20.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 27 / Zusatzpunkt 8

Christian HaaseCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds

Loading Interface ...
Login or Create Account






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte jetzt keine Zeit, im Konrad-­Adenauer-Haus anzurufen, um zu fragen, ob dort noch Büros frei sind für unsere neue Serviceeinheit.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Ich werde das Anfang nächster Woche einmal machen und mich dann bei Ihnen melden.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Das machen die dann in der nächsten Pause, wenn sie wieder raus sind!)

Meine Damen und Herren, ich bin bekennender Europäer. Ich war noch nie so sehr wie jetzt davon überzeugt, dass wir viele der aktuellen Herausforderungen in Europa nur gemeinsam lösen können. Dazu bedarf es starker Partner. Dazu bedarf es eines starken Europas.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

In den letzten Monaten bin ich auch darin bestätigt worden, dass wir in Europa unsere Probleme selbst in die Hand nehmen müssen und nicht auf andere warten können. Deshalb bin ich froh und glücklich darüber, dass wir uns mit einigen europäischen Partnern darüber einig sind, dass wir politische Themen aufgreifen und miteinander umsetzen müssen. Ich nenne den gemeinsamen Digitalmarkt. Er wird Innovationstreiber sein, er wird langfristig Arbeitsplätze in Europa sichern. Ich nenne die europäische Verteidigungspolitik, die gemeinsame Terror- und Kriminalitätsbekämpfung. Sie wird Europa sicherer machen. Ich nenne den gemeinsamen Kapitalmarkt. Er wird uns wettbewerbsfähiger machen und letztendlich dafür sorgen, dass wir mehr Arbeitsplätze in Europa sichern. Als Letztes nenne ich Wissenschaft und Forschung; hier sind, wie ich glaube, noch Effizienzgewinne auf europäischer Ebene möglich, die wir gemeinsam heben sollten. Ich denke, dass allein mit diesen Themen Europa auch in Zukunft für seine Versprechen, für Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand steht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir sind als CDU/CSU-Fraktion bereit und in der Lage, diese Probleme anzugehen und über Reformen zu diskutieren. Heute sprechen wir über die Weiterentwicklung des ESM zu einem EWF. Unter den Mitgliedstaaten gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen. Ich halte das gar nicht für schlimm. Ich glaube, es gehört zu einer guten Demokratie dazu, dass man seriös diskutiert, untereinander abwägt und irgendwann eine vernünftige Entscheidung trifft. Deshalb ist es auch so wichtig, dass dieser Deutsche Bundestag seine Vorstellungen klar formuliert. Deshalb ist es gut, dass wir die Debatte heute führen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Für mich als Haushaltspolitiker sind dabei einige Punkte immens wichtig:

Erstens. Die nationalen Parlamente als Hort der Demokratie müssen auch zukünftig die wichtigste Rolle spielen.

Zweitens. Ein Weisungsrecht der Europäischen Kommission an den EWF darf es nicht geben.

Drittens. Wir wollen eine Verankerung in den europäischen Verträgen. Einfach ergänzende Vorschriften zu erlassen, wird der Sache nicht gerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und Viertens. Finanzhilfen aus diesem Fonds müssen wir weiterhin mit Auflagen und Reformbemühungen verknüpfen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das soll sich jetzt nicht nach einem erhobenen Zeigefinger anhören, sondern es soll uns ehrlich machen in der Diskussion, in der wir von vornherein klar sagen, was wir wollen. Das entspricht nach meinem Verständnis dem Umgang mit unseren Partnern in Europa.

Der Gedanke zur Selbsthilfe, den ich eben geäußert habe, muss sich durch die Diskussion ziehen. Wir wollen die Eigenverantwortung in den Nationalstaaten nicht schwächen, sondern wir wollen sie stärken. Man kann das durchaus mit einem Freund vergleichen. Auch dem hilft man, wenn es ihm einmal nicht gut geht, gerne aus. Aber man wird natürlich darauf achten: Muss ich das jetzt andauernd machen? Wird es dauernd nötig sein, oder ist es eine einmalige Hilfe? Stimmt vielleicht etwas bei seinem System nicht? – Ich glaube, es gehört für uns dazu, wenn wir nach dem christlichen Menschenbild handeln, dass wir genau danach gucken, ob es systemische Fehler gibt. Wenn ja, dann werden wir sagen: Es bringt nichts, dir nur Geld zu geben, sondern wir müssen auch gucken, dass wir deine Gesamtsituation ändern. – Und wir werden ihn auffordern: Auch du musst bitte ein Stück dazu beitragen, wenn du nicht weiter im Sumpf versinken willst. – Daran denke ich an dieser Stelle, wo wir über die Weiterentwicklung des EWF diskutieren.

Ich finde auch wichtig – das Vorbild ist ja ein wenig der IWF –, eine Beratungskomponente zu haben. Diese brauchen wir. Wir sagen ja immer: Das soll erst am Ende helfen. – Ich glaube, wir müssen mit der Diskussion viel früher anfangen. Wir müssen erst einmal gucken: Wo läuft etwas schief? – Die Beratungskomponente ist für mich ein wichtiger Gestaltungspunkt, um nachher eine Zustimmung bei uns zu erreichen.

Meine Damen und Herren, der EWF muss auf dem Haftungsprinzip aufgebaut werden – das hatte ich gesagt –, er muss zwischenstaatlich organisiert sein, und – auch das ist mir wichtig – er kann allenfalls eine Reaktion auf sogenannte asymmetrische Krisen sein. Einfach zu sagen: „Wir nehmen da Geld heraus, wenn es mit der Konjunktur nicht richtig läuft“, wäre genau der falsche Fingerzeig. Es muss definiert werden, wann asymmetrische Krisen vorliegen. Er darf kein einfaches Konjunkturprogramm sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube, wir müssen mit allen Partnern darüber diskutieren. Es wird in diesen Tagen ja nur von den Vorschlägen von Herrn Macron gesprochen. Sie sind wichtig, und ich will gar nicht sagen, dass er unwichtige Reden gehalten hat. Im Gegenteil: Es war ein wichtiger Anstoß und hat die Diskussion in Gang gebracht. Aber wir müssen mit den Ländern im Osten und denen im Westen sprechen, wir müssen mit den Nordländern und den Südländern sprechen. Ich glaube, nur so kommt man am Ende zu einem Ergebnis, das von allen europäischen Staaten und von der europäischen Bevölkerung getragen wird. Insofern brauchen wir Zeit, um zu diskutieren. Wir sollten nichts übers Knie brechen. Wir brauchen nicht schnell ein neues Europa, sondern langfristig ein besseres.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wort hat die Kollegin Cansel Kiziltepe für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

API URL

Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Cite as Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Retrieved from http://dbtg.tv/fvid/7219650
Electoral Period 19
Session 27
Agenda Item Aktuelle Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds
00:00
00:00
00:00
00:00
None
Automatically detected entities beta