Alexander NeuDIE LINKE - Verteidigung
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Die Menschen in diesem Land sind seit genau 2014 einer massiven Propaganda ausgesetzt, damit die Steuerzahler die höheren Militärausgaben und die Aufrüstungspläne, genannt „Trendwende“, auch akzeptieren mögen. Es wird argumentiert mit einer Bedrohung Deutschlands, Europas und des Westens, und es wird mit der gewachsenen Verantwortung Deutschlands argumentiert.
Kommen wir zur ersten Propagandaphrase, der Westen werde bedroht, natürlich von Russland. Unter den rund 200 Staaten dieser Welt belegt Deutschland den neunten Platz bei den weltweiten Militärausgaben in den Jahren 2017 und 2018. Die globalen Militärausgaben im Jahr 2017 betrugen laut SIPRI 1,7 Billionen Dollar. Davon entfielen allein auf die NATO-Staaten 956 Milliarden Dollar. Das heißt, von den weltweiten Militärausgaben entfielen auf die NATO-Staaten – das sind 29 Staaten im Vergleich zu den restlichen rund 170 Staaten – 55 Prozent.
Russland hingegen hat im Jahr 2017 66 Milliarden Dollar ausgegeben. Für 2019 stehen weitere Kürzungen im russischen Militärhaushalt an.
Kurz gesagt: Im Jahr 2017 hat allein die NATO insgesamt 14-mal mehr für das Militär ausgegeben als die Russische Föderation – 14-mal mehr!
Kommen wir zum Thema Großwaffensysteme und Personal. Die NATO hat viermal mehr aktive Soldaten als die Russische Föderation. Mit Blick auf Kampfpanzer und Artillerie liegt die Russische Föderation leicht vorn: mit etwa 1,4 : 1 zugunsten der Russischen Föderation. Bei Kampfflugzeugen kann man sagen, dass ein Verhältnis von etwa 4 : 1 zugunsten der NATO besteht. Es gibt also viermal mehr Kampfflugzeuge der NATO. Das gleiche Bild bei den Kampfschiffen – Träger, Zerstörer, Fregatten, Korvetten etc. –: ein Verhältnis von 8 : 1 zugunsten der NATO. Transportflugzeuge zur Verlegung von Truppen: ein Verhältnis von 3 : 1 zugunsten der NATO.
Das Fazit ist doch, sehr geehrte Damen und Herren, dass Russland mit Blick auf die konventionellen Waffensysteme, mit Blick auf das Personal und mit Blick auf die Finanzen dem Westen haushoch unterlegen ist. Selbst wenn Russland die Absicht hätte, den Westen zu bedrohen, würden ihm schlichtweg die militärischen Fähigkeiten fehlen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Wo sind die Mittelstreckenraketen in Kaliningrad? Alles nicht aufgezählt!)
Kommen wir zur zweiten Propagandaphrase, Deutschland müsse seiner gewachsenen Verantwortung gerecht werden. Der Verantwortungsbegriff, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine Chiffre für den Willen zur deutschen Machtpolitik – das wurde beim Kollegen Otte und beim Kollege Röttgen gerade noch einmal deutlich –, und das ist eine Tatsache. Diese Phrasendrescherei von moralisch basierter Verantwortungsübernahme kontrastiert mit der Wirklichkeit.
Das westliche Sündenregister hinsichtlich getöteter Zivilisten ist sehr lang: Irak 1991, Serbien, erneut Irak 2003, Afghanistan, Libyen und immer noch der Krieg gegen Syrien und künftig vielleicht auch Iran.
In einer IPPNW-Studie, die also von der internationalen Ärztevereinigung herausgegeben wurde, wurde berechnet, dass seit 2003 weit über 1 Million Kriegstote und Kriegsfolgetote allein im Irak auf das Konto des Westens gehen. Solche Zahlen, sehr geehrte Damen und Herren, finden die westlichen Politiker und Militärs natürlich nicht gut, weil damit die Werteheuchelei offengelegt wird.
(Beifall bei der LINKEN)
Der damalige US-General McChrystal hat bei seiner Antrittsrede als ISAF-Kommandeur im Juni 2009 gesagt – ich zitiere McChrystal –:
Ich glaube, die [öffentliche] Wahrnehmung von getöteten Zivilisten ist einer der gefährlichsten Feinde, denen wir gegenüberstehen.
Kurzum: Nicht dass Zivilisten getötet werden, ist ein Problem, sondern dass das an die Öffentlichkeit gelangt und darüber Empörung entstehen könnte.
Die Linke fordert einen Kurswechsel: Rückkehr zum Völkerrecht auch für den Westen,
(Beifall bei der LINKEN)
Stopp der Rüstungsexporte in Konfliktgebiete und möglichst auch insgesamt sowie endlich eine aktive Entspannungs- und Friedenspolitik für Europa unter Einschluss Russlands statt Russland-Hetze. Wir fordern Investitionen in zivile Infrastruktur wie Schulen und Pflegeeinrichtungen, statt die Rüstungsindustrie durchzufüttern und damit Steuergelder auf diese Weise zu veruntreuen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich rufe die nächste Rednerin auf: Katja Keul für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7227317 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 32 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |