Katja HesselFDP - Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum wohnen in den meisten europäischen Ländern mehr Menschen in den eigenen vier Wänden als bei uns in Deutschland? Warum ist Deutschland innerhalb der EU das Schlusslicht bei der Wohnungseigentumsquote? Sicherlich doch nicht deshalb, weil bei uns die Menschen hier viel lieber zur Miete wohnen, sondern weil es unsere europäischen Nachbarstaaten den Menschen viel einfacher machen, Wohnungseigentum zu erwerben.
(Beifall bei der FDP – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das hätten Sie mit uns machen können, Frau Hessel!)
So beträgt die Wohnungseigentumsquote in Frankreich knapp 58 Prozent, in Großbritannien 64 Prozent und in Italien gar 72 Prozent. In Deutschland liegt sie nach einer Studie von 2016 bei lediglich 45 Prozent. Bei uns werden also offensichtlich Hürden aufgebaut, die es den Bürgerinnen und Bürgern erschweren, in ihrer eigenen Immobilie zu leben.
Eine der größten Hürden ist hierbei die Höhe der Erwerbsnebenkosten und hier vor allem die der Grunderwerbsteuer.
(Beifall bei der FDP – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hätten Sie mit uns alles machen können, Frau Kollegin!)
Gerade junge Familien mit mittleren und kleinen Einkommen bleibt es oft verwehrt, Eigentum zu bilden. Laut einer Studie ist die Wohnungseigentumsquote in der Altersgruppe der 25- bis 35-Jährigen von 23 Prozent im Jahr 1998 auf 15,8 Prozent im Jahr 2013 gesunken. Dafür ist allerdings das Aufkommen bei der Grunderwerbsteuer seit 2005 von rund 4,7 Milliarden Euro auf 12,4 Milliarden Euro in 2016 gestiegen. Das ist mehr als das 2,5-Fache. Hier, liebe Kollegen, läuft nicht nur etwas in die falsche Richtung. Hier läuft etwas gewaltig schief.
(Beifall bei der FDP)
Es kann nicht sein, dass der Erwerb von Eigentum vielen unmöglich gemacht wird, während die Bundesländer hierbei noch ordentlich abkassieren. Eigentlich müsste es den Menschen angesichts der niedrigen Zinsen leichter fallen, Eigentum zu bilden. Das ist aber gerade nicht der Fall; denn neben den Baukosten sind eben auch die Kaufnebenkosten seit Jahren gestiegen.
Gerade die in einigen Ländern in wenigen Jahren verdoppelte Grunderwerbsteuer ist eine große Belastung für die Finanzierung des Eigenheims, vor allem, weil sie aus dem Eigenkapital bezahlt werden muss und dann auch noch sofort zur Zahlung fällig ist. Durch diesen hohen Eigenkapitalbedarf werden gerade junge Familien und Menschen aus einkommensschwachen Haushalten von der Eigentumsbildung ausgeschlossen.
(Beifall bei der FDP)
Eigentum darf aber kein Luxus sein, sondern muss für möglichst viele Menschen endlich Normalität werden; denn Eigentum ist die Basis für Wohlstand, und Wohneigentum ist außerdem ein wichtiger Beitrag zur Altersvorsorge und zur sozialen Sicherheit.
Deshalb wollen wir Freie Demokraten die Trendwende zur Eigentümernation einleiten und in einem ersten Schritt bei der Grunderwerbsteuer einen Freibetrag bis 500 000 Euro einführen, damit die Menschen nicht nur vom Eigentum träumen, sondern ihn auch verwirklichen können, und zwar, wenn sie wollen und wann sie wollen.
(Beifall bei der FDP)
Der Freibetrag soll als Lebensfreibetrag ausgestaltet werden; denn dann haben die Menschen die Freiheit, selbst zu bestimmen, ob sie ihn auf einmal oder nach und nach verbrauchen, je nach ihrer individuellen Lebensplanung.
Die Große Koalition will durch das Baukindergeld die Eigentumsquote steigern. Laut einer aktuellen Studie des Pestel Instituts ist das Baukindergeld dafür aber ungeeignet, da es nur die anspricht, die den Erwerb von Wohneigentum eh schon anstreben. Es verpufft also nahezu wirkungslos.
(Beifall bei der FDP – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Was?)
Es ist eher eine Art Familienförderung, aber kein Schritt in die Richtung einer Eigentümernation. Außerdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf doch jeder selber entscheiden, ob er erst ein Nest baut und dann in die Familienplanung geht oder ob er das umgekehrt machen will.
(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir halten deshalb den Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für wesentlich effektiver und nachhaltiger. Diese Einsicht gibt es auch bei der Bundesregierung. In einer Antwort auf eine Kleine Antwort der Grünen steht:
Erwerbsnebenkosten, zu denen auch die Grunderwerbsteuer zählt, erschweren den Erwerb von Wohneigentum. Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer können Familien den Erwerb von Wohneigentum erleichtern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Union und SPD, Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag einen entsprechenden Prüfauftrag. Geben Sie sich einen Ruck! Stimmen Sie am Ende der Beratungen unserem Antrag zu! Wir haben als Serviceopposition schon einmal vorgearbeitet.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Antje Tillmann, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7219413 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 27 |
Tagesordnungspunkt | Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer |