Wolfgang WiehleAfD - Rheintalstreckensperrung 2017 - Notfallmanagement
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei einem volkswirtschaftlichen Schaden von rund 2 Milliarden Euro muss man von einer Katastrophe sprechen, die am 12. August des vergangenen Jahres in Rastatt-Niederbühl geschehen ist. An diesem Tag gab während der Tunnelarbeiten unterhalb der Rheintalbahn das Erdreich nach. Die Strecke war für 51 Tage komplett blockiert; der Kollege Dr. Jung hat das schon erwähnt. Die Auswirkungen auf Logistikunternehmen, deren Kunden, die Bahn selbst und Abertausende Fahrgäste waren gravierend. Außerdem sind einige Kunden wegen der wochenlangen Behinderungen dauerhaft von der Schiene auf andere Verkehrsträger abgewandert, hauptsächlich auf die Straße.
Ich danke den Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dass sie mit diesem Antrag dafür sorgen, dass dieses Thema heute hier im Bundestag debattiert wird. Ihre Analyse und Ihre Forderungen greifen jedoch ein Stück zu kurz. Es ist ja richtig, dass wir beispielsweise mehr Ausweichstrecken im Güterverkehr brauchen. Es ist genauso richtig, dass Überholgleise, die in den vergangenen zwei oder drei Jahrzehnten abgebaut wurden, jetzt bitter fehlen. Doch es fehlen offensichtlich auch Lokführer, die Streckenkenntnisse haben, die über den täglichen Einsatzbedarf hinausgehen, und Fahrzeugbaureihen bedienen können, die sie nicht jeden Tag fahren. Wenn man hier Reserven haben will, die man im Falle großer Störungen einsetzen kann, darf man bei der Ausbildung nicht den Rotstift ansetzen.
(Beifall bei der AfD)
Das Kernproblem ist bei allen diesen drei Punkten eine kurzsichtige Betrachtung eines Bahnbetriebs, der auf Kante genäht ist. Hier kommt schnell der Verdacht auf, dass kurzfristige Optimierungen einer langfristigen Sichtweise vorgezogen wurden, die sich an einem nachhaltigen und dauerhaft funktionsfähigen Bahnbetrieb orientieren muss. Mitverursacht wurde das durch eine Privatisierung ohne ausreichende Kontrolle.
(Beifall bei der AfD)
Davon sprechen Sie aber wohl nicht, weil das an Ihrem politischen Leitbild einen kräftigen Kratzer hinterlassen könnte.
Auch die Planung des Bauvorhabens selbst unterlag anscheinend einem ungesunden Sparzwang; denn sonst wäre man nicht unnötige Risiken eingegangen. Deshalb frage ich mich: Warum wurde auf eine bauliche Sicherung der oberirdischen Gleisanlagen verzichtet? Weshalb setzte man bei der Unterquerung der Rheintalbahn auf ein Vereisungsverfahren, das in einem Tunnelabschnitt dieser Länge vorher noch nicht angewendet worden war? Aus welchem Grund entschied man sich damit auch gegen die Bauweise, die der Ausschreibungstext noch vorsah? Dort war noch davon die Rede, dass man die Unterquerung der Bahnlinie von einem zweiten Schacht aus startet.
(Martin Burkert [SPD]: Einmal ist immer das erste Mal!)
Die Infrastruktur, meine sehr verehrten Damen und Herren, dient der Daseinsvorsorge. Übertriebenes Sparen führt hier nicht zum Ziel, wie der Fall Rastatt zeigt.
(Beifall bei der AfD – Felix Schreiner [CDU/CSU]: Sie tun ja gerade so, als wäre das alles absichtlich passiert!)
Auch auf anderen Gebieten sollte uns das eine Warnung sein. Die Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung, wie sie von der Europäischen Union betrieben wird, muss keineswegs eine Verbesserung der Verhältnisse bringen.
(Beifall bei der AfD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Stimmt ja gar nicht! Sie betreibt es gar nicht!)
Auch bei der Überführung der Bundesfernstraßen in die geplante Infrastrukturgesellschaft ist große Vorsicht geboten.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Nicht dass da die Tunnels einbrechen!)
Für Bauvorhaben im Schienennetz bedeutet diese Erkenntnis: Bei der Planung muss die Sicherheit der Bauausführung im Vordergrund stehen. Die Havarie von Rastatt zeigt deutlich, wie teuer es werden kann, wenn man auf wichtige Sicherungsmaßnahmen verzichtet.
(Beifall bei der AfD)
Es müssen verstärkt allgemeine Notfallkonzepte entwickelt werden. Unfälle und Unglücke können schließlich an jedem Punkt des Schienennetzes passieren.
Die Bahn muss ihre personellen Kapazitäten erweitern. Umfassende Ausbildung hätte die Suche nach strecken- und fahrzeugkundigen Lokführern nach der Streckensperrung erleichtert.
Nutzen wir also die schlimme Erfahrung der Katastrophe von Rastatt ganz allgemein, um die richtigen Schlüsse zu ziehen: Infrastruktur ist Daseinsvorsorge. In notwendige Planungen, im wohlverstandenen langfristigen Sinn, müssen wir investieren. Aber auch: Die Privatisierung darf nicht zum Selbstzweck werden.
(Beifall bei der AfD)
Die AfD-Fraktion sieht der Beratung im Ausschuss mit großem Interesse entgegen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD)
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Martin Burkert das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/cvid/7222305 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 30 |
Tagesordnungspunkt | Rheintalstreckensperrung 2017 - Notfallmanagement |