16.05.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 32 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 05

Armin-Paulus HampelAfD - Auswärtiges Amt

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Liebe Gäste im Deutschen Bundestag! Das klang zugegebenermaßen alles sehr eindrucksvoll, Herr Maas. Sie sitzen jetzt zumindest am Katzentisch bei der „Small Group“. Wir reden wieder mit den Russen, mit Herrn Lawrow, über eine mögliche Fortsetzung der Minsker Runde. Das sind schöne Ankündigungen. Wir wollen schauen, ob sich der Erfolg bei Ihren Gesprächen dann auch einstellt.

Wenn ich allerdings in Ihren Haushaltsplan schaue, dann stelle ich fest, dass es nicht vornehmlich darum geht, das Gespräch mit denjenigen zu suchen, die in den Ländern dieser Welt de facto die Macht haben; vielmehr findet man unter dem Posten „humanitäre Hilfe, humanitäre Katastrophenvorsorge, Frieden und Stabilität sichern“ – alles hehre Ansprüche, keine Frage –, immerhin dem größten Posten Ihres Etats, 1,3 Milliarden Euro – meine Kollegin Malsack-Winkemann hat es schön auf den Punkt gebracht –, sehr viel, was versteckt und verschoben werden kann, und zwar immer in eine Richtung. Da sind wir von der AfD in der Tat völlig anderer Meinung als Sie, nämlich: Die Unterstützung von humanitären Hilfsorganisationen mag in Katastrophenfällen richtig sein, aber hier ist – ich ahne es – eine NGO-Politik auf dem Weg, um die Länder, die uns durch mangelnde Demokratie oder mangelnde Einhaltung der Menschenrechte nicht genehm sind, zu destabilisieren.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Das ist genau das, was wir in der Welt nicht wollen.

(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Was ist denn das für ein Unsinn? Oje!)

Wir wollen zuerst für Frieden sorgen in der Welt, und dann kümmern wir uns um die Systeme in diesen Ländern. Also: Genau das, was Sie vorhaben, machen wir nicht.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Man kann NGOs auch differenziert betrachten!)

Sie haben das schon bei der Destabilisierung des gesamten Nahen Ostens in Ansätzen erlebt, Herr Kollege. Es gibt ein gutes Beispiel, wie es die Amerikaner gemacht haben: die frühere Europa-Staatssekretärin im Außenministerium, Frau Nuland – Sie kennen sie –, die mit 5 Milliarden Dollar jahrelang die NGOs in der Ukraine unterstützt hat.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Man kann doch nicht alle NGOs in einen Topf werfen, Herr Hampel!)

Genau das, was gezielte Absicht Washingtons war, ist auch eingetreten, nämlich die Destabilisierung der ukrainischen Regierung. Damit wurde ein Konflikt hervorgerufen, der uns noch heute maßgeblich beschäftigt.

(Beifall bei der AfD)

Genau das Gleiche setzen wir fort – ich habe es vorhin schon erwähnt: die Union hat es mit ihrer Adenauer-Stiftung in Ägypten schon erleben dürfen –; genau das machen wir auch, indem wir mit viel Geld – das ist in Ihrem Etat versteckt – diejenigen unterstützen, die in den Ländern, in denen es die Konflikte gibt, nicht stabilisieren, sondern destabilisieren wollen, indem sie die Regierung angreifen. Wie wollen Sie aber mit Russland, wie wollen Sie mit den Regierungschefs der Länder im Nahen Osten verhandeln, die dort de facto die Macht haben, wenn Sie gleichzeitig dafür sorgen, dass es Gruppen gibt, die unterwegs sind, genau diese Regierungen von der Position der Macht wegzubekommen? Das werden Sie eben nicht hinkriegen. Damit können wir keine einzige vertrauensbildende Maßnahme schaffen.

Ich bleibe dabei: Sie müssen mit denjenigen sprechen, die in diesen Ländern de facto die Macht haben. Wir haben beim letzten Mal gelernt, dass man jetzt sogar – zumindest mittelfristig bzw. kurzfristig – mit Herrn Assad reden möchte, weil man erkannt hat: Der Mann hat de facto die Macht in Syrien. Dann muss man mit ihm sprechen, und genau das – den Eindruck habe ich – planen Sie ausweislich Ihres Haushalts nicht.

(Beifall bei der AfD – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Sprechen und sich in ein Bett legen, ist ein Unterschied!)

1,3 Milliarden Euro: Wie viel Geld davon geht an NGOs, an Nichtregierungsorganisationen? Welche messbaren Resultate sind damit verbunden? Wie viel Geld geht an Regierungen vor Ort? Was machen sie damit?

(Michael Leutert [DIE LINKE]: Das steht alles in den Erläuterungen drin! Das müssen Sie dann mal lesen! Steht alles drin!)

