16.05.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 32 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 04

Alexander GaulandAfD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kauder, Beleidigungen meiner Kollegin und der ganzen AfD würde ich lassen,

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh! – Simone Barrientos [DIE LINKE]: Ach Gottchen! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist so eine Sache mit dem Austeilen und Einstecken!)

denn es bringt Ihnen keine Stimmen. Dafür bringt es uns Stimmen. Insofern mag das eine sinnvolle Taktik sein.

(Beifall bei der AfD)

Aber bei Ihrer Politik müssen Sie das nicht machen – wir bekommen auch so Stimmen.

Meine Damen und Herren, wir haben über den Haushalt geredet. Ich fange einmal ganz anders an: Die deutsche Gesellschaft ist ein Wunderwerk. Deutschland hat 83 Millionen Einwohner. 44 Millionen davon, die reichliche Hälfte, sind berufstätig im weitesten Sinne. 27 Millionen zahlen mehr Steuern an den Staat, alle anderen leben von diesen Steuern.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Oder bezahlen in der Schweiz! – Gegenruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD]: In Deutschland besteuert! Sie kennen sich nicht mal mit dem Steuerrecht aus!)

Zieht man jetzt noch diejenigen ab, die zwar Steuern zahlen, aber auch aus Steuermitteln bezahlt werden – Beamte, Soldaten, Politiker, Lehrer –, bleiben 15 Millionen wirkliche Steuerzahler übrig. Diese kleine Gruppe trägt den gesamten Gesellschaftsaufbau und diesen Haushalt.

(Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Wo zahlt Frau Weidel Steuern?)

Leider wird sie immer kleiner, weil jährlich etwa 140 000 Hochkompetente, wie sie der Migrationsforscher Gunnar Heinsohn nennt, dieses Land verlassen und im Gegenzug nach derzeitigem Stand um die 200 000 sogenannte Flüchtlinge hereinkommen, von denen nicht nur kaum einer hochkompetent ist, sondern viele Analpha­beten sind.

(Beifall bei der AfD)

In Deutschland, meine Damen und Herren, lebt bereits eine große soziale Unterschicht, in der fast 8 Millionen entweder keine Arbeit haben oder nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, wie die Bundesagentur für Arbeit 2016 festgestellt hat. Diese Zahl wächst seit 2015 durch die Zuwanderung von Gering- und Unqualifizierten rasant.

Meine Damen und Herren, Deutschland ist kein reiches Land, sondern ein leistungsfähiges. Das gesamte Vermögen der Bundesrepublik beträgt – darauf hat der Historiker Rolf Peter Sieferle hingewiesen – gerade einmal das Dreifache des Bruttoinlandsproduktes. Diese Leistungsfähigkeit unseres Landes beruht auf einer Vielzahl von institutionellen, mentalen und kulturellen Bedingungen.

(Johannes Kahrs [SPD]: Hart arbeitende Menschen!)

Dazu gehören Rechtssicherheit, Infrastruktur, Investitionsbereitschaft, sozialer Friede und alles, was man unter Humankapital zusammenfasst,

(Johannes Kahrs [SPD]: Am sozialen Frieden arbeiten Sie doch gar nicht! Den sozialen Frieden stören Sie ja gerade!)

Ausbildung, überhaupt Bildungswille, Leistungsbereitschaft,

(Johannes Kahrs [SPD]: Haben Sie denn nicht die rechtsradikale Rede von Frau Weidel gehört?)

Vertrauen, ein Mindestmaß an Ehrlichkeit und, meine lieben Kollegen, der zivilisierte Umgang miteinander.

(Beifall bei der AfD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Da sind Sie gerade der Richtige!)

Werden diese Bedingungen zerstört, schwindet die Prosperität. Und sie werden zerstört, aber nicht durch uns.

(Johannes Kahrs [SPD]: Vielleicht sollten Sie der Rede von Frau Weidel mal zuhören! Ihre rechtsradikale Rede heute Morgen war unsäglich! In der Schweiz wohnen und rechtsradikal reden!)

Wenn beispielsweise die Alimentierung von Einwanderern im Jahr doppelt so viel Geld kostet, wie das Bundesforschungsministerium an Mitteln erhält, kann man sich ausrechnen, dass die Leistungsfähigkeit des Landes rapide sinken wird. „ Deutschland schafft sich ab“, hat das Thilo Sarrazin genannt.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja, ja!)

Wir haben aber keine anderen Rohstoffe als den Fleiß und die Intelligenz unserer Bürger.

(Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Aber die beleidigen Sie doch ständig in Ihren Reden!)

