Timon GremmelsSPD - Wohnungsbau
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich dachte schon, die Kolleginnen und Kollegen kommen meinetwegen in den Saal; aber anscheinend liegt es doch nur an der Abstimmung.
Ich freue mich, dass wir uns heute hier mit dem Thema Wohnungsbau beschäftigen. Als ich den ersten Absatz des FDP-Antrags gelesen habe, habe ich gedacht, dass Sie von der FDP die Zeichen der Zeit erkannt haben und ein ernsthaftes soziales Problem adressieren. Der erste Absatz dieses Antrags ist okay. Aber im Hinblick darauf, wie Sie Ihr Vorhaben umsetzen wollen, springen Sie deutlich zu kurz, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP.
Der Mangel an Wohnraum – ich füge hinzu: der Mangel an bezahlbarem Wohnraum – ist die soziale Frage des kommenden Jahrzehnts. Ich finde, dass wir in der Großen Koalition mit Hochdruck an diesem wichtigen Thema arbeiten und auch gute Lösungen vereinbart haben.
(Beifall bei der SPD)
Das ist zum Ersten, die Arbeit der Baukostensenkungskommission fortzusetzen, zum Zweiten, die Initiative für ein Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen, die schon die damalige Bundesbauministerin Hendricks auf den Weg gebracht hat, fortzuführen, drittens, den sozialen Wohnungsbau weiter zu fördern, viertens, ein Planungs- und Beschleunigungsgesetz auf den Weg zu bringen, fünftens, die Digitalisierung des Planens und Bauens gemeinsam mit der Wirtschaft voranzubringen und, sechstens – was mich ganz besonders freut, weil die Koalition, insbesondere die CDU, da ihre Blockade aufgegeben hat –, endlich auch bundeseigene Grundstücke kostengünstig abzugeben, damit sie für den sozialen Wohnungsbau genutzt werden können. Das wäre gut, und es ist längst überfällig.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, was wir ganz sicherlich nicht tun werden, ist, dass wir Wohn- und Klimaschutz gegeneinander ausspielen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Genau das ist der Kern Ihres Antrages. Das ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg.
(Michael Theurer [FDP]: Das haben Sie nicht verstanden! – Daniel Föst [FDP]: Wir wollen sinnvollen Klimaschutz!)
Sie schreiben von überdurchschnittlich gestiegenen Preisen für die technische Gebäudeausrüstung und von energetischen Anforderungen, die sich nach verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen als Kostentreiber erwiesen hätten; allerdings belegen Sie diese Untersuchungen nicht. Ich sage Ihnen: Das ist schlicht und einfach falsch.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe einen Beleg für das, was ich sage – der Kollege Kühn hatte die gleiche Quelle –: Das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden hat Anfang dieses Jahres untersucht, wie das mit den Kosten ist. Dabei kam ganz klar heraus, dass die Gesamtkostensteigerungen durch energetische Auflagen seit dem Jahr 2000 als gering einzuschätzen sind. Von der 36-prozentigen Preissteigerung zwischen 2000 und 2014 fallen gerade einmal 6 Prozentpunkte auf den Gebäudeenergiebereich zurück. Das spricht doch Bände. Sie bauen da einen Popanz auf. Sie wollen die Energiewende im Gebäudebereich nicht und versuchen jetzt, sie gegen die Frage bezahlbaren Wohnraums auszuspielen. Das ist nicht gut, weil Sie die energiepolitische Realität verkennen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Energieeffizienz im Gebäudebereich ist gleich dreimal sinnvoll:
Sie ist sinnvoll für die Mieterinnen und Mieter, weil sie sich von steigenden Energiekosten unabhängig machen. Die Häuser und die Wohnungen, die heute gebaut werden, müssen so beschaffen sein, dass Menschen in den nächsten 50 Jahren darin wohnen können. Wenn wir einmal Geld in die Hand nehmen, dann sollten wir das nachhaltig tun und die Energiekosten, von denen wir nicht wissen, wie sie sich weiterentwickeln, im Blick behalten.
Energieeffizienz ist zweitens für die Wirtschaft günstig, weil die Branche der technischen Gebäudeausrüstung über 150 000 gutbezahlte Ingenieure hat und mehr als 40 Milliarden Euro umsetzt. Eigentlich ist das doch die Sprache, die Sie verstehen. Hören Sie doch einmal auf die Kolleginnen und Kollegen aus dieser Wirtschaftsbranche.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Zum Dritten ist sie gut Klima und Umwelt.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn Sie dieses Thema hier schon ansprechen, dann sollten Sie doch auch bitte an der Stellschraube drehen, bei der das wirklich nutzt, und das ist, wie vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im September 2017 amtlich festgestellt, die Frage mangelnder geeigneter Flächen und zu hoher Grundstückspreise. Das ist doch das eigentliche Problem.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Vor dessen Behandlung drücken Sie sich in Ihrem Antrag; dazu sagen Sie nichts. Die Beseitigung dieses Engpasses ist der entscheidende Faktor für mehr bezahlbaren Wohnraum. Lassen Sie uns doch darüber diskutieren, wenn wir jetzt über die Grundsteuer diskutieren.
(Daniel Föst [FDP]: Machen wir!)
Bodenspekulationen muss im Rahmen einer umfassenden Grundsteuerreform Einhalt geboten werden. Dazu könnten Sie einen Beitrag leisten, nämlich indem Sie die Baukosten nachhaltig reduzieren und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das ist die richtige Stellschraube, von der in Ihrem Antrag mit keinem Wort die Rede ist. Das zeigt einmal mehr, dass die FDP nach wie vor eine Klientelpartei ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP)
Ich sage Ihnen noch etwas: Wenn Sie hier die EnEV zitieren, dann schauen Sie doch einmal, welche Unterschrift unter dieser Verordnung steht. Wer hat die unterschrieben? Gucken Sie mal rein! Ich gebe Ihnen einen Tipp: Das war noch ein Wirtschaftsminister, der Ihr Parteibuch hat. – So viel zur Redlichkeit der FDP.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7219143 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 26 |
Tagesordnungspunkt | Wohnungsbau |