20.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 27 / Zusatzpunkt 8

Christoph MeyerFDP - Aktuelle Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds

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Danke. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl wir noch nicht am Ende dieser Debatte sind, stelle ich fest, dass es genau richtig war, dass die FDP diese Aktuelle Stunde beantragt hat. Wir konnten ein Meinungsspektrum innerhalb der Koalition sehen, das zeigte, dass niemand aus der CDU applaudierte, wenn ein Kollege aus der SPD sprach. Außerdem zeigte sich ein Aufflackern von Ordnungspolitik in den Reden von Herrn Dr. Hirte und Herrn Dr. Rehberg.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist ein Kompliment, oder was?)

Die Halbwertszeit dieses Koalitionsvertrages liegt bei weniger als 30 Tagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Michael Grosse-­Brömer [CDU/CSU]: Hätten Sie ja anders haben können, wollten Sie ja nicht!)

– Sie wollten ja mit den Grünen zusammen gehen. Ich glaube, Sie sind im Boden versunken, als der Kollege von den Grünen hier seine europapolitischen Vorstellungen vorgestellt hat.

Wir als Freie Demokraten haben bereits im Januar und Februar dieses Jahres eine sehr deutliche Positionierung zum Europäischen Währungsfonds vorgenommen. Wir sagen: Wir stehen einerseits zu der Systematik der europäischen Rettungspolitik. Auf der anderen Seite wollen wir aber die Mitgliedstaaten nicht aus ihrer eigenen nationalen Verantwortung entlassen. Und wenn die Position, die Sie, Herr Hirte, Herr Rehberg, heute hier vorgestellt haben, die Position der Union ist, dann kann man ja mit der Union vielleicht noch zusammenarbeiten.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Oh! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt koalieren die schon mit der SPD! – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Sie haben am 19. November des letzten Jahres gesagt, dass Sie das nicht wollen! Sie hätten das alles machen können!)

Es ist hier das erste Mal, dass Sie deutlich und klar formuliert haben, dass Sie nicht bereit sind, die Spiele der SPD mitzumachen.

(Beifall bei der FDP)

Die Position der SPD – frei nach dem Totschlagargument, man sei für Europa – lautet: Viel hilft viel. Ich frage Sie ganz offen: Wer ist nicht für Europa in diesem Haus, außer vielleicht die AfD?

(Cansel Kiziltepe [SPD]: Teile der FDP!)

Sie wollen alle Probleme am Ende des Tages mit dem Geld der Steuerzahler zuschütten, ob das jetzt der Europäische Währungsfonds ist, ob das ein Euro-Zonen-Haushalt ist oder ob das europäische Schuldverschreibungen sind. Wir haben eben etwas von der Rentenpolitik gehört, wir haben zwischendurch auch noch etwas vom Einlagensicherungsfonds gehört. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Am Ende sollen die Bürgerinnen und Bürger die Zeche für Ihre Fantasien zahlen.

(Beifall bei der FDP)

Das einzig Positive, meine Damen und Herren, an dieser erfreulich offenen Positionierung ist, dass Sie zumindest eine glasklare Position haben. Darüber können wir diskutieren, darüber können wir streiten. Bei der Union, auch wenn wir heute einige ganz überraschende Positionierungen gehört haben,

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Nix überraschend! – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Lesen Sie meine Reden der letzten Monate! Wir erzählen nichts Neues!)

ist dies, wie gesagt, nicht ganz so klar. Wir wissen immer noch nicht, ob es Ihnen darum geht, Beinfreiheit für die Kanzlerin zu schaffen, oder ob es sich in der Tat um eine Art Panikblüte handelt, was den ordnungspolitischen Kurs der Union angeht. Das, was Sie heute gesagt haben, und das, was in der letzten Woche in den Medien diskutiert wurde, ist zumindest ein Zeichen der Hoffnung. Sie haben offensichtlich einige Teile unseres Antrages genauer gelesen und scheinen ihn jetzt kopieren zu wollen.