Es wird zwar offiziell geleugnet, dass es eine Masseneinwanderung gibt, und neuerdings auch, dass sie illegal ist, doch täglich kommen 500 illegale Einwanderer in unser Land, was im Jahr um die 200 000 ergibt – eine Stadt von der Größe Braunschweigs. Anscheinend ist das für dieses Haus keine Masse. Dazu gesellt sich der einwandernde Familiennachzug zu denjenigen, die hier kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht haben. Ja, sogar Gefährder können ihre Familien nachholen, wenn sie geläutert erscheinen. Meine Damen und Herren, welch ein Irrsinn!

(Beifall bei der AfD)

Dabei ist der Kontrollverlust von 2015 noch nicht überwunden. Praktisch jeden Tag werden Asylbewerber mit zahlreichen Identitäten bekannt. Sie konnten erst heute wieder in der „Welt“ nachlesen, wie es im BAMF zugeht.

Der Fall des Weihnachtsmarktmörders Amri ist allen bekannt. Es gibt 230 000 abgelehnte, aber bis heute nicht abgeschobene Migranten, und trotzdem sollen pro Jahr eine Viertelmillion Menschen einwandern. Nach wie vor kommen drei Viertel ohne Papiere; sobald sie das Wort „Asyl“ sagen, werden sie eingelassen. Das ist vollkommen verantwortungslos gegenüber dieser Gesellschaft.

(Beifall bei der AfD)

Unser Land hat sich durch Masseneinwanderung massiv verändert. Kein Volksfest, kein Weihnachtsmarkt, keine Großveranstaltung mehr ohne Merkel-Poller und aufwendige Sicherungsmaßnahmen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die organisieren Sie ja, die Demos!)

Blutrache und Messerattacken gehören inzwischen zu Deutschland.

(Martin Schulz [SPD]: Volksverhetzung auch!)

Die Polizei rät Frauen, nicht mehr allein zu joggen oder bei Dunkelheit nicht mehr ohne männliche Begleitung auf die Straße zu gehen.

(Johannes Kahrs [SPD]: Jetzt rutschen Sie auch ins Rechtsradikale ab, Herr Gauland! – Gegenruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD]: Das habt ihr zu verantworten, Sie Schreihals!)

Der CDU-Innenminister von Nordrhein-Westfalen empfiehlt den Bürgern als Schutz vor Messerangriffen,

(Johannes Kahrs [SPD]: Wie lange waren Sie eigentlich CDU-Mitglied, Herr Gauland?)

sie sollten nicht unbedingt Menschen nah an sich heranlassen. Das ist CDU-Politik im größten Bundesland. Das ist leider kein Witz.

(Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Sie waren länger in der CDU als in der AfD! Wo ist Ihr Problem? – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Reden Sie irgendwann auch noch über den Haushalt?)

Da wird uns allen Ernstes eine Statistik präsentiert, die sinkende Kriminalitätsraten beweisen soll.

(Zuruf von der SPD: Wo sind die Fakten?)

Glauben Sie wirklich, dass Sie damit dem Gefühl wachsender Unsicherheit begegnen können?

Am 13. November 2015, auf dem Höhepunkt der illegalen Masseneinwanderung,

(Gökay Akbulut [DIE LINKE]: Was würden Sie nur ohne Flüchtlinge machen? Sie wären doch aufgeschmissen ohne Flüchtlinge!)

erklärte Angela Merkel in der Sendung „Was nun, …?“ des ZDF:

… ich … kämpfe für den Weg, den ich mir vorstelle, für meinen Plan, den ich habe … aus Illegalität Legalität zu machen …

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wann reden Sie eigentlich zum Haushalt?)

Im Regierungsprogramm der CDU zur letzten Bundestagswahl findet sich der Passus, dass Deutschland seinen humanitären Verpflichtungen aus Resettlement und Relocation nachkommen werde. Was, bitte schön, Frau Merkel, sind denn das für Verpflichtungen? Vor kurzem konnte man lesen, dass mehr als 10 000 Menschen aus Nordafrika und dem Nahen Osten in Deutschland eine neue Heimat finden sollen. Nach den Worten des EU-Flüchtlingskommissars nimmt die Bundesrepublik die Flüchtlinge im Rahmen eines EU-Umsiedlungsprogramms auf. Wer in diesem Hause hat diesem Programm zugestimmt, und warum wird es klammheimlich, an der Öffentlichkeit vorbei, inauguriert?

(Beifall bei der AfD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen mal mit Fakten operieren, nicht mit Verschwörungstheorien!)

Das Ergebnis der Politik der Regierung Merkel ist eine tiefe politische Spaltung Europas. Die Migrationskrise hat deutlich gemacht, dass sich die Interessen der europäischen Partnerländer von denen der Berliner Republik unterscheiden. Die moralische Bevormundung aus Berlin wird von den anderen Europäern als anmaßend empfunden. Die Politik der grenzenlosen Aufnahmebereitschaft hat den Zerfall Europas als politische und wirtschaftliche Union eingeleitet.

