27.04.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 30 / Tagesordnungspunkt 21

Jens MaierAfD - Legaldefinition in §130 StGB - Volksverhetzung-

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn gleich klarstellen, worum es geht: Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des § 130 StGB hat nicht das Ziel, den zurzeit geschützten Personenkreisen etwas wegzunehmen, den Anwendungsbereich zu verkleinern oder, wie ich in Kommentaren im Vorfeld lesen musste, das Hetzen und Pöbeln gegen Minderheiten freizugeben.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind Sie ja ganz groß drin!)

Wir wollen das Gegenteil. Das Gegenteil ist der Fall: Die AfD will nur eines, nämlich dass auch die Deutschen vor Hetze und Pöbeleien geschützt werden.

(Beifall bei der AfD)

Durch unseren Gesetzentwurf soll eine Strafbarkeitslücke geschlossen werden.

Herr Kollege Maier, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grosse-Brömer?

Bitte.

Herr Kollege Maier, schön, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Weil Sie ja die Deutschen vor Pöbeleien schützen wollen: Ich habe eine Rede von Ihnen gehört, die Sie bei Pegida gehalten haben. Da sagten Sie, hier im Bundestag säßen keine Eliten. Ich glaube, Ihre Fraktion wollten Sie wahrscheinlich außen vor lassen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Alle anderen jedenfalls seien auf keinen Fall Eliten, sondern mehr so – ich zitiere – Funktionärseliten –

Nein, Funktionseliten.

– oder Funktionseliten – gut, dass Sie sich daran erinnern –,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Bitte richtig zitieren!)

die Sie aus dem Feld schlagen wollen.

Richtig, das habe ich gesagt.

Sehr gut. – Ich frage mich, seitdem Sie diese Rede bei Pegida gehalten haben: Wie hat er das vor, bei mir jedenfalls?

Ja, Sie sind körperlich stärker als ich, oder worauf wollen Sie hinaus?

Ich bin ja Deutscher, und Sie wollen Deutsche vor Pöbeleien schützen. Sagen Sie mir doch mal: Wie wollen Sie es schaffen, mich aus dem Feld zu schlagen? Oder ist es möglich, mich davor zu schützen?

(Burkhard Lischka [SPD]: Da macht der Herr Maier sich unter Umständen wahrscheinlich sogar strafbar! – Zurufe von der AfD: Was für eine blöde Frage! – Kennen Sie das nicht?)

Darf ich darauf antworten?

Ja, Sie müssen es genau genommen sogar.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn Sie antworten mögen, dürfen Sie jetzt antworten, und Herr Grosse-Brömer und wir hören uns Ihre Antwort an.

Okay. – Sind Sie Schachspieler?

(Ingmar Jung [CDU/CSU]: Kein Dialog!)

Beim Schach sagt man: „aus dem Feld schlagen“. Das ist ein Begriff, den man verwendet, wenn man Schachspieler ist. „ Aus dem Feld schlagen“ bedeutet, dass wir uns strategisch und von der Kompetenz her so aufstellen, dass Sie hier bald nichts mehr zu sagen haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ingmar Jung [CDU/CSU]: Das werden wir ja sehen! – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie und Kompetenz? Sie wissen ja gar nicht, was das Wort bedeutet! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Antidemokrat! – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Jetzt wird die deutsche Sprache wieder gebeugt! Ein Wolf im Schafspelz!)

Jetzt können wir weitermachen.

Noch einmal: Es soll hier eine Strafbarkeitslücke geschlossen werden. Das ist auch notwendig; denn mittlerweile greift in diesem Land Deutschenfeindlichkeit um sich.

(Beifall bei der AfD – Burkhard Lischka [SPD]: Dafür hat Herr Grosse-Brömer ja gerade ein Beispiel genannt! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie wollen Deutsche aus dem Feld schlagen! Na, das ist ja super!)

