15.05.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 31 / Tagesordnungspunkt 1

Susanne MittagSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Als Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion habe ich den Haushalt auf tierschutzrelevante Dinge – das war die erste Aufgabe – und im Hinblick auf den Koalitionsvertrag durchgescannt. Der Koalitionsvertrag stellt schließlich die Arbeitsgrundlage und den Arbeitsauftrag für das Ministerium und die Ministerin dar.

Wenn man den Haushalt durchliest, sieht man natürlich Licht und Schatten. Ich fange mit etwas Positivem an. Wir haben sehr gute Ansätze für das Tierwohl gefunden; das ist schon einmal eine feine Sache. Diese stammen aus dem Koalitionsvertrag. Es geht um die Weiterentwicklung einer nationalen Nutztierstrategie einschließlich des mehrstufigen Aufbaus einer staatlichen Kennzeichnung anhand verbindlicher Kriterien für Fleisch aus besserer Tierhaltung – also das Tierwohllabel – und die Verbesserung des Tierwohls in der Nutztierhaltung. Dabei sollen die Landwirte unterstützt und der Mehraufwand honoriert werden; das alles lässt sich schließlich nicht alleine organisieren. Das ist festgeschrieben und vereinbart und lässt sich in einem kleinen Teil dieses Haushalts wiederfinden.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr klein!)

– Ganz entspannt!

Ministerin Klöckner hat sich dazu schon positiv öffentlich geäußert; das ist immer gut. Wir haben in den letzten vier Jahren sehr oft auf Entscheidungen gewartet. Aber nun scheint es eine positive Grundhaltung zu geben. Die Landwirte sollen bei dem Sprung in die Zukunft unterstützt werden. Es geht also um alle Landwirte; das ist eine feine Sache. Das Verramschen von Fleisch ist – das hatten Sie schon erwähnt – ethisch nicht vertretbar; das ist richtig. In diesem Fall können wir alle im Plenum zustimmen. Darüber reden wir schon länger. Nun muss es endlich verändert werden.

(Beifall bei der SPD)

Darauf haben allerdings die Landwirte in ihrer jetzigen Lage relativ wenig Einfluss. Daher ist eine umgehende Festschreibung des Tierwohllabels erforderlich.

(Beifall bei der SPD)

Zwar sind noch einige Verhandlungen offen, aber diese werden sicherlich in nächster Zeit geführt.

Das Tierwohllabel umfasst nun das ganze Tier, von vorne bis hinten. Dem gesamten Tier soll es bei der Haltung besser gehen. Das wirkt sich auch auf die Qualität des verarbeiteten Fleisches aus. Wir reden nicht nur über 20 Prozent, sondern über 80 Prozent des Fleisches. Es geht also um das ganze Tier. Das wird in den Diskussionen gern nicht erwähnt, auch nicht in den öffentlichen. Aber das ist ganz entscheidend für die Glaubwürdigkeit des Labels und für die Landwirte, damit sie planen können. Weil alle Tiere es verdient haben, dass es ihnen besser geht, bis sie schließlich geschlachtet werden, und weil es keine Glückssache sein soll, in welchem Stall die Tiere stehen, ist ein verpflichtendes Label notwendig.

(Beifall bei der SPD)

Wenn man sich mit Landwirten unterhält, stellt man fest, dass diese das genauso sehen. Wenn das Label nicht verpflichtend ist, besteht wie in den Jahren zuvor wieder die Gefahr, dass die Landwirte gegeneinander ausgespielt werden und keine Einwirkungsmöglichkeiten haben. Das Verpflichtende ist also sehr wichtig. Hierfür stehen im Haushalt erstmalig 15 Millionen Euro zur Verfügung; das ist ein Einstieg in ein sehr kurzes Haushaltsjahr. Es ist nicht so viel, aber wir haben ja, wie gesagt, ein sehr kurzes Haushaltsjahr, und daher finde ich das schon in Ordnung.

Für das Marketing stehen 7 Millionen Euro zur Verfügung. Davon kann man nun halten, was man will, und sich fragen, warum das so viel sein muss, da das Label noch nicht einmal feststeht.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für vier Jahre sind 70 Millionen Euro geplant. In diesem Verhältnis muss für die nächsten drei Haushaltsjahre erheblich mehr in die Unterstützung der Landwirte und die Umsetzung dieses Labels investiert werden. Das Interesse der in der konventionellen Tierhaltung tätigen Landwirte daran ist sehr, sehr groß. Diesen Erwartungen sollten wir entsprechen.

Kommen wir nun kurz zu einer Schattenseite dieses Haushalts: Im Koalitionsvertrag sind weitere Handlungserfordernisse in diesem Bereich festgeschrieben worden, unter anderem in den Bereichen illegaler Welpenhandel, Tierheime, Wildtier- und Exotenhandel. Das ist zwar eine ganz andere Richtung, passt aber auch. Ja, grundsätzlich ist die Unterbringung der Tiere Ländersache; so wird immer sofort reflexartig argumentiert. Aber diese Vereinbarung ist schon etwas in die Jahre gekommen. Die Zeiten haben sich geändert. Der illegale Welpenhandel blüht und gedeiht – leider besonders in Süddeutschland; die wissen ihr Leid zu klagen. Verkäufe über das Internet gab es in dem Rahmen früher auch nicht. Die Zahl illegaler Tierbörsen hat zugenommen. Importe – legal oder illegal – sind in jeder Menge möglich. Tiere werden hier gezüchtet und an jedermann – das ist in Deutschland leider relativ frei gestaltbar – von überforderten, verantwortungslosen und laienhaften Züchtern und Haltern verkauft.

Es besteht die Notwendigkeit verbesserter, aber auch speziellerer Haltungsbedingungen. Hunde, Katzen oder Schuppentiere werden nicht mehr wie vor 20 Jahren gehalten. Die Anforderungen sind höher geworden und überfordern Kommunen, Tierheime und Ehrenamtliche – das darf man auch einmal sagen –, die sich für den Tierschutz ganz massiv einsetzen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit unterwegs sind und sich sehr verlassen fühlen, weil auch die Spendenbereitschaft der Menschen da massiv gesunken ist. Ich möchte mich bei den Ehrenamtlichen noch einmal ganz herzlich dafür bedanken, dass sie trotz dieser mangelhaften finanziellen Verhältnisse noch immer dabei sind. Für diese Ehrenamtlichen können Sie ruhig einmal klatschen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vor diesen Problemen kann der Bund die Augen nicht verschließen. Es sind nicht nur Veränderungen im Tierschutzgesetz erforderlich – das kommt noch –, auch der Umgang mit invasiven Arten in Deutschland ist Thema beim Bund; auch dazu kommen wir noch.

Aber: Wie sieht es denn bundesseitig mit dem Tierwohl außerhalb der Nutztierstrategie aus? Da ist – leider, leider – trotz positiver Anknüpfung überhaupt nichts im Haushalt zu finden. Das ist sehr schade, aber Frau Klöckner als Ministerin ist diesen Dingen gegenüber ganz positiv eingestellt. Daher hoffe ich, dass wir da nachverhandeln können. Dass man dieses Thema im Haushalt komplett ignoriert, kann ich nicht nachvollziehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Gero Hocker für die FDP.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7227138
Wahlperiode 19
Sitzung 31
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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