19.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 26 / Tagesordnungspunkt 11

Christoph BernstielCDU/CSU - IT-Sicherheit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Mehr als 82 000 Cybercrime-Straftaten registrierte das BKA allein im Jahr 2016. Hinzu kommen 253 000 Fälle, bei denen das Internet als Tatmittel verwendet wurde. Im letzten Jahr infizierte das Schadprogramm WannaCry circa 230 000 PCs in über 150 Ländern, und erst kürzlich haben wir uns hier im Bundestag mit einem Hackerangriff auf das Regierungsnetz IVBB befasst, den unsere Behörden zum Glück erfolgreich eindämmen konnten. Es gibt demnach allen Anlass, um hier über das Thema IT-Sicherheit zu sprechen. Und überraschenderweise finden sich in dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen – Kollege Schuster hat es bereits erwähnt – tatsächlich Punkte, denen auch wir zustimmen können.

Sie sprechen sich zum Beispiel dafür aus, die Forschungsförderung für die IT-Sicherheit zu stärken. Das ist zweifellos ein sehr wichtiges Thema. Und genau deshalb fördert das BMBF heute schon das Center for IT-Security, Privacy and Accountability in Saarbrücken mit über 16 Millionen Euro. Ziel des Zentrums ist es, bis 2026 über 500 Forscher zu beschäftigen, die sich ausschließlich mit dem Thema Cybersecurity befassen.

In Ihrem Antrag sprechen Sie sich zudem für eine Stärkung des BSI aus, und Sie wünschen sich mehr Kooperation zwischen den Bundesländern. Bereits heute arbeiten GTAZ und das Internetzentrum im Bundesamt für Verfassungsschutz sehr eng mit den Landesbehörden zusammen. Einigkeit besteht auch bei dem Thema „Sensibilisierung und Schulung von Mitarbeitern in Behörden und Unternehmen“. Speziell für diesen Zweck hat der Bund die Allianz für Cyber-Sicherheit ins Leben gerufen. Die Allianz leistet mit einer Vielzahl von Veranstaltungen wie zum Beispiel den Cyber-Informationstagen einen wichtigen Beitrag zur Beratungs- und Aufklärungsarbeit.

Absolut uneinig sind wir uns jedoch bei den übrigen Punkten Ihres Antrags. Sie reden von anlassloser Massenüberwachung durch unsere Sicherheitsbehörden, die es in Deutschland gar nicht gibt. Wir hingegen wollen rechtsfreie Räume im Internet schließen. Sie reden von Cyberwar-Fantasien. Wir nennen es: die Realität. Sie wollen mehr Regulierung und Kontrollen. Wir wollen mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wollen Eingriffsschwellen für Ermittler erhöhen. Wir wollen Täter schnappen und verurteilen. Sie reden von Spionagesoftware und unterstellen ausgerechnet den Behörden, die zu unserem Schutz da sind, dass diese rechtswidrig handeln. Wir dagegen stehen für Waffengleichheit im Cyberraum, und deshalb werden wir, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das IT-Sicherheitsgesetz weiterentwickeln. Sie sind strikt gegen jede Form der aktiven Verteidigung – auch das klang hier heute schon an –, wie zum Beispiel das Ausschalten von Botnetzen oder das Löschen von gestohlenen Daten auf fremden Rechnern durch einen gezielten Hackback.

Wenn man Ihre Logik in die reale Welt übertragen würde, dann dürfte man einem Einbrecher seine Beute nicht mehr abnehmen, nachdem man ihn geschnappt hat. Das kann doch nicht wirklich Ihr Standpunkt sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen jedenfalls nicht tatenlos am Spielfeldrand stehen, wenn Kriminelle in unsere Netzwerke eindringen, sondern uns aktiv zur Wehr setzen.

Sie wollen Whistleblower stärken und damit den Verrat von sicherheitsrelevanten Informationen auch noch belohnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für uns gilt nach wie vor der alte Grundsatz: Der Zweck heiligt eben nicht alle Mittel.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Besser nicht! Besser nicht!)

Meine Damen und Herren, ich könnte jetzt noch eine ganze Reihe weiterer Punkte aufzählen, aber ich denke, es ist deutlich geworden, dass in dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen eine gehörige Portion Misstrauen gegenüber unseren Sicherheitsbehörden mitschwingt. Ich halte das für absolut unberechtigt und im Übrigen auch für unangemessen. Wir als Union stehen für eine verantwortungsvolle und zukunftssichere Cybersicherheitspolitik, die es ermöglicht, die enormen Chancen und Potenziale der Digitalisierung zu nutzen, ohne dabei die Risiken zu vernachlässigen. Dazu müssen wir unsere Ermittlungsbehörden so ausstatten, dass sie technisch, personell und auch rechtlich in der Lage sind, Kriminellen im Internet die Stirn zu bieten.

Zum Schluss möchte ich die Gelegenheit nutzen, allen Partnern zu danken, die sich im täglichen Kampf für die Sicherheit unseres Landes –

Herr Kollege.

– im digitalen Raum starkmachen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege, die Frage war, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.

Gerne.

Jetzt ist es eigentlich fast zu spät.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Das ist wie beim Fußball! Das war der Abpfiff!)

Das müssen Sie entscheiden.

Also gut. Aber schnell: eine kurze Frage und eine Ratzfatz-Antwort.

Ich bin etwas überrascht. Ich habe jetzt eine Diskussion zwischen Juristen und Politikwissenschaftlern etc. erlebt. Ich bin ganz einfach Diplom-Informatiker, und das, was ich hier in der Diskussion gehört habe, sind sehr viele Schlagworte.

Herr Bernstiel, Sie sagten, dass Sie alle Maßnahmen ergriffen haben. Nehmen Sie zum Beispiel einmal an, dass ein Netzknotenrechner der Deutschen Telekom, dem zentralen Provider, von Huawei kommt und dort Firmware des chinesischen Herstellers installiert ist, die Sie nicht kennen. Was machen Sie dann? Wie operieren Sie? Vorausgeschickt: Wissen Sie überhaupt, was Firmware ist? Es wäre für mich interessant, zu erfahren, was Sie in dem Fall tun? Wie gehen Sie vor?

Die Gesamtdiskussion war für mich etwas losgelöst von der Realität. Deswegen bitte ich Sie: Geben Sie doch ein paar Fakten dazu.

Herzlichen Dank.

Wir sollen schnell antworten. Diese schnelle Antwort kommt jetzt: Dafür haben wir das BSI. Und selbstverständlich weiß ich, wovon Sie sprechen. Bitte unterstützen Sie uns doch bei dem Vorhaben, genau diese Offensivfähigkeiten, von denen ich vorhin gesprochen habe, auszubilden, damit wir in Zukunft in der Lage sind, gegen unsere Feinde im Internet vorzugehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Danke, Herr Kollege Bernstiel. – Nächster Redner: Dr. Jens Zimmermann für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7219274
Wahlperiode 19
Sitzung 26
Tagesordnungspunkt IT-Sicherheit
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