20.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 27 / Tagesordnungspunkt 17

Daniela De RidderSPD - Gewaltexzesse gegen Rohingya

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Es ist eine uralte Binsenweisheit, ein nahezu durchaus uraltes Phänomen – selbst wenn es die AfD nicht wahrhaben will –: Gerade in schweren Zeiten, in Zeiten sozialer Spannungen und sozialer Umbrüche werden religiöse Minderheiten gerne zum Opfer von Verfolgung und Pogromen. Das sollte gerade uns aus unserer deutschen Geschichte heraus kein unbekanntes Phänomen sein.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Dann schauen Sie mal in die Geschichte von Myanmar!)

Auch die Rohingya, eine muslimische Minderheit im buddhistisch geprägten Myanmar, werden seit Jahrzehnten systematisch ausgegrenzt, verfolgt und ermordet. Das sollten auch Sie zur Kenntnis nehmen.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Es ist genau umgekehrt!)

Denn sie besitzen weder die Staatsangehörigkeit noch andere politische Rechte. Deren Leid – daran machen Sie sich durch Ihre Äußerungen mitschuldig – ist unermesslich und betrifft vor allem Frauen und Kinder. Das haben wir hier schon gehört.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist denen doch egal!)

Ja, dabei sind Regierung und Militär die Drahtzieher, oder sie schauen einfach weg, statt die Situation richtig zu analysieren.

(Jürgen Braun [AfD]: Sie sind einseitig!)

In der Tat ist auch schon das Schweigen der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi kritisiert worden, völlig zu Recht.

Was aber ist der Grund für diese Gewaltexzesse gegen die Rohingya? Wer profitiert eigentlich von deren Leid, von deren Elend? In Myanmar, in einem Land mit weit über 100 Volksgruppen, sind ethnische Konflikte und Spannungen leider an der Tagesordnung. Was aber fast alle Volksgruppen dort verbindet, ist ihr buddhistischer Glaube.

Die Rohingya wiederum sind Muslime: Sie glauben und sie beten anders. Sie sehen anders aus und passen deshalb in den Augen vieler buddhistischer Mitmenschen nicht zur Gesellschaft.

Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Mir schon.

Sie werden verabscheut, gehasst und misshandelt. Sie sind geradezu Sündenböcke einer von Gewalt und Elend gekennzeichneten Gesellschaft. Ja, wir sprechen in der Tat bereits von ethnischen Säuberungen.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Reden Sie doch bitte mal über die Übergriffe auf die buddhistische Bevölkerung seit Jahrzehnten!)

– Vielleicht hören Sie einfach einmal zu. Sie könnten noch eine ganze Menge an Humanität lernen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ja, das mag uns gelegentlich überraschen, weil wir im Westen eigentlich das Bild von einem sehr friedvollen Buddhismus haben. Dass hier die Buddhisten die unterdrückende Mehrheit sind, hat in der Tat etwas, was uns vielleicht überrascht, aber es zeigt doch eines: Nicht die Religion ist der Grund für dieses Völkermorden; die Ursachen liegen offensichtlich viel tiefer. Solange Religion Privatsache ist, ist sie eigentlich nie ein Problem. Sie wird dann zum Problem und zum Konfliktherd, wenn sie durch Macht und Interessen instrumentalisiert wird, und das machen Sie täglich zur Tagesordnung.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Das macht der Islam!)

Genau das passiert aber auch in Myanmar mit den Rohingya. Deshalb, liebe Staatsministerin Frau Müntefering, ersuchen wir Sie auch, alles zu tun, um diesen Völkermord zu stoppen. Lassen Sie uns Mitverantwortung an dieser Stelle übernehmen,

(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])

damit die Regierung in Myanmar davon überzeugt werden kann, dass die Rohingya alle ihre bürgerlichen Rechte brauchen, dass ihnen auch ihre politischen Rechte zuerkannt werden, dass es ihnen möglich wird, sicher und freiwillig aus Bangladesch zurückzukehren – wir haben es schon gehört –, dass die Menschenrechtsverletzungen gestoppt werden, dass die Opfer entschädigt werden können und dass wir auch flankierend eingreifen, um humanitäre Hilfe zu leisten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir ersuchen Sie weiterhin, die Vereinten Nationen anzurufen – auch das haben wir gehört –, damit die Menschenrechtsverletzungen nicht nur aufhören, unterbleiben, sondern auch verfolgt und geahndet werden.

(Zurufe des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind der Auffassung – außer offensichtlich die AfD –, dass die Rohingya in Myanmar oder in Bangladesch genug gelitten haben. Sie haben – nehmen Sie dies doch bitte ausdrücklich zur Kenntnis! – ein Recht auf Würde, ein Recht auf Glaubensfreiheit, ein Recht auf Leben und Unversehrtheit, vor allem auf ein Leben ohne Verfolgung und ohne Angst.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Hören Sie doch mal zu, Kollege Braun!)

Deshalb: Machen Sie sich bitte nicht mitschuldig, sondern unterstützen Sie dieses Anliegen! Sprechen Sie sich aus gegen Verfolgung, gegen Diskriminierung und gegen Völkermord!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Sie sollen zuhören, Kollege Braun! – Gegenruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Martin Patzelt, CDU/CSU.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7219388
Wahlperiode 19
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Gewaltexzesse gegen Rohingya
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