26.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 29 / Tagesordnungspunkt 7

Rainer SpieringSPD - Berufsbildungsbericht 2018

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Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Vorab: Kollegin von der AfD, wenn mir meine Redezeit dafür nicht zu schade wäre, würde ich mich tatsächlich Sequenz für Sequenz mit Ihrem unsäglichen Unsinn und Ihrer Unkenntnis zur Berufsbildung auseinandersetzen.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Aber das werde ich natürlich nicht tun. Nur eines: Dass Sie sich noch nie mit Berufsbildung auseinandergesetzt haben, macht Ihre Rede deutlich. Keine Kenntnisse! In der Schule würde man sagen: Sechs, setzen!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Jetzt zur Sache. Das ist für mich ein bewegender Moment. Ich habe dankenswerterweise die Sprecherfunktion für die Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft bekommen und werde den Bildungsausschuss verlassen.

(Michael Theurer [FDP]: Was soll uns das sagen?)

Das tut mir wirklich weh,

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

weil die Berufsbildung für mich eine Herzensangelegenheit ist.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ist das ein Aufstieg in der SPD?)

Die letzten Jahre mit Ihnen hier im Parlament habe ich trotz unterschiedlicher Meinungen genossen. Ich durfte auch durchaus Erkenntnisse gewinnen, die ich vorher nicht hatte. Herzlichen Dank an alle dafür!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Theurer [FDP]: Landwirtschaft ist auch wichtig!)

Ich bin mir aber sicher, dass ich in Yasmin Fahimi eine ganz tolle Nachfolgerin habe, die für die Sache brennt. Man muss sich für Berufsbildung Zeit nehmen und ein Herz dafür haben. Darauf kommt es an.

Die berufliche Bildung ist eines der zentralen Standbeine der Wirtschaft in Deutschland. Auf vielen Delegationsreisen und vor allen Dingen bei Besuchen ausländischer Delegationen in Deutschland wurde uns immer wieder signalisiert: Ja, auch wir können Akademiker gut ausbilden, auch wir können gute Ingenieure ausbilden, aber eines haben wir nicht, euer duales Berufsausbildungssystem. – Vertreter aus dem Ausland haben mir immer wieder ihren Eindruck gespiegelt: Ein Großteil des wirtschaftlichen Erfolges dieses Landes basiert auf der dualen Berufsausbildung mit all dem, was dazugehört.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, dass wir diesen erfolgreichen Weg weiterbeschreiten müssen, aber wir müssen unsere Bemühungen auch intensivieren. Wir müssen uns der beruflichen Bildung mit all dem, was dazugehört, noch viel intensiver widmen.

Uns liegen hier Anträge von der Linken, der FDP und den Grünen vor. Ich habe mir die Anträge sehr genau angeschaut und sage Ihnen: In jedem dieser Anträge stehen Wahrheiten.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)

Man sieht aber auch, dass die Stakeholder beteiligt waren. Das finde ich nicht weiter schlimm. Aber ich kann mit großem Selbstbewusstsein sagen: Die Sozialdemokratie kommt auch ohne diese Stakeholder aus. Sie hat sich eine eigene Meinung gebildet.

(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Was soll das denn heißen? – Michael Theurer [FDP]: Die SPD hat keinen Antrag!)

Frau Ministerin, in Ihrer Rede – auch das sage ich mit großem Selbstbewusstsein – habe ich fast die SPD pur wiedergefunden. Dafür herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD – Michael Theurer [FDP]: Wo ist dann Ihr Antrag?)

– Ich komme gleich noch zur FDP, sogar sofort, Kollege.

Der Bundespräsident hat sich dankenswerterweise eine Woche seines sehr vollen Arbeitslebens der beruflichen Bildung zugewendet. Er hat gesagt: Wir brauchen mehr Wertschätzung für die berufliche Bildung. – Besser kann man es nicht zum Ausdruck bringen. Wenn man sich der Berufsbildung und den Chancen der Berufsbildung zuwendet, muss man aber auch sagen: Wertschätzung drückt sich in unserem Land immer auch materiell aus. Im Gegensatz zu der Kollegin von der AfD sage ich sehr deutlich: Die Berufsbildung hat eine Zukunftsperspektive, Berufe haben eine Perspektive; aber Wertschätzung muss sich auch in Entlohnung ausdrücken. Wenn akademische Bildung und berufliche Bildung gleichwertig sein sollen, dann müssen sie auch in materieller Hinsicht, in der Entlohnung, gleichgestellt werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Meinen Sie jetzt im öffentlichen Dienst?)

Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wir halten nicht nur Sonntagsreden. Sie waren die letzten vier Jahre hier nicht dabei; aber – das muss ich ehrlicherweise sagen – auch in den Jahren davor habe ich nicht bemerkt, dass Sie im Bereich der Berufsbildung viele Akzente gesetzt hätten. Sie können uns aber jetzt auf dem Weg, die Berufsbildung zu befeuern, gerne begleiten. Wir nehmen den Diskurs mit Freude auf.

Ich kann das Haus nur auffordern, die Berufsbildung nicht zum Zentrum parteilicher Auseinandersetzung zu machen, sondern die Berufsbildung in den Fokus unserer gemeinsamen Interessen zu nehmen. Der Wirtschaftsstandort Deutschland lebt von der dualen Berufsausbildung.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wertschätzung bedeutet auch – das hat die Ministerin angesprochen – eine Mindestausbildungsvergütung. Und ich sage Ihnen: In einem Land wie Deutschland, das so reich ist, muss der Stundenlohn des Facharbeiters diese Wertschätzung widerspiegeln. Das heißt: Wir reden von mindestens 15, 16 Euro pro Stunde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Jetzt habe ich meine Redezeit leider überschritten. Zum eigentlichen Kernpunkt meiner Rede, der Berufsschule, bin ich gar nicht gekommen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wenn das mal gut war!)

Dazu sage ich Ihnen: Die zweite Säule der Berufsausbildung, die schulische Berufsausbildung, müssen wir viel stärker in den Fokus nehmen. Wir müssen viel mehr in die Berufsschulen und die universitäre Berufsausbildung investieren. Wir müssen die Methoden- und Didaktikkompetenz wieder stärker an den Universitäten vermitteln – das wurde schon beschrieben –; denn dort gehört das hin. Im Gegensatz zu Ihrer Vorgängerin habe ich bei Ihnen den Eindruck, dass Sie das auch tun wollen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Eine tolle Ministerin!)

Ich hoffe, dass die CDU/CSU-Fraktion Ihnen auf diesem Wege folgen kann. Kollege Rupprecht, die Zukunft wird zeigen, ob Sie das können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wenn die SPD ihr folgt, ist das schon einmal gut!)

Vielen Dank, Herr Kollege Spiering. – Sie haben zu Recht festgestellt, dass Sie die Redezeit überschritten haben. Aber da es in diesem Bereich, wie Sie sagten, Ihre wahrscheinlich letzte Rede gewesen ist, war ich sehr großzügig. Ich kann aber sicher sagen: Auch gesunde Ernährung hat eine große Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

(Rainer Spiering [SPD]: Danke schön!)

Als Nächstes spricht für die FDP der Kollege Dr. Jens Brandenburg zu uns.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7221625
Wahlperiode 19
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Berufsbildungsbericht 2018
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