26.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 29 / Tagesordnungspunkt 17

Bärbel BasSPD - Zugang für Beamte in die gesetzliche KV

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um meinen geschätzten Koalitionspartner schon einmal in Wallungen zu bringen, will ich vorweg sagen: Es ist ja nicht unbekannt, dass die SPD für die Bürgerversicherung ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssten uns über den Antrag der Linken nicht unterhalten, wenn wir ein gemeinsames Versicherungssystem hätten. Das ist Fakt. Die Probleme, die wir hier diskutieren, die auch die Linke in ihrem Antrag anspricht, resultieren aus diesen zwei unterschiedlichen Systemen, die nebeneinander existieren und unterschiedliche Voraussetzungen haben.

Man muss das noch einmal erklären: Man kann ja aus ideologischen Gründen gegen eine Bürgerversicherung sein.

(Zurufe von der CDU/CSU)

– Ich wusste, dass ich Sie damit kriege. – Trotzdem möchte ich auf das Thema, das hier zur Debatte steht, eingehen. Die Beamten haben – das wurde hier gerade angesprochen – ein Wahlrecht. Es ist aber kein echtes Wahlrecht. Ein Beamter kann zwar entscheiden, ob er in die gesetzliche oder in die private Krankenversicherung geht. Wir müssen uns aber fragen: Wer geht denn in die gesetzliche Krankenversicherung? Das sind diejenigen, die vielleicht viele Kinder, eine Behinderung oder schon schwere Erkrankungen haben. Für sie würde es sonst richtig teuer.

Eines ist doch klar: Wir haben unterschiedliche Voraussetzungen in den beiden Systemen. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung spielt das Einkommen zwar bis zu einer gewissen Grenze eine Rolle, Erkrankungen spielen aber keine Rolle, weil das Solidaritätsprinzip zugrunde liegt. In der privaten Krankenversicherung wird es im Alter richtig teuer bzw. wenn ich Erkrankungen habe. Deshalb ist es für Beamte am Anfang ihrer Laufbahn schwierig, eine echte Wahl zu treffen. Sie werden quasi in die private Krankenversicherung gedrängt, auch wenn sie krank sind oder Behinderungen haben. Zudem werden sie noch bestraft, weil sie den Beitrag in der PKV komplett alleine bezahlen müssen. Das ist doch das Thema, um das es hier eigentlich geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Deshalb lohnt es sich, im Ausschuss einmal darüber zu reden, ob das gerechtfertigt ist und ob – wenn man auf einer Wahlfreiheit besteht – das eine echte Wahlfreiheit ist.

Die SPD sagt: Man kann das auch ganz anders regeln, nämlich indem man eine Bürgerversicherung einführt.

(Beifall bei der SPD)

Gerade ist vom Hamburger Modell die Rede gewesen. Ich finde, das ist ein erster richtiger Weg. Die Regelungen sollen zum 1. August 2018 in Kraft treten. Hier wird den Beamten – übrigens zu Beginn der Laufbahn, nicht einfach so zwischendurch – zumindest angeboten, dass sie die monatliche Pauschale in Anspruch nehmen können. Ich weiß nicht, ob das verfassungswidrig ist. Ich bin keine Juristin. Es ist aber eine freiwillige Entscheidung, wenn man diese Pauschale annimmt. Ich finde es richtig, diese Entscheidungsmöglichkeit zu bieten. Vielleicht sollten wir erst einmal abwarten, wie dieses Modell funktioniert, und es nicht schon jetzt in Bausch und Bogen kaputtreden. Auch diejenigen, die jetzt schon in der GKV sind und ihre Beiträge alleine zahlen, bekommen diesen Zuschuss bzw. diese Pauschale. Das ist ein richtiger Schritt.

Sie haben gesagt: Das kostet Hamburg zu Beginn 6  Millionen Euro. Es gibt aber auch eine Studie der ­Bertelsmann-Stiftung, die besagt, dass wir Bund und Länder, würden wir die Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung des Bundes und der Länder einbeziehen, bis zum Jahr 2030 um bis zu 60 Milliarden Euro entlasten würden. Ich finde, auch das ist eine Summe, über die man einmal nachdenken muss.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zum Schluss möchte ich noch einmal deutlich sagen, was mich an dem Antrag der Linken stört. Es kommt darin nicht ganz klar herüber, ob Sie auch denjenigen Gruppen, die jetzt in der privaten Krankenversicherung sind, die Tür öffnen wollen, sofort in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Ich glaube, es ist bekannt, dass auch ich damit Schwierigkeiten hätte. Das würde automatisch sofort diejenigen Beamtinnen und Beamten oder Pensionäre in die gesetzliche Krankenversicherung locken, die jetzt ihre Prämie nicht zahlen können. Es würde die gesetzliche Krankenversicherung sofort belasten. Deswegen ist mir der Weg lieber, zu sagen: Wir schaffen erst einmal diese Ungerechtigkeit bei der Wahlmöglichkeit am Beginn der Laufbahn der Beamten ab, zu dem Zeitpunkt, an dem sie sich entscheiden können. Darüber, finde ich, sollten wir auch innerhalb der Koalition noch einmal reden.

Herr Spahn hat ja, soweit ich weiß, noch ein zweites Thema in seinen Antrittsreden angesprochen. Er hat gesagt, dass Polizisten im Alter hohe Prämien zahlen müssen und dies möglicherweise mit ihrer Pension oder ihrem Einkommen nicht kompatibel ist. Er sagt, auch das sei ein schwieriges System. Er hat zwar daraus den Schluss gezogen, dass die private PKV hier einen Reformbedarf hat. Aber ich finde, man kann es auch anders denken. Man kann auch den Weg gehen, den ich gerade skizziert habe und den das Land Hamburg jetzt geht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Abschließend will ich sagen: Ich freue mich auf die Diskussion. Wir sollten sie führen. Da der Minister ja auch gelegentlich außerhalb des Koalitionsvertrages Themen nennt, denke ich, gibt es ja eine gewisse Offenheit, auch Themen, die nicht im Koalitionsvertrag stehen, miteinander zu besprechen. Darauf setze ich, darauf freue ich mich.

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD)

Die Kollegin Christine Aschenberg-Dugnus spricht für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7222193
Wahlperiode 19
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Zugang für Beamte in die gesetzliche KV
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