasopfern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE])
Wir sollten in diesem Haus alle ein Interesse daran haben, dass die Aufklärung der Giftgaseinsätze nicht länger behindert wird, und nicht mit kruden Verschwörungstheorien das weitere Verwischen von Spuren betreiben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7219083 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Jahresabrüstungsbericht 2017 |