Judith SkudelnyFDP - Atomausstieg
Meine Damen und Herren! Angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit werde ich versuchen, mit meiner Redezeit auszukommen, auch aus Respekt vor denjenigen, die noch nach uns sprechen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Artur Auernhammer [CDU/CSU] – Zurufe von der SPD und der LINKEN: Och!)
Der Ausstieg bis 2022 ist beschlossen. Das ist Tatsache in diesem Haus, das ist einstimmiger gesellschaftlicher und politischer Konsens. Darüber kann man jammern oder auch nicht. Aber wir werden 2022 aus der Stromerzeugung per Kernenergie aussteigen.
Die Risikobewertung, die wir in Deutschland vorgenommen haben, wird allerdings nicht von jedem europäischen Land geteilt. Ganz im Gegenteil: Manche Länder deklarieren die Kernenergie sogar als sauber, weil sie kein CO 2 emittiert. Frankreich beispielsweise hat nach Abwägung beschlossen, bis 2025 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Im Gegenzug setzt Frankreich weiter auf die Kernenergie und baut sogar neue kerntechnische Anlagen, ebenso wie übrigens die Niederlande, England und Finnland. Das heißt, das Umfeld im Bereich der Kernenergie und der Risikobewertung in Europa ist sehr uneinheitlich. Und in diesem uneinheitlichen Umfeld muss Deutschland seine Rolle finden.
Bei uns werden die Kernenergieanlagen, die bis 2022 am Netz sind, unter höchsten Sicherheitsstandards und vor allem unter Kontrolle der Bundesländer sicher weiterbetrieben werden. Das sieht bei Anlagen in anderen Ländern ein bisschen anders aus. Sie haben vorhin auf Aachen hingewiesen. Tihange ist eine der Anlagen, die auch uns schwer im Magen liegt. Dort wurde politischer Druck aufgebaut. Aber es beruhigt die Menschen nicht, wenn als Sicherheitskonzept Jodtabletten an die Bevölkerung ausgegeben werden.
(Beifall bei der FDP)
Wir wünschen uns in diesem Bereich, dass die Bundesregierung den politischen Druck hochhält und dafür sorgt, dass dieses vergleichsweise unsichere Kraftwerk tatsächlich zeitnah vom Netz genommen wird.
(Beifall bei der FDP)
Am Beispiel Belgien sehen wir aber auch, wie schwierig es ist, den Einfluss Deutschlands im Ausland geltend zu machen. Wir sind natürlich Vorreiter und Vorbild. Aber gerade diejenigen, die eine andere Risikobewertung haben, bewerten auch unsere Vorbildfunktion anders. Wenn wir dort Einfluss nehmen wollen, ist es umso wichtiger, dass wir mit den Menschen in der Kommunikation bleiben. Ein Teil dieser Kommunikation ist, internationale Verträge und Abkommen einzuhalten sowie internationale Forschungsvorhaben – wie besprochen – bis zum Ende gemeinsam durchzuführen.
(Beifall bei der FDP)
Wir brauchen übrigens auch diese gemeinsame Forschung im Bereich der nuklearen Energie, um überhaupt nukleare Sicherheits- und Energiekonzepte bewerten zu können; denn nur wenn wir mit am Tisch sitzen, wissen wir tatsächlich, was in den anderen europäischen Ländern am Ende umgesetzt wird. Unser Einfluss kann sogar so weit gehen, dass wir uns an kernenergetischen Anlagen im Ausland – das haben Sie beklagt – beteiligen.
(Zuruf der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Warum? Wenn wir uns beteiligen, haben wir Einfluss auf die Sicherheitsmaßnahmen. Ziehen wir uns zurück, können wir nicht mitsprechen. Sitzen wir mit am Tisch, haben wir die Möglichkeit, im Bereich der Sicherheit unsere Bedenken vor Ort einzubringen.
(Beifall bei der FDP – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ein Letztes zum Thema Forschung. Auch im Hinblick auf die Kernfusionsforschung möchte ich sagen, dass nach unserer Überzeugung mehr Wissen immer ein Vorteil ist.
(Timon Gremmels [SPD]: Das stimmt!)
Es ist nicht an sich das Wissen um einzelne Technologien, das Schaden anrichtet, sondern es sind immer Menschen, die falsche Schlüsse aus dem Wissen ziehen und falsche Anwendungen vornehmen.
(Timon Gremmels [SPD]: Auch das stimmt!)
Dennoch und gerade deswegen wollen wir als Freie Demokraten riskieren, dass unsere Kinder schlauer werden als wir.
(Beifall bei der FDP)
Dazu gehört auch, eine vollständig ideologiefreie und offene Forschung in Deutschland zu gewährleisten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ebenso wie wir heute mit unserem Wissen verantwortungsbewusst umgehen, trauen wir es unseren Kindern zu, dass sie mit ihrem Wissen die Zukunft genauso verantwortungsbewusst gestalten.
(Beifall bei der FDP)
Für die Fraktion Die Linke spricht der Kollege Hubertus Zdebel.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7222208 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 29 |
Tagesordnungspunkt | Atomausstieg |