26.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 29 / Zusatzpunkt 6

Linda TeutebergFDP - Aktuelle Stunde zu den Korruptionsvorwürfen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vieles ist gerade schon gesagt worden – viel Richtiges, viel Notwendiges, eigentlich Selbstverständliches. Vieles davon wenigstens zwei Jahre zu spät. Wichtig ist, dass es jetzt nicht beim absehbaren Ablauf bleibt: eine Empörungsmaschine, mit großem Staunen; man spürt, dass sich was ändern muss, und dann passiert doch nichts. Die Bundesregierung ist hier gefragt. Dass die rechtsstaatlich gesteuerte Migration eine zentrale Herausforderung dieser Legislaturperiode ist, war klar. Umso verwunderlicher ist es dann, dass die Aufstockung von Personal beim BAMF und auch bei anderen wichtigen Bundesbehörden keine Priorität in Ihrem Koalitionsvertrag hat, obwohl die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung gesagt hat, dass bei diesem Thema wie durch ein Brennglas Probleme sichtbar geworden sind.

(Beifall bei der FDP)

Zugleich möchte ich deutlich machen, dass es nicht nur eine Frage von Quantität, sondern auch von Qualität ist. Ja, es braucht mehr Personal; aber die Probleme, die wir anhand dieses Einzelfalls erkennen, sind struktureller Natur. Ihnen können wir nicht nur mit mehr Personal begegnen. Jenseits des Fehlverhaltens Einzelner, um das es in diesem konkreten Fall geht, geht es eben um strukturelle, systemische Probleme, die das Ausmaß des Skandals, den wir noch aufzuklären haben, erst ermöglicht haben. Herr Kollege Middelberg, da kann ich Ihnen nicht ersparen, dass wir schon ein bisschen genereller werden und auf die Probleme eingehen. Denn der Einzelfall bringt erst die Aufmerksamkeit für diese Probleme.

Herr Castellucci, Sie haben gerade gesagt, wir dürften nicht sagen, dass hier ein Vertrauensproblem vorliegen könnte. Aber mein Kollege Thomae hat ganz recht: Dass zum Beispiel erkennungsdienstliche Behandlungen unterlassen wurden, wissen wir schon unabhängig von den konkreten Ermittlungen bezüglich der betroffenen Mitarbeiter. Und das ist ein Sicherheitsproblem.

(Beifall bei der FDP)

Bundesminister Seehofer hat angekündigt, sein Ziel sei flächendeckende Sicherheit in Deutschland und gesteuerte Migration. Die Vorgänge beim BAMF allerdings zeigen: weniger ankündigen und zügig aufräumen, das ist hier gefragt.

(Beifall bei der FDP)

Es muss uns darum gehen, dass wir Asylverfahren von hoher rechtsstaatlicher Qualität haben, die in angemessener Zeit bearbeitet werden. Uns muss es um Verfahren gehen, die den berechtigten Sicherheitsinteressen unseres Landes Rechnung tragen. Voraussetzung dafür sind eine zuverlässige Feststellung der Herkunft und der Identität der Geflüchteten und bei Bedarf und entsprechenden Hinweisen auch eine gründliche, zuverlässige Sicherheitsüberprüfung. Gerade hier hat es – das ist durch Recherchen einiger Medien und durch parlamentarische Anfragen erst zutage getreten – deutliche Lücken gegeben, und zwar bei der Namenserkennung, bei der Dialekt­erkennung, bei der Auslesung von Mobilfunkdaten – das alles sind notwendige Hilfsmittel für eine Plausibilitätsprüfung – und auch bei der Qualität und Unabhängigkeit der Dolmetscher.

Zum Thema „Sicherheitsüberprüfung beim BAMF“. Ich fand das sehr interessant. Dialektik ist ja eigentlich eine Spezialität der linken Seite, intellektuell ziemlich anspruchsvoll. Aber Herr Staatssekretär Mayer, auch Sie haben uns im Ausschuss verkaufen wollen, dass die tagesaktuelle Bearbeitung von Sicherheitshinweisen, zu der man beim Sicherheitsreferat des BAMF aufgrund von Überforderung überging – vorher wurden immer Einschätzungen an die Sicherheitsbehörden weitergegeben –, ein Mehr an Sicherheit ist. Natürlich: Wenn es darum geht, Informationen schneller weiterzugeben, dann ist das ein Mehr an Sicherheit. Wenn aber die eine Behörde in Hinweisen ertrinkt und deshalb die Informationen ohne Filterung und ohne vernünftige Rasterung einfach nur an andere Behörden weiterleitet, aber in den anderen Behörden auch nicht mehr Personal vorhanden ist, dann ertrinken die dortigen Mitarbeiter ebenso in den Hinweisen.

(Stephan Thomae [FDP]: Das ist nicht Dialektik!)

Deshalb ist tagesaktuelle Bearbeitung nur dann sinnvoll, wenn vorher nach vernünftigen Rastern gefiltert wird, sodass die Mitarbeiter, etwa beim Bundesamt für Verfassungsschutz und bei anderen Bundesbehörden, damit gut weiterarbeiten können.

(Beifall bei der FDP)

Schließlich brauchen wir mehr und qualifiziertes Personal beim BAMF. Wir brauchen ein neues, wirksames Qualitätsmanagement. Wenn Sie dies konzentriert und rechtsstaatlich angehen, wenn Sie, statt Masterpläne anzukündigen, endlich die meisterhafte Umsetzung geltenden Rechts gewährleisten, dann haben Sie uns als konstruktive Serviceopposition an Ihrer Seite, dann können Sie auf uns zählen.

Danke.

(Beifall bei der FDP)

Nächster Redner ist Detlef Seif für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7222036
Wahlperiode 19
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Korruptionsvorwürfen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
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