27.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 30 / Tagesordnungspunkt 20

Stefan RuppertFDP - Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es erst einmal wunderbar, dass es zu einer frühen Stunde an prominenter Stelle eine solche Debatte gibt. Religionsfreiheit weltweit ist bedroht, und wir aus diesem Hause müssen uns an die Seite derer stellen, die wegen ihres Glaubens oder auch wegen ihres Nichtglaubens weltweit verfolgt werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir können nicht wegschauen, wenn in Saudi-Arabien etwa Dinge finanziert werden, in Malaysia, wo Menschen im Namen des Islam gegeneinander aufgestachelt werden.

(Martin Hebner [AfD]: Tun Sie aber!)

Wir können nicht wegschauen, wenn Rohingya in Myanmar verfolgt werden. Wir können aber auch bewusst nicht wegschauen, wenn Christen weltweit verfolgt werden, nur weil sie etwas glauben. Demokratie gehört mit Religionsfreiheit untrennbar zusammen. Dort, wo man nicht beten kann, kann man in der Regel auch nicht wählen, und darauf müssen wir hinweisen.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben dieser Tage erlebt, dass auch die Religionsfreiheit in unserem Land bedroht ist. Volker Kauder und andere Kollegen haben bei „Berlin trägt Kippa“ demonstriert. Das ist für uns ein Akt der Solidarität – für uns leider nur ein Akt der Solidarität; – es ist für uns ungefährlich –; für die Menschen, die, wenn sie durch die Straßen laufen, mit dem alltäglichen Antisemitismus konfrontiert werden, ist es eine tägliche Sorge. Es kann nicht sein, dass auch in unserem Land die Religionsfreiheit nicht gelebt werden kann. Wir müssen uns für diese Menschen einsetzen.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Ich glaube, dass mein eigener Glaube nicht nur Privatsache ist. Das hört man dieser Tage häufig. Ich will meinen Glauben durchaus auch im öffentlichen Raum ausleben können. Ein Symbol dafür ist, dass man im öffentlichen Raum Kippa tragen kann und sich damit nicht sozusagen in das Hinterzimmer, den Gemeinderaum, die Synagoge zurückziehen muss. Es muss Möglichkeiten geben, seinen Glauben auch öffentlich und in aller Freiheit zu bekennen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bei uns sind die Konflikte übrigens auch nicht so alt. Wenn meine wunderbare tolerante 94-jährige Großmutter einem Menschen etwas misstraute, dann sagte sie häufig: Der guckt schon so katholisch.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist aber auch nicht schlecht!)

Das ist kein Zeichen von Intoleranz gewesen, sondern ein Zeichen, dass auch in ihrer Jugend die Unterschiede der Konfessionen die Menschen getrennt haben und dass es – bis in den Sprachgebrauch hinein –, schwierig war, mit der jeweils anderen Konfession tolerant umzugehen. Deswegen sollten wir uns auch nicht über andere erheben, sondern sollten bei uns selbst immer darauf achten, ob wir diese Toleranz gegenüber anderen aufbringen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Am Ende verlasse ich etwas die Perspektive des Freien Demokraten und spreche mal als sehr gläubiger oder, ich würde sagen, doch gläubiger Protestant. Es ist für mich schon bemerkenswert, dass ein bayerischer Ministerpräsident mir als gläubigem Protestanten sagt: Dieses Kreuz ist kein religiöses Symbol; dieses Kreuz ist ein Identitätssymbol. – Er sagt mir quasi, dass er meine Religion in Bayern in einer Form verstaatlicht, die meine Religionsfreiheit angreift.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es schade, dass der Bericht nicht so aktuell ist, dass Herr Söder darin ebenfalls enthalten ist. Er betreibt – dabei haben die christlichen Kirchen richtige Worte gefunden – das Geschäft, das weltweit betrieben wird: Er stellt ein Symbol – bei ihm ist es noch nicht mal mehr ein religiöses Symbol, sondern ein identitäres Symbol – in den Dienst seiner politischen Agenda. Ich finde, er hat uns Christinnen und Christen damit einen Bärendienst erwiesen. Und am Ende wird das die Religionsfreiheit auch in unserem Land stärker machen. – Es war mir als engagiertem und gläubigem Protestanten wichtig, das mal zu sagen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Christine Buchholz, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7222240
Wahlperiode 19
Sitzung 30
Tagesordnungspunkt Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit
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