19.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 26 / Zusatzpunkt 5

Jens MaierAfD - Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Nun soll § 26 Nummer 8 EGZPO wieder in die Verlängerung gehen, diesmal vom 1. Juli 2018 bis zum 31. Dezember 2019. Das ist jetzt schon, wenn ich richtig gezählt habe, das siebte Mal. Ursprünglich war für die hier zu treffende Beschlussfassung keine Debatte vorgesehen. Warum auch? Aufgrund des Zeitdrucks kann ja nur noch schnell, schnell reagiert werden. Die Geltungsdauer der bisherigen Regelung läuft am 30. Juni ab. Und dann? Soll man die Gerichte im Regen stehen lassen?

Als ich noch Richter am Landgericht war, haben wir vor jeder Verlängerung gebangt, ob das Parlament sie noch rechtzeitig hinbekommt. Da hieß es: Wenn die Nichtzulassungsbeschwerde plötzlich zulässig wäre, müsste man ja einen Tatbestand ins landgerichtliche Berufungsurteil schreiben. Es wurde auch die zu erwartende Mehrbelastung gesehen. Für den BGH wäre es noch schlimmer ausgegangen. Ich vermute, der Wegfall der Wertgrenze hätte in kurzer Zeit zu einem Verfahrens­tsunami geführt. Es ist aber ganz gut, dass wir heute eine Debatte führen.

In der Begründung des hier vorliegenden Gesetzentwurfs heißt es unter A I:

Durch die vorgesehene Verlängerung der Geltungsdauer der Regelung soll eine bei Auslaufen der Wertgrenze eintretende Überlastung des Bundesgerichtshofs aufgrund der Zunahme von Nichtzulassungsbeschwerden verhindert werden. Auch soll eine ebenfalls zu erwartende Mehrbelastung der Berufungsgerichte abgewendet werden.

Aha, möchte man sagen, darum geht es also!

Richtig ist, dass eine Wertgrenze, die jetzt bei 20 000 Euro liegt, die Anzahl der eingelegten Rechtsmittel reduziert. Kein guter Anwalt legt ein Rechtsmittel ein, das offensichtlich unzulässig ist, weil die erforderliche Beschwer nicht erreicht wird. Es stellt sich aber die Frage, ob die Einschränkung der Rechtsmittelfähigkeit eines Rechtsstreits über den Weg von Wertgrenzen der vernünftige Weg ist.

Auch erscheint die Wertgrenze von 20 000 Euro eher willkürlich gegriffen. Nach dem bis 2002 geltenden Recht lag die Revisionssumme bei 60 000 DM, also gut 30 000 Euro. Die Revisionssumme war bis dahin peu à peu erhöht worden. Keiner konnte einem wirklich sagen, warum gerade diese Summe richtig ist. Seit 2002 gilt nun die Grenze von 20 000 Euro. Aber hier stellt sich die gleiche Frage: Warum ausgerechnet 20 000 Euro, warum nicht 25 000 Euro, warum nicht 15 000  Euro?

Es ist als problematisch zu bewerten, den verfassungsrechtlich garantierten Justizgewährungsanspruch des Bürgers an einer Wertgrenze scheitern zu lassen, weil es doch um das Recht geht, um das Recht des Bürgers geht. Es sollte nicht darum gehen, dem BGH bzw. der Justiz den Arbeitsalltag zu erleichtern.

(Beifall bei der AfD)

Wenn am Landgericht – was die Regel ist – der Einzelrichter durch Urteil entschieden hat, muss am Oberlandesgericht nicht der gesamte Senat, sondern wiederum nur der Einzelrichter tätig werden und entscheiden. 10 000 Euro sind für viele Bürger schon viel Geld, 19 000 Euro für noch viel mehr. Es kann also bei Fällen knapp unterhalb der Grenze von 20 000 Euro passieren, dass zweimal ein Richter entscheidet und es dann aus ist. Halten Sie das für fair? Ist das der Rechtsstaat? Führt dies zur Akzeptanz von Entscheidungen?

Ich bin der Meinung, dass wir die Gelegenheit nutzen sollten, im Ausschuss in Ruhe darüber zu diskutieren, welche Wertgrenze man zugrunde legen soll, ob die Wertgrenze nicht reduziert werden soll und ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, der Verfahrensflut, insbesondere dem Missbrauch von Rechtsmitteln, Herr zu werden. Da bietet sich zum Beispiel die Einführung einer Missbrauchsgebühr im Zivilverfahren an, wie das bei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht oder laut Sozialgesetzbuch möglich ist.

(Beifall bei der AfD)

Die AfD wird der Überweisung des Gesetzentwurfs in den Rechtsausschuss zustimmen. Ich persönlich freue mich auf eine spannende Diskussion im Ausschuss.

Danke.

(Beifall bei der AfD)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort der Kollege Dr. Volker Ullrich.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7219253
Wahlperiode 19
Sitzung 26
Tagesordnungspunkt Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung
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