Das ist etwas, was hier immer verschwiegen wird. Es wird immer nur die eine Seite gesehen; die andere Seite wird nicht gesehen. Vor zwei Jahren wurde in diesem Hohen Hause die Armenien-Resolution verabschiedet. Ein Mitglied im Vorstand des Türkischen Elternbundes in Hamburg sah sich daraufhin berechtigt, Folgendes bei Facebook zu posten – Zitat –:

Erhofft sich Türkei noch immer etwas Gutes von diesem Hundeclan? Erwarte nichts Türkei, übe Macht aus! Sie haben nur Schweinereien im Sinn. Möge Gott ihren Lebensraum zerstören.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ist das denn etwas anderes als bei Ihnen? – Lesen Sie doch auch mal etwas von sich vor!)

Fragen Sie die Kinder in westdeutschen Großstädten, ob gegen sie schon einmal in der Schule rassistisch gehetzt wurde, gerade weil sie Deutsche sind. Jährlich werden über 100 Millionen Euro für den Kampf gegen rechts ausgegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: 140!)

Für den Schutz der eigenen Bevölkerung vor rassistischer Hetze und Gewalt wird nichts oder so gut wie nichts getan. Das ist ein Skandal!

(Beifall bei der AfD – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Lüge! Schauen Sie sich doch mal die Fakten an!)

Das Schlimme daran ist: Nicht einmal den gleichen strafrechtlichen Schutz wie den in unserem Land lebenden Gästen von Frau Merkel billigt man den Deutschen zu.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist doch unglaublich! – Gegenruf der Abg. ­Beatrix von Storch [AfD]: Ja, in der Tat! In der Tat!)

Man könnte den § 130 StGB in seiner jetzigen Fassung auch auf rassistische Äußerungen gegenüber Deutschen anwenden, wenn man es nur wollte. Man tut es aber nicht. In dem Fall in Hamburg, als die Deutschen als „Hundeclan“ bzw. – in anderer Übersetzung – als „Köterrasse“ bezeichnet wurden, kam es nicht einmal zu einer Anklage. Das Ermittlungsverfahren wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft eingestellt.

(Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie stehen Sie eigentlich zu Höcke?)

Warum aber wäre eine Verfolgung schon jetzt möglich? Dazu muss man zunächst einmal wissen, dass das Schutzgut des § 130 StGB der öffentliche Friede ist.

(Ingmar Jung [CDU/CSU]: Aha!)

Das ist allgemeine Meinung. Das ist keine Vorschrift, die speziell Minderheiten zu schützen beabsichtigt.

(Ingmar Jung [CDU/CSU]: Genau!)

Schon in der Fassung des § 130 StGB aus dem Jahr 1960 hat der Gesetzgeber entschieden, dass gerade nicht nur einzelne gesellschaftliche Minderheiten durch den Straftatbestand geschützt werden, sondern er hat auch Tathandlungen gegen Teile der Bevölkerung unter Strafe gestellt. Wenn man den Begriff „Bevölkerung“ als Oberbegriff sieht, dann sind doch auch die Deutschen nur ein Teil davon. Wo anders als hier in Berlin wird dieser Befund deutlich? Da braucht man nur einmal mit der U 7 zu fahren und am Hermannplatz in Neukölln auszusteigen. Dann merkt man das.

(Beifall bei der AfD)

Doch wie argumentieren die Staatsanwaltschaften und Gerichte? Eine Strafbarkeit scheide aus, weil die Deutschen nicht einen Teil, sondern die Gesamtbevölkerung darstellten. Das deutsche Volk sei kein unterscheidbarer Teil der Bevölkerung, da ein festes oder inneres Unterscheidungsmerkmal fehle.

(Ingmar Jung [CDU/CSU]: Wo soll ein Gericht das gesagt haben?)

Das ist Unsinn! Eine Mindermeinung in der Literatur widerspricht dem ausdrücklich. Denn wenn Ausländer einen Teil der Gesamtbevölkerung darstellen, dann müssen auch Deutsche Teil der Bevölkerung sein. Alles andere ist unlogisch.

(Beifall bei der AfD)

Auch ein großer Teil der Gesamtbevölkerung ist ein Teil der Gesamtbevölkerung.

Wenn Angehörige einer Bevölkerungsmehrheit gegen Angehörige einer Bevölkerungsminderheit hetzen, ist der öffentliche Friede, das Schutzgut des § 130 StGB, gefährdet.

Herr Kollege Maier, es gibt noch einmal den Wunsch zu einer Zwischenfrage aus der CDU/CSU-Fraktion.

Von wem denn? Ich habe es jetzt nicht gesehen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ist doch egal! Hauptsache von der CDU/CSU!)

Wollen Sie die Zwischenfrage zulassen oder nicht? Das ist meine Frage.

Das ist der Herr Müller; den schätze ich. Bitte.

(Zurufe von der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

– Ja, er sitzt im Rechtsausschuss.

Die Frage ist beantwortet, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen.

Herr Kollege Maier, die Frage ist, ob das auch weiterhin der Fall bleibt.

(Michael Theurer [FDP]: Maier und Müller jetzt!)

Herr Kollege Maier, wie lange haben Sie denn in Ihrer bisherigen Tätigkeit Zivilrecht gemacht, und wie lange war Ihre Tätigkeit im Bereich des Strafrechts? Dieser Gesetzentwurf ist strafrechtlich nämlich dermaßen falsch und verquer, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie ausreichende und fundierte Kenntnisse hatten, als Sie ihn formuliert haben.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Den würde ich auch schätzen! Er hat eine ordentliche Meinung!)

Aber das ist ja gar keine Frage. – Oder war das eine Frage?

(Beifall bei der AfD – Burkhard Lischka [SPD]: Haben Sie den Gesetzentwurf geschrieben?)

Die Frage lautet – das ist doch ganz einfach –: Wie lange haben Sie als Zivilrichter gearbeitet, und wie lange haben Sie als Strafrichter bzw. im strafrechtlichen Bereich gewirkt? Wenn man den Gesetzentwurf liest, dann hat man den Eindruck: nicht allzu lange.

Herr Kollege Maier, Sie können die Frage beantworten. Sie müssen nicht, Sie können.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Er hat Herrn Maier aus dem Feld geschlagen!)

Ja. – Ich bin Zivilrichter gewesen, und ich war Staatsanwalt.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Merkt man gar nicht! – Burkhard Lischka [SPD]: Merkt man nicht!)

Damit ist die Frage beantwortet. – Fahren Sie bitte fort. Denken Sie auch daran: Ihre Redezeit geht dem Ende entgegen.

(Michael Theurer [FDP]: Nicht jeder ist Professor!)

Da die Staatsanwaltschaften und Gerichte diese Schlussfolgerung nicht ziehen, bedarf es einer klarstellenden Gesetzesänderung, die vorsieht, dass auch das Hetzen gegen die Bevölkerungsmehrheit unter den Tatbestand der Volksverhetzung fällt.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Hetzen kennen Sie sich doch besonders gut aus, Herr Maier!)

Es geht um den Schutz der Deutschen im eigenen Land – nicht mehr und nicht weniger. Diese wollen genauso geschützt werden wie die Gäste von Frau Merkel.

(Beifall bei der AfD)

Es muss Schluss sein damit, dass die Deutschen im eigenen Land zu Bürgern zweiter Klasse werden, wie wir es immer wieder erleben. Um dies zu verhindern und zu beenden, sind wir, die AfD-Fraktion, jetzt hier in diesem Parlament. Wir sind gekommen, um zu bleiben, und wir bleiben, bis wir uns hier durchgesetzt haben.

(Sebastian Steineke [CDU/CSU]: Aha!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Ingmar Jung, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7222269
Wahlperiode 19
Sitzung 30
Tagesordnungspunkt Legaldefinition in §130 StGB - Volksverhetzung-
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