(Beifall bei der AfD)

Denn mit ihrer Asylpolitik hat die Bundeskanzlerin den EU-kritischen Briten das Hauptargument für den Brexit geliefert und den Osteuropäern – die Frau Bundeskanzlerin ist nicht mehr da –

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Weidel war ja auch die Hälfte der Debatte nicht da!)

gute Gründe gegen den weiteren Weg nach Westen. Ich kann der Bundesregierung und der Frau Bundeskanzlerin nur viel Glück mit der neuen italienischen Regierung wünschen;

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD)

denn sie wird diese Politik genau so heftig kritisieren, wie wir sie hier kritisieren.

(Beifall bei der AfD)

Als „Macht in der Mitte“, als vermittelnde Macht, wie uns Herfried Münkler sieht, müsste Deutschland eine gemeinsame Linie für die Politik der Europäer finden. Tatsächlich hat die Bundesregierung das Gegenteil getan.

Was in Ihrer Amtszeit, Frau Bundeskanzlerin, gestiegen ist, sind nicht nur die Steuereinnahmen und die Zahl der Messerattacken, sondern auch die Geringschätzung, die Deutschland international entgegengebracht wird. Sogar viele Einwanderer verachten dieses Land. Wer sich selbst verachtet, wird verachtet.

(Beifall bei der AfD)

Es ist heute viel vom transatlantischen Verhältnis geredet worden. Unser Verhältnis zu Amerika ist so schlecht wie nie. Donald Trump hat sich beim letzten Besuch von Frau Merkel auf seine Weise dafür revanchiert, von deutschen Politikern und Journalisten ständig als Trottel vorgeführt zu werden. Ihm sind die deutschen Moralpredigten inzwischen völlig gleichgültig geworden.

Unser Verhältnis zu Russland ist so schlecht wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr. Viel zu voreilig und ohne Beweise hat sich die Bundesregierung im Fall Skripal und bei den angeblichen Giftgasangriffen Assads gegen Russland gestellt.

Doch auch das amerikanisch-russische Verhältnis hat sich inzwischen verändert. Donald Trump hat die Ära des sogenannten Demokratieexports für beendet erklärt und gibt der Realpolitik den Vorzug.

Der Kollege Kauder hat an dieser Stelle kürzlich das Werk Münklers über den Dreißigjährigen Krieg empfohlen. Recht hat er; denn dort findet sich gleich zu Beginn die erstaunliche Feststellung – Zitat –:

Über die verhängnisvollen Folgen unbedingter Wertbindung lässt sich anhand des Dreißigjährigen Krieges sehr viel lernen – unter anderem auch, dass es ohne eine Abkehr davon zu keinem Friedensschluss gekommen wäre.

Das kann man getrost über unsere Konflikte mit Russland sagen, Herr Kollege Kauder.

Wenn das schlechte Verhältnis zu Russland wenigstens als Kehrseite ein gutes zu den Osteuropäern bedeuten würde – aber das ist mitnichten der Fall. Die Osteuropäer – ich habe es schon gesagt – haben andere historische Erfahrungen als der Westen. Sie haben nie Kolonien besessen, sondern sind selbst kolonialisiert worden: von den Osmanen, von der Sowjetunion, von den Nazis. Deshalb haben sie kein jederzeit aktivierbares schlechtes Gewissen.

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege Gauland, denken Sie an Ihre Zeit?

Sie kennen nicht den kulturellen Selbsthass des Westens. Deshalb lassen sie sich auch nicht einreden, dass ihre Gesellschaften nicht bunt genug sind.

Ja, ich muss zum Schluss kommen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Thema verfehlt, setzen, sechs!)

Deutschland geht es gut – noch.

(Johannes Kahrs [SPD]: Aber nicht wegen der AfD!)

Deutschland ist ein starkes Land, doch es knirscht hörbar im gesellschaftlichen Gebälk, und dass Sie uns hier anhören müssen und uns weiterhin anhören werden müssen, ist Teil dieses Knirschens.

(Beifall bei der AfD)

Das zeigt deutlich, dass diese Gesellschaft mit 15 Millionen Leistungsträgern Ihre Politik des Weiter-so nicht mehr mitmachen will.

Danke.

(Beifall bei der AfD – Die Abgeordneten der AfD erheben sich)

Der nächste Redner ist für die SPD-Fraktion der Kollege Achim Post.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7227237
Wahlperiode 19
Sitzung 32
Tagesordnungspunkt Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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