26.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 29 / Tagesordnungspunkt 18

Michael KießlingCDU/CSU - Atomausstieg

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf den Tribünen!

(Heiterkeit und Beifall)

– Einem der beiden Herren auf der Besuchertribüne kann man zum Geburtstag gratulieren: Seit 0 Uhr hat er Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall)

Die Grünen möchten das Kernkraftwerk Gundremmingen schließen. Da habe ich aufgehorcht. Immerhin ist Gundremmingen nur 80 Kilometer von meinem Zuhause entfernt. Ich habe mich gefragt: Gibt es dort Störfälle? Gibt es dort akute Störungen? Nein, es gibt sie nicht. Gundremmingen erfüllt die Sicherheitsanforderungen und die Grenzwerte komplett. Die Aufsichtsbehörde in Bayern hätte das Kraftwerk ja sonst bereits stillgelegt. Wie man nachlesen kann, ist das Kraftwerk so ausgelegt, dass es einem Bemessungserdbeben standhält, wie es sich alle 100 000 Jahre einmal ereignet, und einem Bemessungshochwasser, wie es alle 10 000 Jahre einmal eintritt. Von daher ist man da etwas auf Panikmache aus. Ich denke, wir sollten uns hier vernünftig und pragmatisch an die Energiewende machen und die auch gestalten.

Wir haben in Deutschland trotz des Endes der Kernenergie, die wir eingeläutet haben, immer noch hohe Sicherheitsstandards im Vergleich zu anderen Ländern. Natürlich ist Sicherheit im Hinblick auf Kernkraftwerke immer relativ. Es gibt keine 100‑prozentige Sicherheit. Wir haben es bei den Unfällen in Tschernobyl und Fukushima gesehen; da war natürlich jedes Opfer eines zu viel. Das ist auch der Hauptgrund dafür, dass wir aus der Kernenergie ausgestiegen sind und die Energiewende beschleunigt haben.

Die Atomkommission, unter anderem von Jürgen Trittin geleitet, hat erst 2016 einen ordentlichen Kompromiss gefunden. Im vergangenen Jahr hat der Bundestag dazu das Gesetz zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung beschlossen. Die Verantwortung und die Verpflichtungen der Energieversorger wurden darin festgehalten. Sie müssen liquide Mittel in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen und die Kernkraftwerke abbauen. Umgekehrt haben die Energieversorger mit dem Gesetz Planungssicherheit gewonnen. Das ist auch wichtig. Das eine ist nur mit dem anderen möglich. Die Grünen haben diesen Kompromiss mit ausgearbeitet und ihm zugestimmt. Und jetzt versuchen sie durch das Hintertürchen, diesen wieder zu untergraben.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte? – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir nicht verstanden!)

Das ist keine verlässliche Politik.

In dem Antrag steht, dass es von Anfang an eine Hybris gewesen sei, Kernkraft beherrschen zu wollen. Dem kann man – nach allem, was wir wissen und in der Vergangenheit erlebt haben – zustimmen. Aber es ist mindestens ebenso eine Hybris, zu glauben, man könne von einem auf den anderen Tag aus Atomkraft und Kohlekraft aussteigen und nebenbei auch noch die Nachbarländer dazu zwingen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Klar, wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, wenn es ein Sicherheitsrisiko für unsere eigene Bevölkerung gibt, zum Beispiel ein Kernkraftwerk mit Sicherheitsproblemen an der deutschen Grenze. Das tut unsere Bundesregierung bereits. Erstens gibt es allerdings durchaus unterschiedliche Einschätzungen – das haben wir heute auch schon gehört – über die Zustände der Kernkraftwerke. Zweitens muss man eingestehen, dass man sich eben nicht so gerne Ratschläge von seinen Nachbarstaaten geben lässt, wenn es um die nationale Energiepolitik geht. Wir haben keine rechtliche Handhabe. Auch die Einflussmöglichkeiten über die EU und andere internationale Gremien sind begrenzt.

Umso schlimmer ist es, dass die Grünen nun in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken wollen, als könnten wir den Betrieb der Kernkraftwerke in Nachbarländern wie Belgien verhindern. Immer wieder wird dazu zum Beispiel ein Stopp von Brennelementlieferungen aus Deutschland gefordert; auch das habe ich heute schon gehört.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch unter anderem Herr Laschet, CDU-Ministerpräsident!)

Es wird damit aber eine Hoffnung geweckt, die nicht erfüllt werden kann. Ja, wir können uns bemühen, können politischen Druck aufbauen. Aber eine echte Handhabe haben wir nicht. Brennelemente zum Betrieb der Anlagen kann man sich auch schlichtweg woanders auf dem Weltmarkt besorgen – ganz abgesehen davon, dass wir auch hier europarechtlich gebunden sind.

Also lassen Sie uns nun die Kernkraft zu Ende bringen, aber eben vernünftig! Der Ausbau der erneuerbaren Energien kann nur Hand in Hand mit einem vernünftigen Ausstieg aus der Kernkraft und aus der Kohlekraft gelingen. Planungssicherheit ist dabei besonders wichtig. Wir wollen die Bürger und Unternehmen in unserem Land nicht über Gebühr belasten.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb müssen wir aus der Atomkraft ganz schnell heraus!)

Lassen Sie uns gemeinsam an der Energiewende arbeiten, unaufgeregt und unideologisch!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Kollege Timon Gremmels.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7222210
Wahlperiode 19
Sitzung 29
Tagesordnungspunkt Atomausstieg
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