15.05.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 31 / Tagesordnungspunkt 1

Christoph MeyerFDP - Verkehr und digitale Infrastruktur

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Regierung hat sich 220 Tage Zeit gelassen, um aus dem ersten Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2018 einen zweiten zu machen. 220 Tage sind eigentlich genug Zeit,

(Alois Rainer [CDU/CSU]: Da ward ihr beteiligt! Leute, Leute, Leute! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

dass die alten und neuen Partner – das gilt gerade für das Verkehrsministerium – Schwerpunkte setzen. Das haben Sie nicht geschafft. Es ist nicht erkennbar, dass Sie hier gearbeitet haben.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU/CSU)

– Hören Sie doch lieber einmal zu, gerade Sie von der CSU.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Eigentor!)

Lieber Herr Minister Scheuer, wenn man die Kernsätze zu Ihrem Ministerium in den Berichten des Bundesrechnungshofs aus den letzten Jahren liest, stellt man fest, dass sich – leider – immer dieselben Vorwürfe wiederholen: unwirtschaftlich, intransparent, nicht zielgerichtet, mangelhafte Evaluation, nicht nachvollziehbarer Stellenaufwuchs. Straße, Schiene, Wasserwege – überall das gleiche Bild. Dass Sie sich hierhinstellen und bei der Einbringung des Haushalts Ihren Vorgänger, Herrn Dobrindt, loben, ist wirklich peinlich, Herr Scheuer. Vielleicht können Sie das in den nächsten Jahren ein bisschen besser machen und sich von Ihrer Landesgruppe ein bisschen emanzipieren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Sie sind peinlich! Drückeberger!)

Sie definieren zu Recht den Erhalt und den Ausbau von Verkehrswegen als ein wesentliches Handlungsfeld. Nur leider fehlt uns nach den ersten Zahlen, die Sie uns vorgelegt haben, der Glaube, dass Sie dieser Erkenntnis Taten folgen lassen werden.

Die Bewertung „wenig ambitioniert“ wäre im Bereich digitale Infrastruktur sogar noch schmeichelhaft. Der einzige Bereich, in dem in Sachen Digitales offensichtlich in der Tat etwas vorangeht, sind Ihre diversen Programme zum Thema saubere Luft, die auch noch evaluiert werden müssen. Da geht es schnell. Weil Sie die Verursacher des Dieselskandals nicht zur Verantwortung ziehen wollen, werden Programme aufgelegt. Die wahren Verantwortlichen und Verursacher, die Autohersteller, in die Pflicht zu nehmen, haben Sie aber abgelehnt. Auch da stehen Sie traurigerweise in der Nachfolge Ihres Herrn Dobrindt.

(Beifall bei der FDP)

Die angekündigten Investitionen im Bereich Breitbandausbau bis 2025 entpuppen sich bei genauer Betrachtung ebenfalls als Nebelkerzen. Sie müssen sogar – weil Sie es in der Tat nicht schaffen, in der Planung voranzukommen und die veranschlagten Mittel der letzten Jahre auszugeben –, die Haushaltsansätze herunterfahren und abschmelzen.

(Kirsten Lühmann [SPD]: Hätten Sie mir zugehört, dann wüssten Sie, warum das so ist!)

Sie hatten in der Großen Koalition vier Jahre Zeit, die Probleme aufzulösen. Das haben Sie nicht geschafft.

(Kirsten Lühmann [SPD]: Gehen Sie doch mal vor Ort, und gucken Sie sich das Ganze an!)

Das hat die CSU nicht geschafft, das hat die CDU nicht geschafft, und das hat die SPD nicht geschafft.

(Beifall bei der FDP)

Sie, Herr Minister Scheuer, sind im besten Fall für einen Verwaltungsetat verantwortlich, den wir hier beraten. Das, was Sie vorgelegt haben, ist ein Verwaltungshaushalt. Sie versuchen, mit dem Fernstraßenbundesamt eine neue Mammutbehörde aufzubauen. Alte Mammutorganisationen aus der Vergangenheit – Stichwort „Bundeseisenbahnvermögen“ – fristen jenseits von Effizienzkontrolle unter der Verantwortung von CSU-Ministern ein beschauliches Dasein.

(Martin Burkert [SPD]: Da gab es aber Zusagen!)

Das Bundeseisenbahnvermögen wurde vor 25 Jahren geschaffen. Der Rechnungshof kritisiert es immer wieder. Vor 25 Jahren, in der ersten Stufe der Bahnreform, haben Sie diese Behörde geschaffen. Wir werden in den Haushaltsberatungen thematisieren und Wert darauf legen, dass Sie nach 25 Jahren zu einem anderen Umgang mit den Aufgaben kommen, die vor 25 Jahren einmal definiert wurden und in der Übergangsphase vielleicht auch berechtigt waren, statt ohne jegliche Form und ohne jeglichen Inhalt vor sich hin zu arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Martin Burkert [SPD]: Waren Sie da schon mal? Das ist unglaublich!)

– Ja.

Dabei haben Sie, Herr Scheuer – lassen Sie mich das als Berliner formulieren –, an anderer Stelle bewiesen, dass Sie durchaus analytischen Verstand haben, und zwar bei Ihrer Einlassung zum Flughafen Tegel. Leider haben Sie aber offensichtlich nicht das Durchsetzungsvermögen in Ihrer Koalition oder auch in der Union – Herr Dobrindt hat es ja auch schon versucht –, um Ihren Ankündigungen zum Thema „Offenhaltung des Flughafens Tegel“ gegebenenfalls auch entsprechende Schwerpunkte in den Haushaltsansätzen folgen zu lassen. Das wäre ein Punkt, bei dem Sie, glaube ich, durchaus die Mehrheit – vielleicht die stille Mehrheit – dieses Hauses hinter sich hätten;

(Marianne Schieder [SPD]: Das glauben Sie doch nicht wirklich!)

denn all diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die in Sitzungswochen zwei, drei oder vier Stunden längere Fahrzeiten benötigen würden, wenn der Flughafen Tegel geschlossen ist, würden gegebenenfalls Änderungen aufseiten des Bundes zustimmen.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)

Sie, Herr Minister Scheuer, haben die Chance, in den nächsten Jahren den Politikstil Ihrer Vorgänger – Tagespolitik nach Umfragen – abzuschütteln und sich darauf zu besinnen, dass der große Investitionshaushalt, den Sie in den nächsten Jahren verantworten,

(Marianne Schieder [SPD]: Gott sei Dank seid ihr aus der Regierung ausgeschieden!)

sich als eine Art Grundlage und Bollwerk für den volkswirtschaftlichen Wohlstand in der Bundesrepublik Deutschland darstellt und nicht in einer ineffizienten Mittelverwaltung verharrt, wie es offensichtlich in den letzten Jahren unter der Verantwortung Ihres Vorgängers der Fall war.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster spricht für die Fraktion Die Linke der Kollege Victor Perli, der heute seine erste Rede im Bundestag hält.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7227061
Wahlperiode 19
Sitzung 31
Tagesordnungspunkt Verkehr und digitale Infrastruktur
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