(Lachen bei der CDU/CSU)

Wir haben da keinen Autorenstolz. Das ist gut. Wir sind Serviceopposition. Die Lernkurve bei Ihnen ist vielleicht flach, aber sie zeigt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der FDP – Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Drücken Sie mal auf Pause!)

Aber, Herr Rehberg, sagen Sie uns doch mal, wie Sie mit dieser SPD diese Position umsetzen möchten.

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Das klappt sehr konstruktiv!)

Die SPD hat schon darauf verwiesen: Der Koalitionsvertrag gilt an dieser Stelle nach wie vor. Am Ende des Tages sind Ihre Positionierungen nichts anderes als ein Feigenblatt,

(Cansel Kiziltepe [SPD]: Genau!)

mit dem Sie kaschieren wollen, dass Sie sich in den Koalitionsverhandlungen von der SPD über den Tisch haben ziehen lassen. Sie werden mit dieser SPD in keiner Weise diese Positionierung, die Sie hier gerade vorgenommen haben, durchhalten können.

(Beifall bei der FDP)

Es ist ja schön, dass Sie, Herr Dr. Hirte, und Sie, Herr Rehberg, sich jetzt hier positionieren. Aber ich finde es dann doch enttäuschend, dass Sie den Haushaltsausschuss in den letzten Wochen bewusst nicht über diese Themen diskutieren lassen wollten.

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Tun wir doch hier! Das ist doch ganz öffentlich! Das muss doch in Ihrem Sinne sein!)

Denn am Ende des Tages wird genau dort, wie Sie ja wissen, Herr Rehberg, die Sacharbeit geleistet.

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Ich verstehe nicht diese Larmoyanz, die Sie an den Tag legen!)

Sie haben jedoch Angst davor, mit der SPD in diese Debatte einzusteigen, die wir hier gerade schon ansatzweise bewundern durften.

(Beifall bei der FDP)

Sie selbst, Herr Rehberg – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin – haben auf eine Zwischenfrage des Kollegen Otto Fricke Anfang Februar geantwortet:

Wir können unsere Position über eine Stellungnahme des Haushaltsausschusses nach Artikel 23 des Grundgesetzes deutlich machen; das ist aus unserer Sicht der richtige Weg …

Etwas später haben Sie gesagt:

Lassen Sie uns das in aller Ruhe debattieren.

Warum vertagen Sie dann mit Koalitionsmehrheit die Debatte über genau diese Punkte seit mehreren Wochen, zuletzt am Mittwoch im Haushaltsausschuss?

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Machen wir doch gar nicht! Was haben Sie denn!)

Wir haben jetzt die Tagesordnung für die Sitzung des Haushaltsausschusses in der nächsten Woche erhalten. Auch da sind Sie wieder nicht bereit, zu diskutieren.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Wir diskutieren doch über die Sache! – Michael Grosse-­Brömer [CDU/CSU]: Wir wollten, dass Sie Ihre erste Rede halten können!)

Deswegen ist der Vorwurf, dass Sie keine Positionierung wollen, weil Sie sich über den Juni und über die Ratssitzung retten wollen, am Ende genau richtig.

Herr Hirte, ich habe Ihnen genau zugehört. Sie haben gesagt, dass Sie eine Positionierung nach Artikel 23 Grundgesetz anstreben. Das heißt aber, wie gesagt, nicht, dass Sie eine Positionierung wirklich vornehmen wollen.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Braucht man eine Parlamentsmehrheit!)

Wir haben am Ende des Tages die Hoffnung auf Sie, auf die Union noch nicht aufgegeben. Wie gesagt, wir haben keinen Autorenstolz. Setzen Sie unseren Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Haushaltsausschusses. Dann können wir sehen, ob Sie auch außerhalb von Plenardebatten bereit sind, Farbe zu bekennen und sich gegebenenfalls gegen Ihren Koalitionspartner zu positionieren.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Kollege Christian Haase für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Guter Mann!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7219475
Wahlperiode 19
Sitzung 27
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds
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