Klaus MindrupSPD - Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu einer CO2-Abgabe
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die sozialökologische Marktwirtschaft braucht klare Leitplanken. Es ist eindeutig: Wir müssen den Ausstoß von Kohlendioxid aus fossilen Quellen deutlich senken. Angesichts der eindeutigen Faktenlage ist heute das Leugnen des menschengemachten Klimawandels aus meiner Sicht schlicht verantwortungslos.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben das Problem, dass die Preise für fossile Energien nicht die ökologische Wahrheit sagen, weil die ökologischen Folgekosten eben nicht eingepreist sind. Wir brauchen daher deutlich erhöhte Preise für den Ausstoß von CO2 aus fossilen Quellen. Das ist eine Aufgabe, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, die wir nicht alleine den Börsen überlassen können. Das ist eine Aufgabe, die wir hier im Deutschen Bundestag erledigen müssen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Noch haben wir diese Aufgabe nicht bewältigt. Deswegen müssen wir jetzt aufpassen, dass wir den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun. Wir haben heute im Umweltausschuss darüber diskutiert, wie wir die Klimaschutzziele in Deutschland erreichen können, was funktioniert hat und was nicht funktioniert hat.
Wir sehen, dass die erneuerbaren Energien eine Erfolgsgeschichte auch für den Klimaschutz sind. Die Emissionen in der deutschen Energiewirtschaft sind allein zwischen 2016 und 2017 um 4,1 Prozent gesunken. Das ist eindeutig auf den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien zurückzuführen. Wir müssen diesen Weg weitergehen. Deswegen ist es gut, dass wir im Koalitionsvertrag den zusätzlichen Ausbau verankert haben und dass wir anstreben, die Ausbau- und Ausschreibungsmengen zu erhöhen. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass das jetzt zügig passiert und nicht verzögert wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Neben den weiteren Ausschreibungen bei den dezentralen erneuerbaren Energien müssen wir darauf achten, dass der Ausbau der Photovoltaik auf den Dächern, die solare Revolution, weitergeht. Da haben wir mit dem Mieterstromgesetz in der letzten Wahlperiode angefangen. Das muss auch weitergehen.
Natürlich müssen wir auch bei der CO2-Bepreisung endlich vorankommen. Denn das ist eine ganz entscheidende Methode, die wir brauchen, um endlich eine ökologischere Marktwirtschaft hinzubekommen. Dabei geht es eben nicht nur darum, dass wir das Klima schützen, sondern es geht auch um unsere Volkswirtschaft: Die besten und sparsamsten Haushaltsgeräte, die beste Haustechnik, die besten und ökologischsten Häuser, die besten Autos, die besten Züge und die besten Kraftwerke sollen aus Deutschland kommen. Da hilft eine vernünftige CO2-Bepreisung. Deswegen ist die Industrie gemeinsam mit den Gewerkschaften dafür, dass wir das machen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schauen wir uns die augenblickliche Situation an: Es gibt eine Reform des europäischen Emissionshandels; das hat Frau Ministerin Schulze schon gesagt. Im Augenblick steigen die Preise. Wir wissen aber nicht, wie das weitergeht; das muss man klar sagen. Es gibt aber etwas, das auf Dauer wirkt: Wir können Kohlendioxidemissionen aus dem Emissionshandel herausnehmen. Das ist ein ganz wichtiger Teil dieser Reform. Es wird den Wasserbetteffekt nicht mehr geben, dass das Kohlendioxid, das bei uns nicht mehr ausgestoßen wird, in anderen Ländern ausgestoßen wird. Das ist ein ganz entscheidender Schritt nach vorne.
Wir müssen die Preisentwicklung parallel dazu beobachten. Ich denke, dass ein Mindestpreis nach dem Vorbild von Großbritannien ein sinnvoller Weg ist, den wir einschlagen sollten. Das ist wichtig, weil wir damit zeigen, dass wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen und dass es nicht im Falle von steigenden Preisen – nach dem Motto „Planerfüllung durch Plankorrektur“ – politische Eingriffe gibt. Wir müssen jetzt deutlich machen: Wir brauchen stabile Preise. Damit senden wir das Signal, dass sich Investitionen in effiziente Kraftwerke und erneuerbare Energien lohnen.
Wenn wir den CO2-Preis erhöhen, werden die Strompreise an der EEX steigen. Aber die Differenzkosten werden dazu führen, dass die EEG-Umlage sinkt. Davon haben die Haushalte etwas; das ist wichtig. Wir werden gleichzeitig Lösungen für die energieintensive Industrie finden. Auch das geht.
Wir brauchen natürlich ein klares System der CO2-Bepreisung in den Sektoren, die nicht dem europäischen Emissionshandel unterliegen. Da herrscht im Augenblick – das muss man leider sagen – Kraut und Rüben. Eine Tonne CO2 bei Erdgas wird im Augenblick mit 27,30 Euro besteuert, bei schwerem Heizöl mit 8,10 Euro. Das ist nicht systematisch, und das müssen wir vereinheitlichen. Das ist etwas ganz Wichtiges.
Und: Wenn wir das tun, müssen wir natürlich dafür sorgen, dass die Gelder transparent verwendet werden. Es gibt das Beispiel aus der Schweiz. Was wir für den Klimaschutz einnehmen, muss den Bürgerinnen und Bürgern und der Industrie natürlich wieder zurückgegeben werden, um ihnen zu ermöglichen, in klimafreundliche Technologien zu investieren. Da gibt es gute Lösungen. An dieser Stelle können wir von anderen Ländern lernen.
(Beifall bei der SPD)
Wir sollten die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft nicht unterschätzen. Ich komme gerade vom Richtfest eines siebengeschossigen Holzhauses in Berlin-Wedding – klimafreundlich, mit einem klimaneutralen Baustoff, sozialverträglich von einer Genossenschaft gebaut. Also, es geht. Haben wir mehr Mut! Packen wir es an!
Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Mindrup. – Nächster Redner – das ist seine erste Rede im Bundestag, die er jetzt halten wird – ist Stefan Schmidt für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7221153 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 28 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu einer CO2-Abgabe |