Sonja SteffenSPD - Änderung der GOBT - Überschneidung von Sitzungen-
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Wir beschäftigen uns in dieser Woche wieder einmal mit einem AfD-Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung. Diesmal geht es darum, dass Sie die Überschneidungen von Bundestags- und Ausschusssitzungen beklagen. Ich sage das gleich am Anfang: Allein mit Ihrem überflüssigen Antrag behindern Sie einmal mehr die produktive Parlamentsarbeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Allerdings greift Ihr Antrag eine Frage auf, die mir von fast jeder Besuchergruppe gestellt wird: Warum sind bei den Bundestagsdebatten so viele Stühle frei? Ich bin immer sehr dankbar, wenn diese Frage gestellt wird, weil ich dann die Gelegenheit habe, meinen Besucherinnen und Besuchern zu erklären, wie der Arbeitstag einer Bundestagsabgeordneten hier in Berlin so aussieht. Ich kann ihnen erklären, dass die Abgeordneten, die gerade nicht im Plenum sind, nicht etwa in der Sauna oder im Biergarten sitzen,
(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Oder im Urlaub wie Herr Baumann!)
sondern in Ausschüssen und Fachgesprächen, weil sie dort ihre Facharbeit leisten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich kann ihnen auch erklären, dass der Arbeitstag einer Abgeordneten in den Sitzungswochen nicht selten 15 bis 16 Stunden täglich dauern kann, manchmal auch länger. Es ist schlicht nicht möglich, jede Sitzungswoche 20 bis 40 Stunden im Plenum zu sitzen und gleichzeitig gute Facharbeit zu leisten.
(Beifall bei der SPD)
Frau Steffen, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der AfD?
Nein.
In Ihrem Antrag bemängeln Sie die Überschneidung von Sitzungen des Deutschen Bundestages mit Sitzungen der Ausschüsse. Aber leider bieten Sie keinen Lösungsansatz für dieses Problem an.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich frage mich ernsthaft, warum ein so inhaltsleerer Antrag gestellt wird, übrigens wieder mit einer extrem kurzen Vorlaufzeit. Er wurde uns am Dienstagabend um 22 Uhr zugestellt.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Herr Baumann kam gerade aus dem Urlaub!)
Das Plenum startet mittwochs um 13 Uhr. Vorher finden die Ausschusssitzungen statt. Wann, wenn nicht während der Plenarsitzungszeiten, sollen wir uns mit Ihrem Antrag beschäftigen? Hier wäre etwas mehr Kollegialität Ihrerseits sehr wünschenswert.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Der war so schnell gestrickt, dass sogar das Thema Flüchtlinge nicht vorkam!)
Aber vielleicht hat der Kollege Straetmanns recht: Vielleicht können Sie es auch nicht besser.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
In Ihrem heute vorliegenden Antrag steht kein Wort davon, wie es anders gehen soll. Welche praktischen Vorschläge haben Sie? Möchten Sie mehr Sitzungswochen im Jahr? Möchten Sie kürzere Plenar- und Ausschusssitzungen? Möchten Sie zusätzliche Sitzungstage, vielleicht noch am Samstag oder am Sonntag?
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Herr Gauland will länger hier sitzen!)
In Ihrem Antrag ist dazu nichts zu finden, übrigens auch nicht in Ihrer Brandrede, Herr Brandner, und auch nicht in der Büttenrede von Herrn Braun.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Wie Sie wissen müssten, ist das Zustandekommen von Plenar- und Sitzungsterminen weder Zufall noch unüberlegt.
(Abg. Stephan Brandner [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage.
(Beifall bei der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Sie hatten mich doch angesprochen! – Gegenruf des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sie haben keine Ahnung, wie es funktioniert!)
Ganz im Gegenteil, der vereinbarte Ablauf einer Sitzungswoche ist das Ergebnis ausführlicher Beratungen im Ältestenrat. Wenn Sie sich den Sitzungsplan einmal genauer angeschaut hätten, dann wäre Ihnen aufgefallen, dass die Ausschüsse in der Regel gerade nicht parallel zum Plenum tagen. Davon gibt es Ausnahmen. Eine dieser Ausnahmen haben Sie in Ihrem Antrag genannt. Das ist der Haushaltsausschuss. Wie Sie aber vielleicht auch wissen sollten, nimmt der Haushaltsausschuss wieder eine besondere Rolle im Parlament ein. Hier sind der Zeitdruck und die Arbeitsbelastung noch größer.
Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Jahr zwei Haushalte zu beschließen: den für 2018 und den für 2019. Im Rahmen der Beratungen müssen wir die Haushaltspläne aller Ministerien prüfen und auch die zuständigen Minister anhören. Insgesamt müssen 22 Einzelpläne bearbeitet werden. Allein für die Befragungen kommen 100 Stunden zusammen.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wann soll Herr Baumann Urlaub machen?)
Wie, bitte schön, stellen Sie sich das vor? Soll der Haushaltsausschuss schon montags und dienstags tagen, parallel zu den Fraktionssitzungen und zu den Fachausschüssen? Wann sollen die Haushälterinnen und Haushälter sich mit unseren Fachpolitikern rückkoppeln?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
All das wird in Ihrem Antrag nicht beantwortet. Anscheinend möchten Sie zukünftig 40 Sitzungswochen statt 21 im Jahr, allerdings fände dann de facto keine Wahlkreisarbeit mehr statt.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Ist doch Urlaub!)
Aber das ist vielleicht Sinn und Zweck Ihres Antrages.
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Vielleicht ist das übrigens auch der Grund, weshalb einige – das sind nicht wenige – Kollegen der AfD bis heute kein Wahlkreisbüro haben.
(Ulli Nissen [SPD]: Hört! Hört!)
Interessant war übrigens, wie hysterisch Sie reagiert haben, als die Kollegin Haßelmann das erwähnte.
Ja, es ist richtig, die Taktung der Sitzungstermine hier im Bundestag ist eng. Über Verbesserungen können wir konstruktiv nachdenken, aber nicht aufgrund Ihres Antrages. Jedenfalls wäre, wie schon eingangs gesagt, vielen geholfen, wenn Sie von der AfD die Arbeit des Parlaments nicht noch mit solch unnötigen Anträgen aufhalten würden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das werden wir Ihnen nicht versprechen!)
Der Kollege Brandner hat eine Kurzintervention beantragt.
(Zurufe von der SPD: Oh!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7222168 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 29 |
Tagesordnungspunkt | Änderung der GOBT - Überschneidung von Sitzungen- |