Thomas LutzeDIE LINKE - Bürokratieentlastung für Unternehmen
Werter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als eine der letzten Amtshandlungen der rot-grünen Koalition wurde 2005 die heute noch im Wesentlichen bestehende Regelung zur Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge beschlossen. Statt am 15. des Folgemonats wurden die Beiträge zur Sozialversicherung nun noch vor Ablauf des laufenden Monats fällig. Dies verschaffte den Sozialkassen damals ein kurzfristiges Liquiditätsplus von rund 20 Milliarden Euro.
Allerdings hatten die Sozialkassen damit nicht 20 Milliarden Euro mehr, sondern sie hatten diese 20 Milliarden Euro lediglich zwei bis zweieinhalb Wochen früher. Dies wurde schon damals von uns kritisiert und als üble Flickschusterei bezeichnet.
(Beifall bei der LINKEN)
Hinzu kommt, dass diese zusätzliche Liquidität der Kassen auf Kosten der Liquidität von beitragszahlenden Unternehmen ging. Damit nicht genug, mutet diese Regelung der Wirtschaft bis heute einen unfassbar hohen Erfüllungsaufwand zu. Statt einer Spitzabrechnung der tatsächlich entstandenen Arbeitsstunden und -entgelte müssen die Unternehmen ihre Abschläge schätzen und de facto 24 statt 12 Abrechnungen durchführen. Das kostet die deutsche Wirtschaft – und hier zitiert der FDP-Antrag den Nationalen Normenkontrollrat vollkommen korrekt – fast 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.
(Beifall der Abg. Sandra Weeser [FDP])
Es ist also kein Wunder, dass sich die derzeitige Fälligkeit aufgrund der tatsächlichen Kosten und des realen Arbeitsaufwands keiner großen Beliebtheit bei den deutschen Unternehmen erfreut. Auch hier hat die FDP den Bericht des Normenkontrollrats richtig gelesen.
Die Linke steht für eine Stärkung der Sozialversicherung in Deutschland. Dafür haben wir in den letzten Jahren immer wieder Vorschläge gemacht. Für eine solide und zukunftsfeste Finanzierung der Sozialkassen halten wir statt immer neuer Leistungskürzungen vor allem die Stärkung der Einnahmeseite für notwendig.
(Beifall bei der LINKEN)
Bürgerversicherung, die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen und die Einbeziehung aller Einkommen sind hier nur einige ganz grundsätzliche Stichworte unserer Vorschläge.
Was die Sozialversicherung jedoch nicht stärkt, ist bloßes Jonglieren mit der Liquidität – und schon gar nicht zu den derzeit entstehenden Bürokratiekosten. Deshalb sagen wir als Linke: Wir haben an vielen Punkten deutliche Differenzen zur FDP, aber an dieser Stelle – der Normenkontrollrat wurde gerade zitiert, und die Sachen sollten entsprechend abgearbeitet werden – unterstützen wir den Vorschlag, den die FDP dem Deutschen Bundestag vorgelegt hat.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
– Kleinen Moment noch. – Ob die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge deshalb gleich auf den drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats verlegt werden muss, wie es die FDP vorschlägt, oder ob auch die Rückkehr zum 15. des Folgemonats ausreicht, ist eine Detailfrage, die wir sehr gerne im Ausschuss diskutieren können.
Nun ein Wunsch an die FDP für die Zukunft: Entwickeln Sie doch auch für andere gesellschaftliche Gruppen eine ähnliche Empathie wie für die von Bürokratiekosten geplagten Unternehmer. Hartz IV zum Beispiel ist ein wahres Bürokratiemonster,
(Beifall bei der LINKEN)
das die Betroffenen nicht nur Zeit und Nerven kostet, sondern vielen Betroffenen auch ihre Würde raubt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In diesem Sinne: Danke für Ihre Aufmerksamkeit und ein herzliches Glückauf.
(Beifall bei der LINKEN)
Als Nächstes spricht Claudia Müller, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7222182 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 29 |
Tagesordnungspunkt | Bürokratieentlastung für Unternehmen |