Josephine OrtlebSPD - Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Bericht der Bundesregierung, der zum zweiten Mal eine Debatte hier im Haus erfahren darf, hat von seiner Aktualität nichts eingebüßt. Ich möchte mich beim Auswärtigen Amt noch einmal für diesen interessanten und durchdachten Bericht bedanken.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Religion ist etwas sehr Privates und gleichzeitig höchst politisch. Das erleben wir jeden Tag in den Debatten hier im Bundestag, in Deutschland und weltweit. Ich bin konfessionslos. Die Religionsfreiheit ermöglicht mir diese Entscheidung. Sich gegen eine Religion zu entscheiden, ist genauso Ausdruck der Religionsfreiheit, wie sich für eine Religion zu entscheiden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Freiheit bedeutet auch, sich gegen etwas entscheiden zu dürfen und dafür die gleiche Akzeptanz zu erfahren.
Religionsfreiheit wird jedoch nicht überall und nicht von allen akzeptiert. Die Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar, die unerträgliche humanitäre Situation von Christen und Jesiden in Syrien und der grassierende Antisemitismus in Deutschland und vielen Teilen der Welt sind nur drei Beispiele für den dringend notwendigen Einsatz für Religionsfreiheit.
(Beifall bei der SPD)
Der Bericht zeigt, dass religiöse Verfolgung und Diskriminierung mal direkter und mal subtiler auftreten, ob beim Zugang zu Bildung, beim Zugang zu politischen Ämtern oder bei der Besetzung von Arbeitsstellen. Religionsfreiheit bedeutet nicht nur, frei von lebensbedrohlicher Verfolgung zu sein, sondern auch, immer und überall Gleicher oder Gleiche unter Gleichen zu sein.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Um dieses Recht nachhaltig zu stärken, brauchen wir einen Kulturwandel, weltweit und in unserer Gesellschaft. Wir müssen weg von einer Kultur des Unter-mir oder einer Kultur des Über-mir hin zu einer Kultur des Neben-mir, einer Kultur der Augenhöhe aller statt einer christlichen Leitkultur.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Statt religiöse Dominanz durch das Anbringen von Kreuzen in den medialen Fokus zu rücken, ist es unsere Aufgabe, die Kultur der Augenhöhe aller mit unseren Mitteln zu begleiten und zu fördern.
(Beifall bei der SPD)
Wenn Religion zu einer politischen Kategorie der Ausgrenzung wird, müssen wir dem entschieden entgegenwirken; denn auch unser Grundgesetz ist, wie ich, nicht getauft.
Als wehrhafte Demokratinnen und Demokraten müssen wir uns gegen den Versuch stemmen, dass Religion zur Spaltung genutzt wird. Das Gegenteil muss der Fall sein. Für mich ist klar: Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist ein verbindendes Element, eine Brücke des Miteinanders; denn das Miteinander ist immer stärker als das Gegeneinander. Es ist Aufgabe von Staaten, dieses Miteinander zu garantieren.
Doch der Missbrauch von Religion durch staatliche und nichtstaatliche Akteure zur Durchsetzung von Macht geschieht weltweit täglich. Auch das zeigt uns der Bericht. Menschen vor diesem Missbrauch zu schützen und ihnen zur Seite zu stehen, muss dabei Selbstverständnis aller demokratischen Gesellschaften sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Markus Grübel [CDU/CSU])
Für mich heißt das vor allen Dingen, die universellen Menschenrechte national wie international in den Mittelpunkt zu stellen, sie zu fördern und gerade dann an ihnen festzuhalten, wenn es unbequem wird. Deswegen ist das Engagement der Bundesregierung und der Abgeordneten in den multilateralen Dialogforen so wichtig; ich denke dabei an den Europarat, an die OSZE oder an die Vereinten Nationen. Auch wenn diese Zusammenarbeit kleinschrittig und mühevoll ist: Am Ende gilt es immer wieder, die Reihen zu schließen – für die Religionsfreiheit und für die Menschenrechte.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt erhält das Wort der Kollege Sebastian Brehm, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7222258 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 30 |
Tagesordnungspunkt | Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit |