Sonja SteffenSPD - Enquete-Kommission: Direkte Demokratie
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Ich teile die Ansicht meines Wahlkreisnachbarn Philipp Amthor: Der Antrag der AfD hat tatsächlich ein berechtigtes Anliegen. Es geht um direkte Demokratie. Wenn man aber Ihre internen Debatten verfolgt, dann muss man tatsächlich davon ausgehen, dass Sie das Thema nutzen und missbrauchen wollen, um billigen Populismus zu betreiben und um Ihre Themen durchzusetzen.
(Beifall bei der SPD)
Wir von der Koalition haben dieses Thema aufgegriffen und eine Regelung im Koalitionsvertrag getroffen. Unter der Überschrift „Bürgerbeteiligung“ gibt es die Aussage, dass wir eine Expertenkommission einsetzen, die sich mit dem Thema „direkte Demokratie“ konstruktiv beschäftigen wird. Wir von der SPD-Fraktion sind sehr aufgeschlossen für direkte Demokratie auf Bundesebene.
Warum sind wir aufgeschlossen? Es gibt viele Beispiele dafür, dass auf der kommunalen Ebene gute Erfahrungen mit Volksentscheiden gemacht worden sind. Auch auf Landesebene hat es solche Entscheide gegeben; wir haben das vorhin schon gehört. Herr de Vries hat die Beispiele Tempelhofer Feld und Stuttgart 21 genannt; er hat sie sehr kritisch gesehen. Man muss aber auch sagen: Entscheidungen sind Entscheidungen, und die dürfen wir hier nicht werten.
Ich glaube, dass diese Volksentscheide für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung gesorgt haben. Möglicherweise werden solche Entscheidungen sogar eher akzeptiert, als wenn sie durch Volksvertreter getroffen worden wären.
Wie der Brexit allerdings zeigt, sind Volksentscheide eben auch kein Allheilmittel gegen Politikverdrossenheit. Ich will die Entscheidung der Briten an dieser Stelle nicht werten; das steht mir nicht zu. Aber es ist beispielsweise unanständig, die Wählerinnen und Wähler mit dem Versprechen, es werde viel Geld in den Gesundheitsdienst investiert, zu locken, zu überreden, was sich dann hinterher als komplette Luftnummer erwiesen hat. Noch etwas: Der Volksentscheid muss zwar nicht, kann aber sehr schnell zum Einfallstor der Interessen mächtiger und reicher Gruppen werden. Ein weiterer Punkt ist ebenfalls sehr wichtig: Es geht um den Minderheitenschutz. Der muss weiter gewährt werden. Dazu hat sich Frau Haßelmann vorhin in ihrer Rede schon sehr treffend geäußert.
Schön, dass wir also eine Expertenkommission einsetzen werden, die sich mit diesem Thema intensiv beschäftigen wird. Dort werden Ideen diskutiert und Abwägungen getroffen. Dann wird man sehen, zu welchem Ergebnis die Expertenkommission kommt.
Eines ist jedenfalls klar: Ohne Grundgesetzänderung geht gar nichts. In der Debatte zeichnet sich zumindest eine große Offenheit für das Thema im Parlament ab. Ich freue mich deshalb, dass es sowohl im Innenausschuss als auch in der Expertenkommission diskutiert wird.
Noch eines zum Thema AfD-Antrag. Der Antrag ist inhaltlich tatsächlich sehr oberflächlich formuliert.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
Es hätte ihn nicht gebraucht. Die AfD spielt sich hier als Verfechter der Bürgerbeteiligung auf, während sie gleichzeitig in Thüringen die Kommunalwahl anfechten will und beim Bundesverfassungsgericht beantragt, dass Jugendliche ab 16 zukünftig nicht mehr wählen sollen. Das alles passt für mich nicht zusammen. Vielleicht erörtern wir das mal an anderer Stelle.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank. – Letzter Redner in der Debatte ist Axel Müller für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7219116 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Enquete-Kommission: Direkte Demokratie |