Aydan ÖzoğuzSPD - Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, nicht nur der Bericht, sondern auch diese Debatte zeigt, dass die Religions- und Weltanschauungsfreiheit ein wirklich immens hohes Gut ist, das es immer wieder zu schützen gilt. Sie ist Teil der UN-Menschenrechtscharta und der Europäischen Menschenrechtskonvention und natürlich auch ein immens wichtiger Bestandteil unserer Außen- und Sicherheitspolitik. Einschränkungen dieser Freiheit sind nichts anderes als Menschenrechtsverletzungen. Diese müssen benannt und, wo immer möglich, natürlich beseitigt werden.
In dieser Debatte ist deutlich geworden: Man steht nur dann wirklich glaubwürdig für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, wenn man Gruppen nicht gegeneinander ausspielt, sondern es damit wirklich für alle ernst meint.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Die benannten Konflikte haben leider eines gemeinsam: Es wird selten über religiöse Inhalte debattiert und gestritten. Es geht um Macht, es geht um Dominanz,
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Genau! Der fundamentalistischen Strukturen, die Sie befördern!)
es geht um Unterdrückung, und es geht darum, wie das Verhältnis der jeweiligen Minderheit zur Mehrheit ist. Der Bericht beschreibt sehr treffend, wie oft Minderheiten unterdrückt werden. Deshalb muss uns das eben auch mahnen, dass wir helfen, diese Minderheitenrechte nicht nur bei uns, sondern natürlich auch in allen anderen Ländern immer wieder zu verteidigen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU] und Dr. Stefan Ruppert [FDP])
Ich möchte noch einmal auf eines hinweisen: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte schützt nicht einzelne Religionen,
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ja, das haben wir gemerkt!)
sondern sie schützt das Individuum.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Darum unterschreibt der Zentralrat diese Charta eben nicht!)
Sie schützt jeden Einzelnen,
(Jürgen Braun [AfD]: Das interessiert Sie doch gar nicht, Frau Özoğuz!)
der sich in irgendeiner Gruppe bewegt, für sich zu entscheiden, ob er zu einer Religionsgemeinschaft gehören möchte, zu welcher er gehören möchte oder ob er zu gar keiner Religionsgemeinschaft gehören möchte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Grübel, ich möchte Ihnen gratulieren und sagen, dass ich mir sicher bin, dass Sie Ihre Sache gut machen werden. Aber ich möchte noch einen Punkt im Besonderen hervorheben, von dem ich glaube, dass er einen guten Ansatz, auch für Ihre zukünftige Arbeit, darstellt: der Religionsunterricht. Darüber debattieren wir viel in unserem Land, und zwar zu Recht. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat sich dahin gehend geäußert, dass der Unterricht an öffentlichen Schulen neutral und objektiv sein muss. Wie ist das bei uns? Wir haben in 16 Bundesländern sehr unterschiedliche Modelle. Es macht daher grundsätzlich Sinn, immer wieder deutlich zu machen: Bei uns ist das Recht der Religionsgemeinschaften auf einen eigenen Unterricht geschützt. Manche Bundesländer gehen noch weiter und sagen: In der Schule sollten Kinder und Jugendliche eigentlich gerade lernen, dass Menschen unterschiedlich sind, dass sie an unterschiedliche Dinge glauben, dass man auch bei völlig unterschiedlicher Weltanschauung friedlich und gut zusammenleben kann. Das machen wir beispielsweise in Hamburg mit dem Religionsunterricht für alle. Ich würde mir wünschen, dass wir über das Thema Religionsunterricht nicht nur, wenn es um andere Länder geht, sondern auch, wenn es um die Situation bei uns geht, noch viel stärker debattieren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Gyde Jensen [FDP])
Wir reden heute über alltägliche Aggression gegenüber religiösen Menschen. Da kann es nur einen Schluss geben – ich hoffe, dass das auch zu einem Schulterschluss führt –: Kein jüdisches Kind, kein christliches Kind, kein muslimisches Kind darf sich in der Schule oder auf der Straße unsicher fühlen. Wenn einem Jungen die Kippa vom Kopf gerissen wird, müssen wir alle vor ihm stehen, aber auch dann, wenn einem syrischen Mädchen das Kopftuch vom Kopf gerissen wird, müssen wir alle vor ihr stehen und ihr die Angst nehmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN und des Abg. Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU])
Jetzt erteile ich das Wort der Kollegin Verena Hartmann, AfD, zu ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7222250 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 30 |
Tagesordnungspunkt | Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit |