20.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 27 / Tagesordnungspunkt 17

Frank SchwabeSPD - Gewaltexzesse gegen Rohingya

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Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Eigentlich können wir nahtlos an die Debatte, die wir gestern Abend zu später Stunde zum Thema Religionsfreiheit geführt haben, anschließen. Warum? Auch beim heutigen Thema, über das wir leider reden müssen, geht es um Gewalt, in diesem Fall gegen die Rohingya in Myanmar. Ich finde es gut, dass sich eine Reihe von Fraktionen darauf verständigt haben, sich diesem Thema in besonderer Art und Weise zu widmen, und zwei Anträge vorgelegt wurden.

Warum Religionsfreiheit? In der Tat geht es gar nicht so sehr um eine muslimische Minderheit, sondern es geht eher um eine Art ethnischen Konflikt. Es gibt buddhistische Mönche – wer möge das glauben, dass so etwas im Buddhismus möglich ist –, die übelste Hetze begehen und durch ihre Hassreden dazu beitragen, dass Menschen in Myanmar auf bestialische Weise ermordet wurden. Derzeit sind Hunderttausende auf der Flucht. Man kann an diesem Beispiel studieren, was passiert oder was passieren kann, wenn Gruppen von Menschen systematisch marginalisiert, benachteiligt und ausgegrenzt werden.

Im letzten Jahr gab es einen traurigen Höhepunkt in Form von Ausgrenzung und Gewalt gegen die Rohingya. In Myanmar wurden Tausende von Männern, Frauen und Kindern – die genauen Zahlen kennen wir leider nicht – dahingemetzelt. Knapp 700 000 Menschen sind geflohen. Mittlerweile befinden sie sich in Bangladesch, in Cox’s Bazar, wohin schon vorher andere Rohingya geflüchtet sind. Dort leben jetzt 1 Million Menschen in einem der größten Flüchtlingslager der Welt, und das in einem Land wie Bangladesch, das selbst vor enormen Problemen und Herausforderungen steht.

Ich war selbst vor ein paar Jahren in Rakhine State, das ist der Teil Myanmars, wo die Rohingya im Besonderen leben. Zu diesem Teil des Landes erhält die internationale Gemeinschaft zurzeit keinen Zugang. Die Lage war schon damals erbärmlich. Die Menschen haben in einer inselartigen Situation, gefühlt am Ende der Welt gelebt. Es gab schwere Überschwemmungen, als ich dort war. Vielen Menschen ist Hilfe zuteilgeworden, aber leider nicht den Rohingya.

Ich habe damals eine mutige junge Frau getroffen, deren Schicksal ich zum Studium anempfehle: Wai Wai Nu. Sie ist mittlerweile knapp 30 Jahre alt. Sie ist damals mit 18 Jahren ins Gefängnis gekommen und musste dort zusammen mit ihrem Vater und der gesamten Familie sieben Jahre bleiben. Das macht die Tragik der Situation deutlich. Es war nicht immer so, dass es diese massive Ausgrenzung der Rohingya in Myanmar gab. Ihr Vater war einer der führenden Oppositionellen in der Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.

Ich glaube, man muss an dieser Stelle Folgendes sagen: Die Situation in Myanmar ist schwierig, es gibt einen massiven Rassismus, und trotzdem muss von einer Person, die den Friedensnobelpreis erhalten hat und zumindest zum Teil die politische Verantwortung in diesem Land trägt, erwartet werden, sich klarer zu positionieren, sich klarer zum Schicksal der Rohingya zu bekennen und alles zu tun, um deren Marginalisierung zu verhindern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es wird am Ende keine Lösung des Konflikts geben, wenn es nicht zu einer formalen und tatsächlichen Gleichstellung der Rohingya kommt. Die Menschen werden nicht zurückkehren, wenn sie weiterhin erwarten müssen, ermordet zu werden. Deswegen ist die umfassende Staatsbürgerschaft für die Rohingya die Grundlage aller Verbesserungen, die wir anstreben. Myanmar muss den UN und internationalen Beobachtern einen vollen Zugang zum Land ermöglichen. Wir brauchen eine systematische internationale Aufarbeitung der Gräueltaten und eine Untersuchung der Vorwürfe des Völkermords, und wir müssen alle Möglichkeiten des Völkerstrafrechts nutzen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

In der Zwischenzeit müssen wir alles tun, um den Menschen dort, wo sie jetzt sind, zu helfen. Ich habe es gerade gesagt: Ein großer Teil dieser Menschen ist in Bangladesch, einem Land, das selbst große Probleme hat. Wir müssen Bangladesch trotzdem an die internationalen Verpflichtungen erinnern. Wir müssen Bangladesch danken, aber trotzdem einfordern, dass die humanitären Grundlagen eingehalten werden. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass die humanitären Bedarfe gedeckt werden. Zurzeit wird etwa 1 Milliarde US-Dollar gebraucht. Deutschland ist hier aktiv. Die internationale Gemeinschaft kann und muss aber mehr tun. Deswegen will ich auch diese Chance nutzen, um mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen zu sagen: Bei der internationalen humanitären Hilfe steht Deutschland seit einigen Jahren mit an der Spitze. Da müssen wir aber auch bleiben. Wir setzen über 1,7 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe ein. Meine herzliche Bitte ist, dass wir in den Haushaltsberatungen dafür sorgen, dass dieses Niveau zumindest gehalten wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Nächster Redner ist der Kollege Braun, AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7219378
Wahlperiode 19
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Gewaltexzesse gegen Rohingya
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