Kurz: Wer erhält diese 1,3 Milliarden Euro? Darauf gibt dieser Etat keine Antwort.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Da müssen Sie mal genau hinschauen! Sie waren doch sogar mal Journalist! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es steht alles drin! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen sich schon einarbeiten! Sie müssen sich einarbeiten; dann werden Sie den Haushaltsplan auch lesen können!)

Die Aufgabe der Diplomatie, meine Damen und Herren, ist es nicht, bestehende Regierungen zu destabilisieren. Wir müssen bestehende Regierungen in einen internationalen Dialog einbinden. Das ist unser Ziel. Wie das geht, hat man uns in früheren Jahrzehnten vorgemacht. Sie alle, zumindest die Älteren unter Ihnen, kennen das ja noch: Die KSZE-Akte von Helsinki sagt ganz bewusst: Eine Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten garantiert erst, dass Sie mit anderen Ländern über Frieden und Stabilität in der Welt diskutieren und verhandeln können. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der AfD)

Das Gegenteil davon machen Sie zurzeit durch Ihre Politik.

(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber warum fahren Sie dann dauernd auf die Krim?)

Wenn Sie den Haushalt für Ihr Ressort hier vorstellen, Herr Minister, dann hat der Bundestag ein Recht darauf, zu erfahren, was Sie mit den einzelnen Posten Ihres Etats erreichen wollen, wer das Geld erhalten soll und wie konkret den Menschen in der Welt damit geholfen werden soll.

Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel: Im Einzelplan 05 stehen Angaben zum Afghanistan-Einsatz. Meine Damen und Herren, ich bin sieben Jahre als Journalist in Afghanistan unterwegs gewesen und habe die Entwicklung von Mitte der 90er-Jahre bis circa 2008 verfolgt.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Immer bei der Wahrheit bleiben! Das haben wir schon bei der Bundeswehr erlebt mit Ihrer Vergangenheit!)

Wissen Sie, wie mein afghanischer Mitarbeiter die dort vorhandenen Hilfsorganisationen und NGOs genannt hat? NGO – eating, meeting, shopping, sleeping. Kürzer können Sie es nicht auf den Punkt bringen.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unverschämtheit! – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Unverschämtheit! Sie waren nicht aus Ihrem Journalistenhotel rausgekommen!)

Denn bevor überhaupt einem Afghanen geholfen wurde, haben sie erst einmal einen Compound hingestellt: Da wurde dann Kies reingeschippt, Computer, Teppichböden und eine Klimaanlage kamen rein, und zum Schluss fuhr der 100 000-Dollar-NGO-Toyota auf das Feld, um die Arbeit in Gang zu bringen.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Ekelhaft! Sie sind nicht von der Hotelbar weggekommen, Herr Journalist!)

Was wir in Afghanistan erreicht haben, ist, dass wir unseren Ruf verdorben haben. Wir waren dort einmal sehr geachtet. Wir haben aber eine Regierung installiert, die der Geschichte dieses Landes widerspricht. Wir haben Warlords unterstützt, die in Massen zur Kriegsführung und zu den Konflikten in Afghanistan nicht nur beigetragen, sondern sie initiiert haben. Sie haben viele Menschen das Leben gekostet. Mit diesen Herrschaften haben wir verhandelt.

(Michael Leutert [DIE LINKE]: Man muss doch mit denen sprechen, die die Macht haben, haben Sie vorhin gesagt!)

Wir haben nicht die tribalen Strukturen, wie sie in Afghanistan traditionell vorhanden waren, unterstützt, sondern mit Warlords und anderen Verbrechern Geschäfte gemacht.

(Beifall bei der AfD)

Das ist das Gegenteil dessen, was Sie an konstruktiver Politik für unser Land erreichen können. Bleiben wir dabei, dass wir uns wieder der Realpolitik zuwenden und mit denen verhandeln, die in den Ländern de facto die Macht haben. Wir müssen auf sie einwirken, ihre Politik mittel- und langfristig zu ändern und zum Besseren zu wandeln. Gehen wir nicht den Weg, dass wir destabilisieren und Regierungen das Vertrauen entziehen, indem wir diejenigen unterstützen und fördern, die zum Niedergang bzw. zur Zerstörung dieser Regierungen beitragen.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie zerstören! Ein Brandstifter! – Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So widerlich, was Sie da von sich geben!)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

Das sind die Grundtöne der Diplomatie. So funktioniert diplomatische Arbeit – und nur so. Alles andere – das sehen wir im Nahen Osten – wirkt zerstörerisch und steckt diese Welt eher in Brand, als dass es Frieden stiftet.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Herr Röttgen, einen Moment. Ich rufe Sie auf, wenn es so weit ist. – Zunächst hat aber der Kollege Link darum gebeten, eine Kurzintervention zu machen, die lasse ich zu.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7227272
Wahlperiode 19
Sitzung 32
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta